Telefonbetrug mittels Schockanruf: Vor allem ältere Menschen werden Opfer solcher Maschen, zu denen auch der Enkeltrick gehört. Die Betrüger haben ihre Tricks allerdings perfektioniert. Zum Teil fallen auch junge Menschen darauf herein.
Schockanruf: 28-jährige Dortmunderin verliert Tausende Euro
In Dortmund zum Beispiel ließ sich eine 28-Jährige vor zwei Jahren derart in die Enge treiben, dass sie den Betrügern einen fünfstelligen Bargeldbetrag überreichte. Wie konnte das geschehen?
Die junge Frau erhielt den Anruf am frühen Nachmittag. Laut Polizei Dortmund teilten die Betrüger ihr diese Schocknachricht mit: Ihr Vater habe einen Verkehrsunfall gehabt. Dabei sei ein Mensch ums Leben gekommen. Ihr Vater sei deshalb festgenommen worden. Mit einer Kaution in fünfstelliger Höhe könne er wieder freigelassen werden.
Die Betrüger redeten auf sie ein
Über Stunden hielten die Betrüger mit der Dortmunderin telefonischen Kontakt, redeten auf sie ein. Immer wieder bekam sie weitere Anrufe von angeblich staatlichen Organen. Schließlich kam es bei der vermeintlichen Staatsanwaltschaft zur Geldübergabe.
Erst kurz danach kam der jungen Frau die Situation komisch vor und sie informierte die Polizei.
In NRW gebe es jedes Jahr "viele Tausend" telefonische Betrugsversuche mittels Schockanrufen und Enkeltricks, sagt Oliver Huth, Landesvorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK) dem WDR.
Nicht nur die Zahl der erfassten Fälle in NRW hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Auch die erfassten Schadensummen sind angestiegen: auf knapp 15 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Die meisten Anrufe kommen aus dem Ausland.
Bei Schockanrufen gehe es oft um vermeintliche Gefahren für Leib und Leben von Angehörigen, sagt Huth. Zum Beispiel gehe es um eine Notoperation im Ausland, für die sofort Geld überwiesen werden müsse, weil der Angehörige sonst sterbe. "Das sind diese Anrufe, die die Opfer natürlich besonders umtreiben und dann zu Handlungen veranlassen, die mitunter nicht erklärbar sind", sagt Huth.
Jeder könne Opfer eines solchen Betrugs werden - auch Polizisten seien es schon geworden, so der Kriminalbeamte. Denn die Betrüger wüssten, wie sie Druck aufbauen. "Wenn Sie so einem Telefonanruf folgen, haben Sie die nächsten fünf Stunden wirklich keine Ruhe mehr." Am Ende des Tages sehe man keine andere Möglichkeit mehr, als das geforderte Geld auszuzahlen.
Mit KI klingt die Stimme wie der Angehörige
Besonders perfide: Nicht selten klinge die Stimme genau wie der Angehörige, sagt WDR-Digitalexperte Jörg Schieb. Möglich macht das künstliche Intelligenz, die über frei verfügbare Software jeder nutzen kann. Dafür reiche es aus, die echte Stimme aus einem Video zu verwenden, das der Angehörige bei TikTok, Facebook oder einem anderen sozialen Medium veröffentlicht hat, erklärt Schieb.
Die mit KI erstellte Audiodatei wird dann zum Beispiel bei einem Schockanruf eingespielt, bevor dann ein angeblicher Polizist das Gespräch fortsetzt. Ergänzen lasse sich der Betrug mit anderen Fake-Medien wie Fotos und Videos, warnt Schieb. Und KI könne den Tätern helfen, an ihren Worten zu feilen und neue Schock-Szenarien zu kreieren.
Wie man sich bei Schockanrufen schützen kann
Vor Schockanrufen kann man sich schützen. Das Bundeskriminalamt gibt diese Tipps:
- Folgt nicht den Aufforderungen der Anrufer! Lass euch nicht in ein Gespräch verwickeln oder unter Druck setzen. Legt einfach auf.
- Gebt am Telefon keine Details zu persönlichen oder finanziellen Verhältnissen preis.
- Ruft eure tatsächlichen Angehörigen unter der euch bekannten Nummer an.
- Denkt daran: Die Polizei oder vergleichbare Amtspersonen werden euch niemals telefonisch um die Aushändigung von Bargeldbeträgen oder Wertsachen bitten.
- Übergebt niemals Geld oder Wertgegenstände an Personen, die Ihr nicht kennt.
- Lasst grundsätzlich keine Unbekannten in eure Wohnung oder euer Haus.
- Falls Ihr einen solchen Anruf erhalten habt, wendet euch umgehend an eure örtlich zuständige Polizeidienststelle, um den Vorfall zur Anzeige zu bringen.
Zur Bekämpfung von Schockanrufen müsse die Polizei allerdings besser ausgestattet werden, fordert Huth vom Kriminalbeamten-Verband. Wegen des zunehmenden betrügerischen Einsatzes von KI müsse man technisch besser gerüstet sein. Aber das koste.
Über dieses Thema berichten wir auch im Hörfunk und Fernsehen: am 12.11.2024 um 10.15 bei "WDR aktuell - Der Tag" bei WDR 5 sowie um 12.45 bei "WDR aktuell" und 18.45 Uhr in der "Aktuellen Stunde" im WDR Fernsehen. Außerdem läuft in der ARD-Mediathek seit Dienstag eine Dokumentation zu Schockanrufen: "Die Fahndung - Kommissarin gegen Millionenbetrüger"
Unsere Quellen:
- Polizeiliche Kriminalstatistiken NRW
- Oliver Huth, Landesvorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter, im Gespräch mit WDR-Reporterin Astrid Houben
- WDR-Digitalexperte Jörg Schieb
- Pressemitteilung Polizei Dortmund
- "report München" vom 12.11.2024 des Bayerischen Rundfunks
- Bundeskriminalamt zu Schockanrufen