Was ein riesiger Tresor in Norwegen mit Saatgutbibliotheken in NRW zu tun hat

Stand: 26.02.2023, 20:47 Uhr

Der globale Saatgut-Tresor feiert sein 15. Jubiläum. Er soll die Pflanzenvielfalt auf der Erde sichern. Doch auch Menschen in NRW können zum Erhalt von Pflanzensorten beitragen - mit Hilfe von Saatgutbibliotheken.

Auf der nordnorwegischen Inselgruppe Spitzbergen wird am Sonntag das 15-jährige Bestehen des globalen Saatgut-Tresors gefeiert. Die Lokalbevölkerung ist deshalb am Nachmittag zu einer Zeremonie im Svalbard-Museum in Longyearbyen eingeladen.

Es wird eine Ansprache der norwegischen Landwirtschaftsministerin geben und 15-jährige Teenager aus dem Ort spielen eine besondere Rolle: Sie sind in etwa so alt wie die weltweit einzigartige Anlage und sollen in den nächsten Tagen beim Deponieren neuer Samenduplikate in dem Tresor helfen.

Ziel: Erhaltung der Pflanzenvielfalt auf der Erde

Der Saatgut-Tresor ist am 26. Februar 2008 eröffnet worden. Seine zentrale Aufgabe besteht darin, die Pflanzenvielfalt auf der Erde und nicht zuletzt die Ernährung der Menschheit zu sichern.

Genbanken gibt er zudem die Möglichkeit, in Katastrophenfällen auf Sicherungskopien ihrer Sammlungen zurückgreifen und wichtige Lebensmittel wie Kartoffeln, Mais oder Reis nachzüchten zu können.

Knapp 1,2 Millionen Saatgutproben aus aller Welt sind bei konstanten minus 18 Grad in der Anlage nahe Longyearbyen, dem Hauptort von Spitzbergen, eingelagert.

Die größte Samenbank der Welt in Spitzbergen, Norwegen | Bildquelle: WDR

Das Gebäude stellt eine Art unterirdischen Bunker dar. Nur der Eingang ist über der Erde sichtbar, das eigentliche Bauwerk reicht aber 120 Meter in die Tiefe. Das entspricht ungefähr 40 Stockwerken. Drinnen befinden sich drei Hallen von jeweils 27 Metern Länge, zehn Metern Breite und sechs Metern Höhe. Die Hallen sind so gebaut, dass sie sowohl einem Meeresniveauanstieg als auch einem Atomkrieg oder einem Flugzeugabsturz standhalten sollen.

Saatgutproben auch aus Deutschland

In den Tagen rund um das Jubiläum werden Dutzende Boxen mit knapp 20.000 neuen Saatgutproben von 20 Genbanken auf Spitzbergen erwartet. Darunter sind auch rund 2.750 Proben des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben in Sachsen-Anhalt - der größten Genbank Deutschlands - sowie eine Probe des Julius Kühn-Instituts aus Quedlinburg (ebenfalls Sachsen-Anhalt).

Pflanzenvielfalt unterstützen als Hobbygärtner

Der globale Saatgut-Tresor soll im Fall einer Katastophe die Biodiversität der Erde retten. Denn diese wird durch den Klimawandel, aber auch durch die industrielle Landwirtschaft bedroht. In Deutschland gibt es ähnliche, verwandte Projekte, um mit Saatgut die Vielfalt zu erhalten. Nicht in riesigen, zentralen Dimensionen eines Tresors. Sondern in Form von örtlichen Ausleihstationen von Samen: Den Saatgutbibliotheken. Bei denen kann jeder kostenlos Samen ausleihen und später zurückbringen.

Das Prinzip ist ganz einfach: Wer sich für Gemüse, Kräuter und Blumensamen interessiert und ein bisschen Platz zum Anpflanzen hat, kann ein paar Samentütchen ausleihen und bei sich aussäen. Nach ein paar Monaten trocknet man Samenkörnchen und bringt sie zurück in die Bibliothek - und gibt so auch anderen die Möglichkeit, neue Sorten auszuprobieren.

Eine Hand hält in Wittenberge Wildblumen-Saatgut | Bildquelle: Christin Klose/picture alliance / dpa-tmn

Falls man die Sorte mag, darf man natürlich etwas Saatgut behalten - wichtig ist nur, dass Samen trotzdem zurück in der Saatgutbibliothek landen. Es werden normalerweise 10 bis 20 Prozent Samen zurückgebracht. Hobbygärtner können auch Samen teilen, die bei ihnen in den Gärten schon erhalten sind.

Dabei werden vor allem samenfeste Sorten verliehen. Solche Pflanzen sind nachbaufähig. Wenn solche Sorten über Saatgut vermehrt werden, erhält man in den nächsten Generationen Pflanzen mit den gleichen Eigenschaften wie Farbe oder Geschmack. Es sollen vor allem heimische, regionale Sorten getauscht werden.

Saatgutbibliotheken in NRW: Jetzt zum Frühling ausleihen

In NRW gibt es schon einige Standorte, an denen Hobbygärtner samenfestes Saatgut ausleihen können. Hier sind einige Orte, an denen es schon jetzt Saatgutbibliotheken gibt:

Saatgut | Bildquelle: mauritius images / Cavan Images

In der Saatgutbibliothek der Stadtbücherei Hamm wurde die zweite Ausleihsaison eröffnet. An dem Tag konnte jeder kostenlos Saatgut ausleihen, Seedballs selbst machen oder mehr zum Thema Beetenbau erfahren. Saatgut ausleihen kann man aber auch an anderen Tagen. Es wird empfohlen, maximal zwei bis drei Samentütchen mitzunehmen.

In der Stadtbücherei Düsseldorf befindet sich eine Saatgutbox mit Samen zum Ausleihen. Vor allem heimische Gemüsesorten sollen durch den Tausch bewahrt werden.

Auch im Stadteil Chorweiler der Stadt Köln wird Saatgut zum Ausleihen angeboten. Außerdem kann man an Workshops teilnehmen, um das eigene Wissen zu erweitern.

In Duisburg lädt die Stadtbibliothek Hobbygärtner zum Samentausch ein. An den Standorten Walsum, Vierlinden, Beeck, Ruhrort, Homberg-Hochheide, Rheinhausen und Rumeln-Kaldenhausen kann Saatgut getauscht werden.

In der Stadtbibliothek Mülheim an der Ruhr kann samenfestes Saatgut getauscht werden. Die Bibliothek bittet darum, nur so viel zu nehmen, wie wirklich gebraucht wird. Außerdem soll ein Kontakt zum Spender notiert werden, damit man sich besser über die Eigenschaften der Sorte informieren könnte.

In der Stadt Lohmar befindet sich die Saatgutbibliothek in der Naturschule. Das Samenangebot wird von der Bergischen Gartenarche zur Verfügung gestellt. Aber auch Hobbygärtner können samenfeste Sorten mitbringen.

In der Stadtbibliothek Neuss wird nur eine Tüte pro Person ausgeliehen. Die Bibliothek unterstützt Hobbygärtner mit dem nötigen Wissen.

Verschiedene Gemüsesamen kann man in der Stadtbibliothek Emmerich ausleihen. Mit einem Büchereiausweis ist die Ausleihe kostenlos.

Auch in der Gemeindebücherei Leopoldshöhe können Gemüsesamen ausgeliehen werden.

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 26.02.2023 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.