"Wenn ich es in einem Wort ausdrücken müsste: Erleichterung!" Erik Schulte, Projektleiter bei der AVU-Service-Plus, steht an der Landwehr in Breckerfeld, eine große freie Fläche mit weitem Blick ins angrenzende Sauerland. Und recht nahe dem höchsten Punkt im Ennepe-Ruhr-Kreis, dem Wengeberg. Der einzige Punkt im Kreis, an dem ein Windrad von dieser Dimension laut Betreiber Sinn macht.
Höher als Kölner Dom
192,4 Meter ist es hoch (der Kölner Dom hat eine Höhe von 157,2 Metern) und nach ganzen zwölf Jahren von der Planung bis zur Fertigstellung steht es nun. Erik Schulte verfolgt, wie am Donnerstag die Flügel an der Anlage mit Hilfe eines Krans in die Höhe gezogen und befestigt werden. Allein die sind etwa 70 Meter lang.
"Es ist gut, dass es bald endlich losgeht und hier Strom erzeugt wird", sagt Schulte. "Wenn alles glatt gelaufen wäre, dann hätte die Anlage schon 2018 in Betrieb gehen können, denn eigentlich hatten wir schon seit 2016 die Genehmigung." Doch dann musste die AVU die Planung über den Haufen werfen. Der Grund: Eine Erdbebenmessstation.
Erdbebenmessstation bremste Windrad aus
Diese befindet sich nur wenige Kilometer vom Standort des Windrads entfernt, nämlich an der Glörtalsperre. Die Geologische Station, die die Messstation betreibt, wies darauf hin, dass das Windrad durch die Drehbewegung Erschütterungen im Boden erzeugen könnte, die die seismologischen Aufzeichnungen verzerren würden. Ein Gutachten musste her.
"Wir hatten damit nicht gerechnet, zumal ganz in der Nähe zur Messstation schon seit zwanzig Jahren vier Windkraftanlagen stehen, ohne dass das ein Problem war", so Erik Schulte. Nach langem Hin und Her gab es grünes Licht. Zwischendurch mussten die Planer aber auf ein neues Windrad-Modell umsatteln, weil es das ursprünglich geplante nicht mehr gab.
Auch mehrere Bürgerproteste
Landespolitische Diskussionen und Gesetzesänderungen rund um Windräder in Nordrhein-Westfalen halfen dem Vorankommen des Projekts auch nicht gerade weiter. Und nicht zuletzt musste sich die AVU auch mit Protesten von Anwohnern auseinandersetzen.
Es gab Klagen, die aber abgewiesen wurden. Auch eine Bürgerinitiative versuchte über die sozialen Medien, in Bezug auf die Pläne "Gegenwind" zu machen.
"Wir sind aber sehr früh mit der Stadt Breckerfeld und dem Ennepe-Ruhr-Kreis ins Gespräch gegangen", berichtet der Projektleiter. Da sei der Prozess sehr kooperativ verlaufen, zumal man deutlich habe machen können, dass das Windrad der Stadt nicht nur Ökostrom, sondern auch Geld bringe. An den Erträgen der Anlage soll Breckerfeld 20.000 Euro im Jahr mitverdienen.
Schwieriger Transport durch den Ennepe-Ruhr-Kreis
Die letzten Herausforderungen für das Windrad-Projekt lagen schließlich bei Transport und Montage: Riesengroße Bauteile, insbesondere die rund 70 Meter langen Flügel, mussten mit Schwertransportern durch zum Teil enge Straßen rauf auf den Berg nach Breckerfeld geschafft werden.
Die Montage des Maschinenhauses und der Flügel in fast 200 Metern Höhe musste kurzfristig verschoben werden, weil es zu windig war.
Nun aber steht das Breckerfelder Windrad. Ab März soll es rund 2.500 Haushalte mit Strom versorgen. Und bald dreht sich noch mehr in der Region. Auch rund um Hagen entstehen gerade mehrere neue Windkraftanlagen.
Unsere Quellen:
- WDR-Recherche
- AVU