Vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen müssen sich seit Montag zwei Tagesmütter wegen des Todes eines zweijährigen Jungen verantworten. Das Kind soll in ihrer Obhut qualvoll erstickt sein, nachdem es zum Mittagsschlaf gelegt wurde.
Junge erstickte unbemerkt im Schlafraum der Kita
Die beiden angeklagten Tagesmütter hätten laut Staatsanwaltschaft den Tod des Jungen verhindern können. Sie hatten den Zweijährigen zum Mittagsschlaf in das untere Bett eines Etagenbettes gelegt. Dort hatte er dann gegen die lockere Bodenplatte des oberen Bettes gedrückt. Diese war elf Kilogramm schwer, das Kind konnte sie nicht halten. Die Platte rutschte dann nach unten, der Kopf des Jungen wurde zwischen Bett und Platte eingeklemmt und das Kind erstickte.
Die beiden Tagesmütter bemerkten davon laut Anklage nichts, sahen zwischendurch nicht nach den Kindern im Schlafraum. Auch ein Babyphone war nicht angeschaltet. Erst eine Stunde, nachdem sie das Kind schlafen gelegt hatten, gingen sie wieder in den Schlafraum. Da war der Junge längst tot.
Vor Gericht wollten sich die beiden angeklagten Frauen nicht äußern. Auch eine Entschuldigung gegenüber den Eltern gab es nicht.
Sicherheit der Kinderbetten fraglich
Hätten die Tagesmütter die Gefahr der losen Bodenplatte erkennen können? Dazu sagte ein Sachverständiger am Montag vor Gericht: "Nein. Mit der Matratze drin kann ein Laie nicht sehen, dass die Bodenplatten nicht fixiert waren." Und an der Konstruktion der Betten habe man erkennen können, dass eine solche Befestigung seitens des Herstellers auch nicht vorgesehen sei. Es habe ihn sehr erstaunt, so der Gutachter, dass dort noch Etagenbetten mit Rollgittern verwendet wurden. Eigentlich seien ebenerdige Bettchen oder Matratzen Standard in Kindertagesstätten.
Nach dem Todesfall in der Gelsenkirchener Kita in 2021 hatte die Stadt Gelsenkirchen in den Einrichtungen, in denen noch solche Betten standen, die Bodenplatten nachträglich befestigen lassen.
Alptraum für die Eltern des toten Jungen
Für die Eltern des verstorbenen Jungen ist der Fall ein einziger Alptraum. Nicht nur, weil sie ihr Kind verloren haben. Sondern, weil sie wegen einer Panne des Amtsgerichts schon wieder über den Tod ihres Kindes öffentlich sprechen mussten.
Im April, zum eigentlichen Prozessauftakt, hatten Vater und Mutter bereits schweren Herzens ausgesagt und sich den Fragen des Gerichts gestellt. Am Montag (20.10.2023) mussten die Eltern das alles wieder durchleben. Der Direktor des Amtsgerichts entschuldigte sich für die Umstände.