"No justice, no peace - defund the police" hallt es über den Platz an der Nordseite der Dortmunder Reinoldikirche. Rund 250 Menschen stehen hier am Freitagabend. Nur wenige Meter entfernt von der Stelle, an der am Mittwoch ein 52-jähriger Obdachloser von der Polizei erschossen wurde. Er war zuvor mit einer Eisenstange auf die Polizisten losgegangen. Die Demonstranten wollen an den Verstorbenen erinnern, aber auch demonstrieren. Vor allem gegen die Polizei. Die hätte bei dem Einsatz viel falsch gemacht, so die Demonstranten.
Den Protest hat das Bündnis "Schlafen statt Strafen" organisiert, das sich für bessere Lebensbedingungen von Obdachlosen in Dortmund einsetzt. "Wir wollen hier auch kritische Fragen stellen", erklärt Tobi von "Schlafen statt Strafen". Man wolle wissen, warum die vielen Polizisten es nicht geschafft hätten, den Mann ohne größere Verletzungen zu überwältigen. "Der Job der Polizei muss es sein, solche Situationen auch ohne Gewalt zu lösen", meint Tobi.
Auch auf ausliegenden Flyern sind Fragen zu lesen. "Welche Gefahr ging von dem Opfer aus?" oder "War der Einsatz des Tasers überhaupt von den Einsatzrichtlinien gedeckt?", heißt es da.
Bündnis sieht Parallelen zum Fall Dramé
Das Bündnis zieht außerdem Parallelen zum Fall Mouhamed Dramé, der 2022 bei einem Polizeieinsatz in Dortmund von einem Polizisten erschossen wurde. Wie Dramé sei auch der Obdachlose bei dem Einsatz in einer psychischen Ausnahmesituation gewesen.
Ob das tatsächlich der Fall gewesen ist, dazu gibt es zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Informationen. Die Ermittlungen im Fall des erschossenen Obdachlosen stehen noch am Anfang. Unter anderem werden dazu auch die Bodycams der eingesetzten Polizisten ausgewertet.
Videos vom Vorfall
Auf Videos des Vorfalls von Passanten ist zu sehen, wie Polizeibeamte den Mann auffordern, die Eisenstange niederzulegen. Auch ein mutmaßlicher Tasereinsatz ist zu hören.
In der Polizeimitteilung heißt es, dass mehrfach Taser eingesetzt worden seien, diese jedoch "kaum Wirkung" auf den Obdachlosen gezeigt hätten.
"Als er dann relativ nah an dem Polizeibeamten war, der letztlich geschossen hat, ist es dann zu der folgenschweren Schussabgabe gekommen", so Henner Kruse von der Staatsanwaltschaft Dortmund.
Zeugen gesucht
Die Polizei Recklinghausen sucht weiterhin nach Zeugen. Hinweise nimmt sie unter der Telefonnummer 0800/2361-111 entgegen. Die Beamten bitten darum, Videos, die den Einsatz zeigen, nicht weiter in sozialen Medien zu teilen. Stattdessen können sie im Hinweisportal der Polizei NRW unter dem Stichwort "Schussabgabe durch Polizeibeamte in Dortmund" hochgeladen werden.
Unser Quellen:
- Angaben der Polizei und der Staatsanwaltschaft
- Reporter vor Ort
- Reden auf der Demonstration
- Gespräch mit dem Bündnis "Schlafen statt Strafen"