Judenverfolgung, Deportation, Konzentrationslager - Die schlimmen Verbrechen der Nazis kennen vor allem jüngere Menschen nur aus Geschichtsbüchern. Schülerinnen und Schüler der Erich-Kästner-Gesamtschule in Bochum haben deshalb in einem Schulprojekt mit Zeitzeugen über diese dunkle Zeit gesprochen. Und sie haben sich eineinhalb Jahre lang intensiv mit dem Schicksal der Familie Freimark auseinandergesetzt. Diese wurde 1942 in das Konzentrationslager in Theresienstadt deportiert.
Private Briefe der Familie Freimark
Durch private Briefe der Familie haben die Schüler tiefe Einblicke in die Zeit der Verschleppung nach Polen und das Leben im KZ bekommen. Betroffen waren vor allem Karola und Simon Freimark. Ihre Kinder, Steffi und Gerhard, waaren bereits vor dem Holocaust in die USA geflohen.
"Der Briefwechsel zwischen Eltern und Kindern baut eine Bindung auf", erklärt Vivian, eine Schülerin des Projekts. "Es ist teilweise so, als würde man die Familie mit jedem Brief immer besser kennenlernen und ihre Geschichte quasi miterleben."
Projektleiterin ist stolz auf ihre Gruppe
Das Projekt ist nicht nur inhaltlich etwas ganz Besonderes für die 18 Schülerinnen und Schüler. Sie wurden für die einzelnen Projekttage aus dem Unterricht genommen und mussten den Lehrstoff in eigener Verantwortung nacharbeiten.
Trotzdem haben alle Schüler freiwillig an dem Projekt teilgenommen - und das aus unterschiedlichen Jahrgängen, von Klasse neun bis Klasse zwölf. "Wir sind als Gruppe zusammengewachsen", betont Romance, eine andere Teilnehmerin des Projekts.
Schüler wollen, dass Geschichte nicht vergessen wird
Am Mittwoch haben sie im Bochumer Stadtarchiv eine selbstentworfene Gedenktafel erhalten. Sie ist schlicht gehalten, mit einem Davidstern und der Inschrift: "Bochum gedenkt seiner nach Theresienstadt deportierten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Wir werden sie niemals vergessen." Und genau darum geht es den Schülern. "Man kennt ja das Sprichwort, 'die Geschichte wiederholt sich immer'", sagt Vivian. "Das soll sie aber nicht."
Auch Romance vertritt diese Meinung: "Die Arbeit mit den Briefen war wie ein Weckruf, weil wir so nah dran waren. Wir müssen unbedingt aus unseren Fehlern lernen. Sowas darf nicht noch mal passieren." Anfang Juni findet die Studienfahrt nach Polen statt.
Gedenktafel kommt nach Polen
Dann bekommt die Gedenktafel ihren Platz im ehemaligen Konzentrationslager in Theresienstadt und das Projekt, das zusammen mit dem Bochumer Stadtarchiv und dem Kinder- und Jugendring entstanden ist, findet einen Abschluss. Vivian ist schon gespannt: "Das wird bestimmt bewegend, an den Ort zu reisen, den wir nur aus den Briefen kennen, an dem so viel Schlimmes passiert ist. Es ist eine große Ehre, aber irgendwie auch ein bedrückendes Gefühl."