Ein Mann läuft vor mehreren Polizisten weg. Nach wenigen Sekunden wird er zu Boden gerissen und anscheinend geschlagen. "Jetzt sieht man, wie er aus Angst abhaut. Aber nach ein paar Sekunden ist er auf dem Boden, er kann nichts mehr machen. Jetzt kriegt er Schläge," kommentiert Francesco das Video, das in sozialen Medien aufgetaucht ist. Er ist ein Bekannter des geflüchteten Mannes. Er ist vorbestraft und möchte unerkannt bleiben. Das Video zeigt die Festnahme nach einer Verfolgungsjagd am vergangenen Wochenende.
Da war ein 28-Jähriger mit seinem Auto vor der Polizei geflüchtet. Nach Angaben der Hagener Polizei hat der Mann bei einer Kontrolle durch eine Zivilstreife einfach aufs Gaspedal getreten. Der Verdächtige überfuhr mit zu hohem Tempo mehrere rote Ampeln, streifte ein Polizeiauto. Außerdem versuchte ein anderes Auto mehrmals, die Beamten an der Verfolgung zu hindern, vermutet die Polizei Hagen.
Polizeiauto rast in Fluchtfahrzeug
Trotzdem konnten die Beamten die Verfolgung fortsetzen. Dann bremste der Verdächtige plötzlich stark ab. Daraufhin fuhr eine Zivilstreife mit hoher Geschwindigkeit von hinten in das Fluchtauto. Die Insassen des Fluchtwagens flohen zunächst zu Fuß weiter. Die Polizisten konnten den 28-jährigen Fahrer aber schnell festnehmen.
Die Frage ist jetzt: Sind sie dabei zu brutal vorgegangen? Für Franceso ist die Situation klar. Die Polizei handele zu brutal: "Wie kann das sein? Er kann sich eh nicht mehr wehren, mehrere Leute sind auf ihm!"
Mit der Meinung ist Franceso nicht allein. Die Festnahme werfe Fragen auf, die untersucht werden sollten, sagt Kriminologe Thomas Feltes: "Wo die Person am Boden liegt und von einem Beamten fixiert ist, darf in keinem Fall mehr auf sie eingeschlagen werden. Es sei denn, es gibt erheblichen Widerstand. Aber in dem Video sehe ich ein relativ blindes Einschlagen auf die Person. Ich sehe da nicht die Notwendigkeit dafür."
Polizeigewerkschaft erkennt kein Fehlverhalten
Die Gewerkschaft der Polizei kann kein Fehlverhalten der Einsatzkräfte erkennen. Ihr Landesvorsitzender Michael Mertens meint aber: "Das staatliche und damit auch das polizeiliche Handeln müssen transparent sein. Und wenn ein Vorwurf im Raum steht, muss der auch ausermittelt werden. Das ist Aufgabe des Staates und das schützt das Vertrauen in den Staat."
Staatsanwaltschaft wertet Videos aus
Die Polizei hat sich noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Sie verweist auf die Staatsanwaltschaft. Die ist zuständig, wenn Vorwürfe dieser Art im Raum stehen. Die Staatsanwaltschaft Hagen wird jetzt erst einmal die Videos und Zeugenaussagen auswerten. Vorher äußere sie sich nicht zu dem Fall. Die Auswertung der Videos und der bisherigen Zeugenaussagen kann mehrere Wochen dauern.
Über dieses Thema berichten wir auch in der WDR Lokalzeit aus Dortmund um 19:30 Uhr.