Die Polizisten waren selbst an dem Einsatz beteiligt, sind aber im Gegensatz zu fünf anderen Polizistinnen und Polizisten nicht angeklagt. Einem Polizisten wird Totschlag, den anderen vier gefährliche Körperverletzung oder die Anstiftung dazu vorgeworfen.
Am Tattag waren beide Zeugen als Polizisten in Zivil in der Dortmunder Nordstadt unterwegs, ehe sie zu dem Einsatz im Innenhof der Jugendeinrichtung gerufen wurden. Hier saß der 16-jährige Mouhamed Dramé mit einem gegen sich selbst gerichteten Messer in einer Nische zwischen einer Kirchenwand und einem Zaun.
Der Lokalzeit-Podcast "Mouhamed Dramé – Wenn die Polizei tötet"
Beamte in Zivil sollten Lage aufklären
Die beiden Polizisten sollten mit weiteren Beamten die Lage vor Ort aufklären und sich einen Überblick verschaffen, wo Dramé saß und wie er sich verhielt. Nachdem Mouhamed Dramé zuerst auf Deutsch angesprochen wurde, aber keine Reaktion zeigte, versuchte einer der beiden Zeugen, den 16-Jährigen auf Spanisch anzusprechen. Ebenfalls ohne Reaktion.
Er habe dann noch versucht, sich zu Dramé herunterzubeugen, um Augenkontakt herzustellen, aber auch das habe nicht geholfen, schilderte der Polizist vor Gericht. Drei bis vier Minuten lang wäre das so gegangen, führt er aus. Dann wurde er von einem Kollegen zurückgerufen, weil Pfefferspray gegen Dramé eingesetzt werden sollte.
Dramé soll nach Schüssen auf Boden fixiert worden sein
Der Polizist habe sich daraufhin zu den anderen Einsatzkräften zurückgezogen. Dann sei auf Anweisung des Einsatzleiters das Pfefferspray eingesetzt worden. "Dann ging es ganz schnell", erzählte der Zeuge. Dramé sei aufgestanden und habe sich "schnell" in Richtung der Einsatzkräfte bewegt. Er habe mehrere Knallgeräusche gehört, dann sei Dramé auch schon vor einem geparkten Auto zu Boden gegangen.
Der zweite Zeuge schilderte, was danach passiert sein soll. Der Einsatzleiter und er wären auf Dramé zugegangen, hätten ihn fixiert, während andere Beamte nach dem Messer suchten. Dramé hätte sich am Boden liegend und von mehreren Schüssen getroffen stark bewegt, weshalb ihm Handfesseln angelegt wurden. Selbst auf der Trage des Rettungsdienste hätte der 16-Jährige noch fixiert werden müssen.
Pfeffersprayeinsatz wohl nicht angedroht
Beide Polizisten schilderten, dass sie selbst vor Abgabe der Schüsse auf Dramé nicht sehen konnten, ob und wie dieser das Messer hielt. Sie hielten die Situation aufgrund des Messers aber für bedrohlich. Die beiden erklärten außerdem, dass sie sich nicht als Polizisten zu erkennen gegeben hatten. Auch eine Androhung von Pfefferspray, Taser und Schusswaffe hätten sie nicht wahrgenommen. Ähnliches berichteten auch zuvor gehörte Zeuginnen und Zeugen.
Zeuge wirkt während Aussage mitgenommen
Die Schilderungen des Einsatzes durch die beiden Zeugen wirkten sehr klar und strukturiert. Sie mussten kaum über das Geschehene nachdenken. Lediglich bei Nachfragen durch den Vorsitzenden Richter oder die Anwälte mussten die Zeugen kurz überlegen. Auf die Nachfrage des Staatsanwalts, ob sie sich auf diese Aussage vorbereitet hätten, antwortete einer der Zeugen: "Ich habe mich seit eineinhalb Jahren auf diese Aussage vorbereitet." Er machte während seiner Aussage einen mitgenommenen Eindruck, mehrmals war seine Stimme kurz davor zu brechen.
Weitere Polizisten als Zeugen geladen
Der Prozess gegen die fünf Polizisten soll am 6. März fortgesetzt werden. Dann sollen weitere Polizisten, die am Einsatzort waren, als Zeugen gehört werden. Die Angeklagten haben sich bisher noch nicht zum Geschehen geäußert. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Unsere Quellen:
- Reporter vor Ort
- Landgericht Dortmund