Dr. Doron Reichmann und sein Team aus Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaftlern haben in Bochum ein Emotionsanalyse-Programm entwickelt. Damit können sie die Gefühlslagen von Managern untersuchen. "Unsere Stimme gibt immer Informationen preis, auch wenn wir das gar nicht wollen. Wir haben sie nie hundertprozentig unter Kontrolle“, sagt der Leiter der Forschungsgruppe FAACT.
Wahre Emotionen von Manager bei öffentlichen Auftritten analysieren
Die Theorie der Bochumer: Manager wollen bei öffentlichen Auftritten die Gewinnerwartungen ihrer Firma oft besser darstellen, als sie wirklich sind. Die Stimme der Chefs könnte aber offenbaren, wie es wirklich um das Unternehmen steht, vermuteten die Forscher und versuchten, die "wahren Emotionen" herauszufiltern.
Dafür trainierten sie einen Computer zunächst mit hunderten Audiodateien. "Dogs are sitting by the door", also "Hunde sitzen neben der Tür", lautete der immer gleiche englische Satz, den Schauspieler dafür wütend, lachend oder weinend in kurzen Sprachschnipseln vorsprechen. Mit diesen gespielten Emotionen sollte das KI-Programm lernen, Gefühle zu unterscheiden.
Test mithilfe von 8000 Tonaufzeichnungen
Ob das tatsächlich funktioniert, testeten die Forscher danach mithilfe von 8000 Tonaufzeichnungen von Bilanzpressekonferenzen. Der Computer analysierte die Stimmungslagen der Manager in den Audiodateien.
"Nur anhand der Emotionen in der Stimme, sollte er voraussagen, ob eine Firma zukünftig Gewinne oder Verluste erwirtschaftet", so Dr. Doron Reichmann.
Wissenschaftler: KI konnte wahre Stimmung heraushören
Stimmungsanalyse-Forschende Jonas Ewertz und Charlotte Knickrehm am Analysecomputer Uni Bochum
Und es klappte. Das Bochumer Team fasste die ermittelte Gesamtstimmung in den Firmen in einem eigenen "Voice Tone Index" zusammen und verglich ihn mit dem tatsächlichen Börsenverlauf in dieser Zeit. Ergebnis: Nach einer Lernphase konnte das Programm tatsächlich heraushören, ob die Manager in Wahrheit um ihre Firma bangten, auch wenn sie etwas anderes verkündet hatten. Das Programm hätte demnach mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussagen können, ob der Aktienkurs nach oben oder nach unten geht.
Lässt sich damit also in Zukunft der Börsenverlauf voraussagen?
"Theoretisch ja. Wir werden hier aber trotzdem nicht reich durch Aktienhandel“, lacht Martin Nienhaus, Professor für Financial Accounting an der RUB. Es hätten sich zwar durchaus schon einmal interessierte Börsenanalysten und Hedge Fond-Manager bei ihnen gemeldet und nach dem Programm erkundigt. "Das, was wir hier machen, ist aber erstmal reine Grundlagenforschung."
Letztlich könne das Programm auch nur Tendenzen abbilden und sei noch viel zu ungenau. "Es muß sich niemand davor fürchten, dass wir hier den Lügendetektor der Zukunft bauen“, so Nienhaus.
Unsere Quellen:
- Forschungsgruppe FAACT der Ruhruniversität Bochum
Über dieses Thema berichten wir auch in der Lokalzeit Ruhr.