Eine ehemalige Mitarbeiterin hat den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki beschuldigt, frühzeitig über Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Sternsinger-Chef Winfried Pilz informiert worden zu sein. Woelki hatte in zwei eidesstattlichen Versicherungen vor Gericht erklärt, erst im Juni dieses Jahres mit Missbrauchs-Vorwürfen gegen Winfried Pilz befasst gewesen zu sein.
In einem Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger" sagt die frühere Assistentin des Personalchefs im Erzbistum, sie habe schon 2015 für den Kardinal eine Liste mit früheren Missbrauchstätern erstellt und den Kardinal persönlich damit befasst.
Sie habe es "nicht mehr ausgehalten (...), Dinge aus erster Hand zu wissen, die den öffentlichen Aussagen von Kardinal Woelki widersprechen, speziell zum Fall des früheren Sternsinger-Präsidenten Winfried Pilz", sagt die frühere Assistentin des Personalchefs im Erzbistum der Zeitung.
Erzbistum weist Vorwürfe erneut zurück
Nach die Kölner Staatsanwaltschaft noch Ende September die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen mangelnden Anfangsverdachts abgelehnt hatte, hat sie laut Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn am Mittwoch förmliche Ermittlungen aufgenommen.
Für das Erzbistum ist das keineswegs die Bestätigung der Vorwürfe gegen Woelki: Vielmehr werde nun geprüft, ob sich ein Verdacht erhärte. "Auch dieser erneute Versuch, Kardinal Rainer Maria Woelki eine falsche Eidesstattliche Versicherung zu unterstellen, ist unbegründet", teilte ein Sprecher des Erzbistums am Dienstag mit.
Das Erzbistum will jetzt zudem prüfen, ob es gegen die ehemalige Mitarbeiterin im Generalvikariat, die seit vielen Jahren an einer anderen Stelle eingesetzt ist, arbeitsrechtliche Schritte einleitet. Am Mittwoch ergänzt der Sprecher des Erzbistums, Jürgen Kleikamp: "Wir haben nicht von Konsequenzen gesprochen, sondern von arbeitsrechtlichen Prüfungen. Und diese Prüfungen sind selbstverständlich noch nicht abgeschlossen. Sie finden in aller Sorgfalt statt. Und solange kein Ergebnis vorliegt, wird natürlich auch keiner suspendiert."
Mitarbeiterin erstellte Liste mit 14 Namen
Auf die Frage, ob sie wegen ihres Gangs an die Öffentlichkeit arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchte, sagt die frühere Assistentin des Personalchefs im Erzbistum der Zeitung: "Wenn das Erzbistum das versuchen sollte, dann ist das eben so." Sie stelle aber eine Gegenfrage, nämlich, ob der Dienstgeber keine Loyalitätspflichten habe. "Ich finde, wie der Erzbischof hier mit den Tatsachen umgeht und sich nicht einmal im Ansatz bemüht, zumindest intern Klarheit zu schaffen, das ist eine Missachtung des Einsatzes und der guten Arbeit der Mitarbeitenden." Was der Erzbischof sage, sei illoyal - auch ihr gegenüber als Verfasserin der Liste.
Auf der Liste, die sie erstellt habe, hätten 14 Namen gestanden, darunter der von Pilz. Ihr Chef habe die Liste in ein Gespräch mit Woelki mitgenommen. Hinterher habe sie ihren Chef gefragt, was Woelki zu der Liste gesagt habe. Darauf habe dieser geantwortet: "Das hat den Kardinal überhaupt nicht interessiert." Sie sei daraufhin "wie versteinert" gewesen.
Respekt von Mitarbeitenden des Bistums
In einer Pressemitteilung solidarisieren sich am Mittwoch Hauptamtliche des Hauptamtliche des Bistums mit ihr: "Sie trägt mit ihrem Schritt an die Öffentlichkeit und ihrer Sicht der Dinge dazu bei, die Vertuschungsstrategien der Kölner Bistumsleitung zu entlarven.", so Gemeindereferentin Marianne Arndt.
"Uns als Mitarbeiter:innen fällt es zunehmend schwer, uns loyal zu unserem Arbeitgeber zu verhalten. Das Leid der Betroffenen steht offensichtlich nicht im Fokus, sondern der alleinige Schutz der eigenen Person. Der Kardinal hat erneut das Vertrauen verspielt und es wird deutlich, dass er in seiner Leitungsverantwortung versagt hat", so Peter Otten, Pastoralreferent.
Nach der Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Köln fordern die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen Kardinal Rainer Maria Woelki dazu auf, sein Amt ruhen zu lassen solange die staatlichen Untersuchungen andauern.