Gerade in den ersten Tagen nach der Flutkatastrophe im Sommer 2021 gab es sehr viele Helfer in den Flutgebieten, die psychologisch unterstützt haben, sagt Francesca Müller. Danach aber hätten die Hilfsangebote abgenommen, obwohl der Bedarf groß geblieben sei. Das ist eines der ersten Ergebnisse, zu denen die Wissenschaftlerin von der Bergischen Universität Wuppertal in ihrer Untersuchung kommt.
Sie hat mehr als 1.400 Betroffene mit Online-Fragebögen und auch persönlich befragt, um herauszufinden, ob die Hilfe ausreichend war oder wo es Optimierungsbedarf für künftige Krisen gibt.
Es braucht längerfristige Gesprächsangebote
Der Kreis Euskirchen hatte zusammen mit Francesca Müller im März das Projekt "Flut-Perspektive PSNV" (Psychosoziale Notfallversorgung) ins Leben gerufen. "Wir wollen besser werden", war dabei der Grundgedanke, so Müller. Unmittelbar nach der Flut seien viele Menschen in die zerstörten Gebiete gekommen, um zu helfen. Darunter auch viele Helfer, die in der psychosozialen Betreuung ausgebildet seien.
"In dieser Phase allerdings waren viele unmittelbar Betroffene damit beschäftigt, die Schäden zu bewältigen", beschreibt Müller die Erkenntnisse aus ihren Befragungen. Viele Menschen aber hätten erst Monate später tatsächlich die Zeit gehabt, sich mit dem Erlebten wirklich auseinanderzusetzen und dann auch Hilfe gebraucht. Da waren viele Helfer schon längst wieder abgereist und die Gesprächsangebote entsprechend zurückgegangen.
Hilfsangebote sind nicht jedem bekannt
Genauso wichtig sei es, dass die Menschen schon im Vorfeld einer Katastrophe überhaupt wissen, dass es Hilfsangebote gibt, um die eigene psychische Belastung zu bewältigen. Denn die Untersuchung hat auch gezeigt, dass mehr als ein Viertel der Befragten entsprechende Möglichkeiten gar nicht kannten. "Der Mensch nutzt aber vor allem die bekannten Wege", sagt Francesca Müller. Deshalb müssten die Angebote der akuten, aber auch mittel- und langfristigen Betreuung noch bekannter werden.
Viele fühlen sich eigentlich nicht betroffen
Besonders überrascht war die Wissenschaftlerin von der Erklärung vieler Menschen, sie seien "eigentlich gar nicht betroffen". Auch wenn bei ihnen zum Beispiel im Keller das Wasser mehr als einen Meter hoch stand. Im Angesicht einer so großen Katastrophe mit vielen Toten, Verletzten und großer Zerstörung erscheine ihnen die eigene Betroffenheit aber wohl oft eher gering.
Kreis Euskirchen will Konzepte anpassen
Mit fundierten wissenschaftlichen Aussagen hat man im Kreis Euskirchen jetzt die Möglichkeit, die eigenen Hilfskonzepte für die Zukunft anzupassen. Das gilt sowohl für die psychosoziale Hilfe für Einsatzkräfte, als auch für die Bevölkerung.