Um drei Uhr früh sitzen die Männer im Wagen der mobilen Einsatzleitstelle der Feuerwehr in Konzen am Hohen Venn und haben ihren toten Punkt erreicht. In den letzten 24 Stunden hat kaum einer richtig durchgeschlafen und die Luft ist stickig. Doch es gibt Hoffnung, denn die Lagebesprechung soll die letzte hier auf dem Parkplatz eines Gartenmarktes sein. Die Lage am Hohen Venn hat sich entspannt.
"So ruhig ist's jetzt zum ersten Mal", sagt Kreisbrandmeister Thomas Sprank. Der 49-Jährige ist in der Städteregion Aachen für gefährliche Brände wie diesen am Hohen Venn zuständig. Seit anderthalb Tagen ist er mit seiner beigen Feuerwehrjacke mit den reflektierenden Leuchtstreifen im Einsatz. Bis zum späten Mittwochmorgen werden Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und Deutsches Rotes Kreuz ihr mobiles Lager abbauen. Sie werden in die Leitstelle nach Simmerath verlegen und von dort weitermachen.
Feuerwehren schützen Waldstücke
Einige Stunden zuvor ist von Aufbruchstimmung noch nichts zu sehen. Die Feuerwehren aus der Region Aachen versuchen nahe des Ortes Roetgen durch Bewässern der Moorwiesen ein angrenzendes Waldstück zu schützen. Denn wenn die Fichten Feuer fangen, werde es sehr schwer den Brand aufzuhalten, sagt Alex Thieme von der Freiwilligen Feuerwehr Monschau. Direkt hinter dem Wald liegt Roetgen, das die rund 80 Einsatzkräfte in jedem Fall schützen wollen.
Helfer verstehen sich als Familie
Der 44-Jährige Thieme ist seit 1994 ehrenamtlich Feuerwehrmann, genauso lange wie Christian Ruf sich beim THW engagiert. Beide kennen sich, sie wohnen im selben Ort. Auch heute treffen sie wieder aufeinander. Ruf kam aus dem Urlaub direkt in den Einsatz und fährt Thieme nun in seinem blauen Kastenwagen ins Moor. "Das ist hier wie eine zweite Familie. Man trägt sich gegenseitig", freut sich der 40-Jährige Ruf. Auch Thieme nickt. Er könnte nicht anders als zu helfen, sagt er. Schon als Kind sei das so gewesen.
Helfer holen Löschwasser aus nahegelegene Orten
Als Ruf seinen Kollegen im Moor absetzt, dröhnen Generatoren durch die Nacht. Sie liefern Strom für meterhohe Lichtmasten und Wasserpumpen. Denn mitten im Moor gibt es keinen Hydranten. Die Tankwagen der Feuerwehr müssen das Löschwasser aus den nahe gelegenen Orten holen, um es kurz vor dem Moor in große Plastikbecken zu füllen. Erst dann können es die Feuerwehrmänner über kilometerlange Schläuche ins Moor pumpen und löschen. Jetzt in der Nacht haben hohe Luftfeuchtigkeit, nachlassender Wind und kühle Temperaturen die Brände eingedämmt. So weit, dass auf dem Moorboden nur noch das Gras glimmt. Die Männer sind hoffnungsvoll, dass es auch am Tag nicht wieder angefacht wird. Deshalb wässern sie auch die Nacht hindurch den Boden.
Ohne Zusammenhalt geht es nicht
"Man muss schon ein bisschen verrückt sein, um das hier alles zu machen", sagt Siggi Leister vom DRK. Der 49-Jährige sorgt mit seinen Kollegen für die Versorgung der Feuerwehrleute. 400 Currywürste haben sie von Hand geschnitten, dazu Chili con Carne, Gulasch und Nudeleintopf gekocht. Alles was warm ist und neue Energie für den Einsatz gibt, bringen sie hier ins Moor. "Wenn den Jungs das Essen schmeckt, dann ist das einfach toll", freut sich Leister. Auch er sagt, es gehe hier nur im Team. Ohne den Zusammenhalt und das gegenseitige Vertrauen sei es gerade in solchen Notfällen eigentlich nicht möglich zu helfen. Seine Kollegen nicken. Sie alle stehen ehrenamtlich nachts in ihren Gummistiefeln im matschigen Moorboden.
Helfer bauen mobile Leitstelle ab
Als Kreisbrandmeister Thomas Sprank gegen 3.20 Uhr einen Zettel von seinem Block abreißt, ist für alle der Moment gekommen die mobile Einsatzleitstelle abzubauen. Auf dem Zettel steht, was jeder tun muss - mit vierfachem Durchschlag. Denn auch bei Notfalleinsätzen müssen sie alles dokumentieren. Dennis Schröder steht auf dem Parkplatz in Konzen und sieht dem Abbau gelassen entgegen.
Helfen, schlafen, arbeiten gehen
Der 28-Jährige Feuerwehrmann muss sich darum nicht mehr kümmern. "Ich bin jetzt platt", sagt er. Am Tag stand er ganz vorne im Moor und den Flammen gegenüber. In der Nacht ist Schröder ein paar Meter zurückgegangen und hat seine Kollegen koordiniert. Nach stundenlanger Arbeit ist auch für ihn Feierabend. Schröder muss nach Hause, denn am Mittwochnachmittag beginnt sein eigentlicher Job als Anästhesiepfleger im Krankenhaus. Er wird im OP stehen und wieder Verantwortung tragen. Nicht für das Löschen eines Brandes, aber für das Leben eines Menschen. Dafür braucht er jetzt unbedingt Ruhe und vor allem ganz viel Schlaf.