Neue Ideen zum Hochwasserschutz der Ahrwinzer
Lokalzeit aus Bonn. 09.01.2024. 03:16 Min.. Verfügbar bis 09.01.2026. WDR. Von Marius Reichert.
Wie Landwirte in Ahrtal und Eifel Hochwasserschäden verhindern
Stand: 10.01.2024, 11:56 Uhr
Die Flutkatastrophe vor zweieinhalb Jahren in NRW und Rheinland-Pfalz hat gezeigt: Extreme Regenfälle können große Zerstörungskraft entfalten. Landwirte setzen jetzt auf Hochwasserschutz durch innovative Anbaumethoden.
Von Marius Reichert
Gisbert Ley zieht eine dünne Rebe nach der anderen mit einem kleinen Werkzeug fest. "Das machen wir Winzer, damit die Reben im Sommer schön auf einer Höhe wachsen können", sagt er und blickt dabei das Tal hinab in seinen Heimatort Dernau im Ahrtal.
Sein Weinberg unterscheidet sich von vielen anderen, denn seine Weinreben verlaufen nicht längs Richtung Tal, sondern quer - das hat bei Starkregen viele Vorteile, erklärt Ley: "Das Wasser sammelt sich im Weinberg und rauscht nicht direkt ins Tal. Außerdem kann die Wiese zwischen den Reben viel mehr Wasser speichern."
Winzer im Ahrtal richten Weinberge hochwassersicher aus
Der Boden sei begrünt, speichere also bei Starkregen rund 20 Mal mehr Wasser als ein Hang, der nur aus Erde besteht. Neben seinem Weinberg haben andere Winzer noch nicht auf die innovative Anbaumethode umgestellt - ihre Reben sind bei Starkregen eine Gefahr. "Besonders im Sommer kann durch Erosion eine regelrechte Schlammlawine ins Tal rollen", ergänzt Ley.
Flut durch Wasser im Gebirge verheerend
Genau das hat die Flut vor zweieinhalb Jahren massiv beeinflusst, erklärt etwa Prof. Lothar Kirschbauer von der Hochschule Koblenz. "Nicht die Regenfälle im Tal, sondern das Wasser der Zuflüsse aus dem Gebirge hat die Flut so verheerend gemacht", erklärt der Wasserforscher.
Gerd Möhren aus Bengen setzt auf eine andere Methode, denn er baut Miscanthus an, auch "Chinaschilf" genannt. Die Pflanze aus Asien sei eine echte "Superpflanze", findet der Landwirt.
2006 hatte seinen kleinen Ort Bengen eine Starkregenwelle heimgesucht. Sechs Jahre später kam er auf die Idee, für den Hochwasserschutz Chinaschilf anzubauen. "Die Plantage, fast ein Hektar groß, wirkt wie ein Staudamm", sagt Möhren. Die Pflanze könne extrem viel Wasser speichern, das dadurch nicht in den Ort abfließe.
Uni Bonn begleitet Schilf-Anbau
"Chinaschilf" kann enorm viel Wasser speichern
Zudem kann der Landwirt das Schilf gewinnbringend verkaufen. Es wird als Brennstoff genutzt, aber auch beim Erdbeeranbau, um den Boden zu schützen.
Die Universität Bonn begleitet seinen Anbauversuch und will in Kürze genauer herausfinden, wie viel und vor allem wie tief der Miscanthus Wasser speichern kann.
Holzpfähle gegen Wassermassen
In Antweiler in der Eifel hat die Gemeindeverwaltung mehrere stabile Holzpfähle in den Boden gerammt. Sie sollen im Ernstfall Unrat und Treibholz aufstauen und verhindern, dass Rohre im Tal verstopfen und für gefährliche Flutwellen sorgen. "Dafür muss allerdings ein Bagger aktiv werden, ansonsten bringt die Maßnahme nichts", erklärt Thomas Weimer vom Flut-Verbindungsbüro im Ahrtal.
Maßnahmen wie diese zeigen, dass Hochwasserschutz viel früher beginnt als im Tal. Und Landwirte können viel dazu beitragen, dass künftige Starkregenfälle nicht ganz so verheerend ausfallen.
Unsere Quellen:
- Reporter vor Ort
- Universität Bonn
- Hochschule Koblenz