Bürgerentscheid: Was wird aus der Viersener Primusschule?

Stand: 28.07.2023, 10:08 Uhr

Der Primusschule in Viersen-Dülken droht das Aus. Im kommenden Schuljahr sollen zum letzten Mal Schüler aufgenommen werden. Der Grund: Zu wenige Interessenten. Doch die Eltern wehren sich.

Von Raphael Boch, Verena Köplin

Noch vor zehn Jahren war die Primusschule in Viersen ein umjubelter Schulversuch. Das Konzept: Schüler lernen von der ersten bis zur zehnten Klasse gemeinsam. Jeder in seinem eigenen Tempo, die Älteren helfen den Jüngeren.

So wie in Viersen gibt es das an fünf anderen Standorten in NRW. Erst vergangenes Jahr wurde das Pilotprojekt noch einmal um 13 Jahre verlängert. Doch Viersen will da nicht mehr mitspielen. Der Rat der Stadt hat beschlossen, die Schule ausflaufen zu lassen, denn die Anmeldezahlen sind seit Jahren rückläufig.

Zu wenig Schüler, zu viele Abgänger

Porträt Sabine Anemüller, Bürgermeisterin Viersen

Sabine Anemüller, Bürgermeisterin Viersen

Schon im kommenden Jahr soll die Schule keine neuen Erstklässler mehr aufnehmen dürfen. "Wir haben von drei auf knapp zwei Züge in der Primusschule reduzieren müssen", erklärt Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller die Entscheidung. Und noch etwas anderes habe man beobachtet: "Viele Kinder, die noch angemeldet werden, gehen nach der vierten Klasse wieder von der Schule." Das zeige, dass das Konzept, so wie es gedacht ist, nicht aufgehe.

Bürgerinitiative will kämpfen

Doch die Primusschule hat in Viersen auch Fans - und die sehen das grundlegend anders. Mit einer Bürgerinitiative wollen sie jetzt um den Erhalt der Schule kämpfen. Der Tenor: Die aktuelle Diskussion um die Zukunft verunsichert viele. Das sei der Grund, warum viele Eltern ihre Kinder lieber direkt an andere Schulen schicken.

Außenansicht der Container an der Primusschule in Viersen

Lernen in Containern

Fürs kommende Schuljahr seien 44 Kinder an der Primusschule angemeldet. Viel mehr könnten auch gar nicht aufgenommen werden. "Wir haben keine räumlichen Kapazitäten", so Katharina Hirsch von der Bürgerinitiative. "Die Kinder sitzen ab Jahrgangsstufe sieben in Containern - das betrifft Hunderte von Kindern. Und Eltern entscheiden halt oft nach räumlichen Gegebenheiten."

Gutachten sieht Schuld beim Schulträger

Auch ein unabhängiges Gutachten über die Arbeit an der Modell-Schule kommt zum Ergebnis, dass nicht die Schule selbst und die dortige Entwicklungsarbeit das Problem sei. Vielmehr habe es von Anfang an unzureichende Unterstützung des Schulversuchs durch den Schulträger gegeben.

Das will die Bürgermeisterin so nicht hinnehmen. Jetzt soll ein Bürgerentscheid klären, ob die Schule in den kommenden drei Jahren weiter Erstklässler aufnehmen darf.

Den Kleinsten eine Stimme geben

Kinder in einem Klassenraum mit Lehrerin sitzen im Kreis

Unterricht an der Primusschule

Katharina Hirsch von der Bürgerinitiative ist enttäuscht, dass es so weit kommen musste. Sie ist der Meinung, dass die Politik damit gegen Kinder schieße - und sieht es als ihre Aufgabe an, den Kleinsten eine Stimme zu geben. Deren Meinung werde in dieser Debatte schließlich nicht gehört.

Bisher haben sich knapp 3.000 Viersener an der Abstimmung beteiligt. Damit die Schule bleiben darf, müssen mindestens knapp 9.300 dafür stimmen. Sollte der Bürgerentscheid negativ ausfallen, ist 2034 Schluss.

Bürgerentscheid: Was wird aus der Viersener Primusschule?

00:15 Min. Verfügbar bis 28.07.2025