Harry vor Gericht: Wurde der Prinz jahrzehntelang abgehört?

Stand: 06.06.2023, 10:48 Uhr

Es ist ein historischer Tag in Großbritannien: Mit Prinz Harry tritt erstmals seit mehr als 130 Jahren ein Mitglied der Royal Family in den Zeugenstand. Es geht um jahrzehntelange illegale Bespitzelung durch die Boulevard-Presse.

Der Sohn von König Charles III. soll heute persönlich in dem Prozess gegen den Verlag "Mirror Group Newspapers" (MGN) aussagen. Die Vorwürfe wiegen schwer: Die Zeitungen "Daily Mirror", "Sunday Mirror" und "People" sollen den Prinzen jahrzehntelang illegal abgehört haben. Prinz Harry war gefangen in einem "Netz rechtswidriger Aktivitäten", wie die BBC schreibt.

Bespitzelungen auch für Beziehungs-Aus verantwortlich?

Die Zeitungen sollen Telefone abgehört haben. "Kein Aspekt im Leben des jungen Prinzen war sicher", sagte Harrys Anwalt David Sherborne. So sollen die vertraulichen Nachrichten, die an die Öffentlichkeit gerieten, auch für Harrys Beziehungs-Aus mit Chelsy Davy verantwortlich sein. Die langjährige Freundin habe sich damals entschieden, dass ein "königliches Leben nichts für sie" sei.

"Die Höhen und Tiefen und Besonderheiten ihrer Beziehung, der Anfang, die Trennungen und schließlich der Bruch wurden in den drei Blättern der Mirror Group offenbart und auseinandergenommen", betonte Sherborne.

Harry verdächtigte seine Freunde des Verrrats

Der Anwalt vermutet, dass die Enthüllungen dazu führten, dass der Freundeskreis des Paares immer kleiner wurde, weil sie ihre eigenen Freunde verdächtigten, die Informationen weitergegeben zu haben.

Harry sei schon als Schuljunge Ziel illegaler Abhörmethoden gewesen - es habe keine Zeit in seinem Leben gegeben, in der er vor Bespitzelungen sicher gewesen sei, so Sherborne.

Vorwurf: Schon das Telefon von Lady Di abgehört

Harry wirft dem "Daily Mirror" auch vor, die Voicemail-Nachrichten seiner Mutter gehackt zu haben. Diana sei „am Boden zerstört“ gewesen, als private Gespräche mit dem Entertainer Michael Barrymore in der Zeitung auftauchten, berichtete "Sky".

Beweise für die Vorwürfe zu finden, wird schwierig sein. Es geht vor Gericht um 33 Artikel, die zwischen 1996 und 2010 erschienen. MGN-Anwalt Andrew Green hält die Vorwürfe für "märchenhaft". Es gebe keine Beweise dafür, dass ein Mobiltelefon gehackt wurde. "Zero, Nil, De Nada, Niente, Nothing“, zitierte BBC den Anwalt.

Prozess ist nur der Auftakt - und birgt Risiken

Für Harry ist der Auftritt im Zeugenstand womöglich nur einer von mehreren. Gegen insgesamt drei Verlage hat er ähnliche Klagen eingereicht.

Die Verhandlung birgt durchaus Risiken für Harry. Schließlich muss er auch der Gegenseite Rede und Antwort stehen - Anwalt Green kündigte an, den Royal anderthalb Tage zu befragen.

Harry macht Presse für Tod der Mutter verantwortlich

Prinzessin Diana vor der britischen Flagge. Die Ex-Frau von Prinz Charles starb am 31. August 1997 in Paris.

Prinzessin Diana

Harry macht keinen Hehl daraus, dass er die "tabloid press", wie die Boulevardpresse in Großbritannien genannt wird, verachtet und für den Unfalltod seiner Mutter 1997 verantwortlich macht. Erst kürzlich gingen Harry und Meghan an die Öffentlichkeit mit dem Vorwurf, sie seien von Fotografen geradezu filmreif durch New York gehetzt worden. Die Darstellung, deren Dramatik nicht unabhängig bestätigt wurde, erinnerte an Dianas Todesfahrt in Paris. Sie wurde damals ebenfalls von Paparazzi verfolgt.

Weitere Prominente klagen ebenfalls

Der Prozess läuft im Rahmen einer Sammelklage. Neben Prinz Harry klagen auch die Coronation-Street-Schauspieler Michael Turner und Nikki Sanderson sowie Fiona Wightman. Es geht dabei auch darum, inwiefern die Führungsebene des Verlags in die Praktiken verwickelt war.

Als letzter Royal stand 1891 der spätere König Edward VII. im Kreuzverhör, er wurde in einem Verfahren um Betrug beim Kartenspiel als Zeuge gehört.

Weitere Themen