Der 40-Jährige sollte heute auch verhört werden. Die Polizei erhoffte sich davon Erkenntnisse über Motiv und Hintergründe der Tat. Der Mann, der seinen Wagen in Mannheim in eine Menschenmenge gesteuert hat, hat nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler nicht aus politischen Gründen gehandelt. Das gab die Polizei bereits am Montagabend bekannt. Bei dem Autofahrer handelt es sich nach Angaben des baden-württembergischen Innenministers Thomas Strobl (CDU) um einen Deutschen mit Wohnsitz in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz).
Todesfahrer von Mannheim: Anhaltspunkte für psychische Erkrankung
Bei seiner Festnahme soll er sich mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen haben. Es gebe Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung des Tatverdächtigen, weshalb sich die Ermittler auf diesen Aspekt konzentrierten, teilte der zuständige Staatsanwalt in Mannheim mit.
Der Mann ist mehrfach vorbestraft. Einmal gehe es um eine Körperverletzung, für die er vor mehr als zehn Jahren eine kurze Freiheitsstrafe verbüßen musste. Außerdem habe es einen Fall von Trunkenheit im Verkehr gegeben. Bei der letzten Tat handle es sich um ein Hassrede-Delikt aus dem Jahr 2018: Damals sei der Mann für einen Facebook-Kommentar unter einem als rechtsextrem eingestuften Post zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Es gebe außer diesem einen Kommentar aber "keine weiteren Anhaltspunkte für eine Gesinnung".
Gedenken in Mannheim - Notfallseelsorge vor Ort
In einem ökumenischen Gottesdienst ist der Opfer gedacht worden. "Aufgeschreckt sind wir und zugleich wie versteinert", sagte die evangelische Dekanstellvertreterin Anne Ressel zu Beginn der Messe in der Konkordienkirche. "Das Leben der Stadt, die Freude über Fasching, sind binnen Minuten dem Entsetzen gewichen."

Nach dem tödlichen Anschlag am Marktplatz im vergangenen Jahr sei die Stadtgesellschaft ein zweites Mal von einer abscheulichen und unmenschlichen Tat erschüttert, sagte der Mannheimer Oberbürgermeister Christian Specht (CDU). Vor zwei Tagen habe man noch friedlich Fastnacht gefeiert. Nun gedenke man der Opfer und Angehörigen. Gleichzeitig dankte er allen Einsatzkräften und Helfenden. "Viele Menschen haben Erste Hilfe geleistet und kämpfen jetzt mit den Bildern, die sie vor Augen haben", sagte der Oberbürgermeister.
Die Notfallseelsorge bietet in der Innenstadt einen Anlaufpunkt für Gespräche an. Durchgehend seien zwei bis drei Seelsorger vor Ort und unterstützten Betroffene, das Erlebte zu verarbeiten, sagte Ulrich Nellen, evangelischer Koordinator der Notfallseelsorge Mannheim. Bislang hätten sich überwiegend Mitarbeitende aus den Innenstadt-Geschäften an die Seelsorger gewandt. Manche seien Augenzeugen der Tat geworden. Andere hätten verstörende Bilder von Verletzten im Kopf, sagte Nellen.
Zwei Tote, elf Verletzte in der Mannheimer Innenstadt
Der 40-Jährige Mann war am Montagmittag in der Mannheimer Innenstadt in eine Menschengruppe gefahren. Zwei Menschen starben - eine 83-jährige Frau und ein 54-jähriger Mann. Es wurden außerdem elf Menschen verletzt, fünf davon schwer, wie das baden-württembergische Innenministerium mitteilte. Alle Verletzten seien in Krankenhäuser gebracht worden.
Hinweise auf zweiten Täter bestätigten sich nicht
Hinweise auf einen zweiten Täter hätten sich nicht bestätigt. "Es besteht aktuell keine Gefahr für die Bevölkerung", erklärte die Polizei. Diese hatte am Montagmittag davor gewarnt, sich im Innenstadtbereich von Mannheim aufzuhalten.
Mutmaßlicher Tatort am Fasnachtsmarkt
Der Vorfall ereignete sich nach Polizeiangaben kurz nach 12 Uhr am zentralen Paradeplatz. Nach Augenzeugenberichten soll der Mann mit seinem Wagen vom Friedrichsring kommend in die Straße Planken gerast sein und auf Höhe des Paradeplatzes mehrere Passanten an- oder umgefahren haben. Auf den Planken und rund um den Wasserturm fand ein "Fasnachtsmarkt" mit Dutzenden Imbissbuden und Fahrgeschäften statt.
Taxifahrer verfolgte mutmaßlichen Amokfahrer
Offenbar beobachtete ein Taxifahrer den Vorfall am Mannheimer Paradeplatz und folgte dem davonrasenden Fahrzeug, das weiter die Planken hinunterfuhr. Nach einem missglückten Wendemanöver vor einer Auffahrt über eine Brücke, die über den Rhein nach Ludwigshafen führt, stellte sich der Taxifahrer dem Fahrer in den Weg, wie Jürgen Schwarz, Geschäftsführender Vorstand der Taxizentrale Mannheim, bestätigt. "Der Mann ist der Held des Tages", sagt Schwarz.
Der mutmaßliche Täter sei daraufhin aus dem Auto gestiegen, habe einen Schuss aus einer Schreckschusspistole abgegeben und sei Richtung Mannheimer Hafen gelaufen. Dort wurde er festgenommen. Beim Tatfahrzeug der mutmaßlichen Amokfahrt handelt es sich um einen Kleinwagen mit Ludwigshafener Kennzeichen.
Die Uniklinik Mannheim hatte nach eigenen Angaben alles für einen möglichen Massenunfall mit Verletzten vorbereitet. Im Klinikum sei sofort der Katastrophen- und Einsatzplan umgesetzt worden, mit dem die Versorgung von Verletzten vorbereitet wird. Es seien insgesamt acht Traumateams bereitgestellt worden, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder.
Umzüge in Mannheim und Umgebung wurden abgesagt
Die für Dienstag geplanten Umzüge in den Mannheimer Vororten Feudenheim, Neckarau und Sandhofen wurden abgesagt, wie die Stadt mitteilte. Zudem finde die Straßenfastnacht in der Innenstadt nicht statt, der "Fasnachtsmarkt" am Wasserturm habe nach dem Vorfall geschlossen.
Ebenfalls abgesagt wurden mehrere für Dienstag geplante Fastnachtsumzüge im Norden Baden-Württembergs. Betroffen sind etwa Heidelberg und die Stadt Schwetzingen im Rhein-Neckar-Kreis. In Weinheim an der Bergstraße (ebenfalls Rhein-Neckar-Kreis) fällt der sogenannte Marktplatzfasching aus.
Anschläge in den vergangenen Monaten
Das Geschehen weckt Erinnerungen an Anschläge der vergangenen Wochen und Monate in Deutschland. Erst am 31. Mai 2024 war es in Mannheim zu einem schweren islamistischen Anschlag gekommen. Bei dem Messerangriff hatte ein in Deutschland lebender Afghane einen Polizisten getötet und fünf weitere Personen schwer verletzt.
Im Dezember wurden in Magdeburg sechs Menschen getötet, als ein inzwischen 50 Jahre alter Arzt mit dem Auto über den Weihnachtsmarkt raste. Mitte Februar war ein Mann mit seinem Fahrzeug in eine Gruppe von Demonstranten in München gefahren. Dabei wurden eine junge Frau und ein Kind getötet.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP
- Polizei Mannheim
- Sprecher des Innenministeriums