Laut Innenministerium zogen Polizeibeamte in Nordrhein-Westfalen von Januar bis einschließlich Juni dieses Jahres 631 Mal eine Elektroschock-Pistole. Im ersten Halbjahr 2023 lag die Zahl der Taser-Einsätze noch bei 736.
Was gleich geblieben ist: Meistens reichte es aus, dass die Polizisten das sogenannte Distanzelektroimpulsgerät (DEIG) in die Hand nahmen und mit ihm drohten. Im ersten Halbjahr 2024 wurden die Geräte nur 136 Mal wirklich abgefeuert. Die Quote der "Androhung" lag laut Ministerium damit bei 78,4 Prozent. 2023 waren es in der gleichen Zeit 82,4 Prozent.
Taser sind politisch umstritten
Der Taser wurde in NRW 2021 als Einsatzmittel in ersten Polizeibehörden eingeführt. Doch die Geräte sind politisch umstritten – auch zwischen den Regierungsfraktionen von CDU und Grünen in NRW. Bei den Koalitionsverhandlungen einigte man sich darauf, die Taser bis 2024 erst einmal weiter zu testen.
In einem Papier des Innenministeriums für den Landtag hieß es Ende Mai, dass die "umfassende wissenschaftliche Prüfung" verschiedener Aspekte (darunter eine medizinische Einschätzung) nun doch erst für das Frühjahr 2025 erwartet werde.
Elektroschock-Pistole sorgt für schmerzhaften Stromimpuls
Taser werden aus kleinerer Entfernung abgefeuert, aus etwa zwei bis fünf Metern. Pfeile, die an einem Draht hängen, dringen in die Haut ein und geben einen schmerzhaften Stromimpuls ab. Für einige Sekunden ist die getroffene Person handlungsunfähig.
Offiziell gelten Taser als "nicht tödliche Waffen", aber für Ältere, Schwangere oder Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten sie als gefährlich. So kam es immer wieder zur Einsätzen mit Todesfolge. Vor allem in den USA, wo die Elektroschocker seit Jahren von der Polizei eingesetzt werden. Aber auch in Deutschland und NRW gab es mehrere Fälle.
Prozess nach Tod von Mouhamed Dramé
Großes Aufsehen erregte der Tod von Mouhamed Dramé im August 2022 in Dortmund. Der damals 16-Jährige habe in einer Jugendeinrichtung ein Messer auf sich selbst gerichtet. Daraufhin habe eine Polizistin zunächst versucht, den Jugendlichen mit Pfefferspray zu entwaffnen. Als er sich dann auf die Polizisten zubewegte, versuchten sie, ihn mit einem Taser zu stoppen, bevor die tödlichen Schüsse aus einer Maschinenpistole fielen.
Am Landgericht Dortmund läuft aktuell ein Verfahren gegen fünf Polizistinnen und Polizisten, die an dem Einsatz beteiligt waren. Die Staatsanwaltschaft kritisiert mit ihrer Anklage das gesamte Vorgehen der Polizei als unverhältnismäßig.
Weitere Taser-Einsätze in NRW mit Todesfolge
Im November 2023 starb ein Mann, der in einem Bordell in Köln randaliert haben soll. Die Polizisten hätten versucht, ihn mit einem Taser ruhig zu stellen. Weil der Mann aber weiter randaliert haben soll, habe ihm ein Notarzt ein Medikament verabreicht. Daraufhin kollabierte der Mann und starb später im Krankenhaus.
Im Januar dieses Jahres starb ein Mann in einer Flüchtlingsunterkunft in Mülheim. Die Beamten hatten gegen den randalierenden Mann einen Elektroschocker eingesetzt. Im Rettungswagen sei es dann zum Herzstillstand und schließlich zum Tod des Mannes gekommen.
Er habe unter einer Lungenkrankheit gelitten und eine auffällige Verdickung eines Herzmuskels aufgewiesen, hieß es in einem Bericht an den Landtag. Zudem habe er einer toxikologischen Blut-Analyse zufolge unter Kokain-Einfluss gestanden.
Polizei trainiert Umgang mit Menschen in psychischen Krisen
Das Landesamt für Ausbildung der Polizei in NRW (LAFP) hat nach dem Einsatz 2022 in Dortmund reagiert und ein neues Einsatztraining mit Fokus auf den Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen entworfen. Die Beamten sollen versuchen, solche Situationen so lange wie möglich statisch, also ruhig, zu halten. Seit diesem Jahr trainieren 18.000 Polizistinnen und Polizisten in NRW häufiger schwierige Einsatz-Situationen.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- WDR-Reporter
- Innenministerium NRW