Tarifeinigung Bahn: Stufenweise Absenkung der Arbeitszeit
Aktuelle Stunde . 26.03.2024. 42:30 Min.. UT. Verfügbar bis 26.03.2026. WDR. Von Sebastian Galle.
Keine weiteren Streiks: Bahn und GDL einigen sich auf 35-Stunden-Woche bis 2029
Stand: 26.03.2024, 15:18 Uhr
Die GDL und die Deutsche Bahn haben ihren monatelangen Tarifstreit beendet. Damit sind weitere Streiks vom Tisch.
Nach mehr als vier Monaten können Bahnreisende nun endlich aufatmen: Die Lokführergewerkschaft GDL teilte am Montagabend mit, sie habe sich mit der Deutschen Bahn in dem seit Monaten andauernden Tarifkonflikt geeinigt. Kurz darauf bestätigte auch ein Sprecher der Deutschen Bahn eine Einigung.
35-Stunden-Woche bis 2029 vereinbart
Am Dienstagvormittag wurden Einzelheiten der Tarifeinigung bekannt. Demnach können Mitarbeiter ihre Arbeitszeit bis 2029 jährlich bei vollem Lohnausgleich reduzieren. Anfang 2026 werde die Arbeitszeit automatisch auf 37 Stunden gesenkt. Wer aber weiter 40 Stunden arbeiten möchte, könne dies für rund 2,7 Prozent mehr Lohn tun.
In den Folgejahren erfolgen den Informationen zufolge die Absenkungen - ab 2027 auf 36, ab 2028 auf 35,5 und ab 2029 auf 35 Stunden - nicht mehr automatisch, sondern nur auf Antrag der Arbeitnehmer. Außerdem haben sich die Parteien demnach rückwirkend zum 1. November 2023 auf eine Gehaltserhöhung von 420 Euro pro Monat geeinigt. Zuerst hatte das Nachrichtenmagazin "Politico" berichtet.
GDL-Chef spricht von "Erfolg, fast auf der ganzen Linie"
Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, feierte am Dienstag das Verhandlungsergebnis. "Wir haben keinen Misserfolg, sondern einen Erfolg, fast auf der ganzen Linie", sagte er. Nur in einem Punkt habe die Gewerkschaft sich nicht durchsetzen können: Die GDL wird auch künftig keine Tarifverträge für die Beschäftigten in der Infrastruktur abschließen. Weselsky räumte ein, dass sich in diesem Bereich zu wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Arbeitskämpfen beteiligt hätten, um eine solche Ausweitung zu rechtfertigen.
Bahn hofft auf freiwillige Mehrarbeit
Trotz der Einigung auf eine 35-Stunden-Woche hofft die Bahn darauf, dass nicht allzu viele Mitarbeiter diese Option ziehen. "Ich bin überzeugt davon, dass viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch durchaus mehr arbeiten wollen - zumindest sind das die Signale, die wir erhalten", sagte Bahn-Vorstand Seiler in Berlin.
"Beide Seiten mussten Federn lassen"
Carsten Schabosky, WDR-Wirtschaftsredaktion
WDR-Wirtschaftsredakteur Carsten Schabosky spricht von einem Kompromiss, bei dem "beide Seiten Federn lassen" mussten. Die Bahn habe sich auf eine 35-Stunden-Woche eingelassen, für die GDL komme diese allerdings später als gewünscht. Und: In dem neuen Tarifvertrag soll zum Beispiel eine zweimonatige Friedenspflicht stehen. "Beim Start der nächsten Tarifverhandlung wollen sich die Bahn und die GDL direkt darauf einigen, wie verhindert werden kann, dass Deutschland bahntechnisch wieder stillsteht", so Schabosky.
Für Schabosky passt der Abschluss in unsere Zeit, in der gerade jüngere Menschen in Studien angegeben hätten, ihnen sei Freizeit viel wichtiger als Geld. Es gebe insgesamt viel Lob für die Einigung - beispielsweise vom Fahrgastverband Pro Bahn, aber auch aus der Wirtschaft. Von einem "Modell der Zukunft" ist dort die Rede. Und trotzdem - so Schaboskys Einschätzung: "Die Diskussion um eine mögliche Änderung des Streikrechts in Deutschland dürfte damit nicht vom Tisch sein."