Nationalpark: Ja oder Nein Westpol 09.06.2024 29:44 Min. DGS Verfügbar bis 09.06.2029 WDR

Zweiter Nationalpark für NRW – Will die CDU ihn wirklich?

Stand: 07.06.2024, 16:44 Uhr

In der Landesregierung mit den Grünen befürwortet die CDU einen zweiten Nationalpark in NRW – vor Ort stemmt sie sich in allen Regionen vehement dagegen. Bis zum 12. Juni läuft nun ein Bürgerbegehren für einen Nationalpark Egge. Es geht heftig zur Sache.

Von Beate Becker

Landwirt Antonius Tillmann ist gegen einen Nationalpark. Der Landwirt aus Warburg-Bonenburg hält Milchvieh und Schweine – und besitzt Felder, die direkt an den Nationalpark Egge angrenzen würden. Tillmann befürchtet, dass im Nationalpark weniger Wildtiere gejagt und Wildscheine in seinen Feldern große Schäden verursachen würden. Einen Jagdpächter für die Felder würde er dann kaum mehr finden, erwartet der Bauer.

Die Stimmung unter den Landwirten im Kreis sei klar gegen einen Nationalpark. "Die Landwirte wollen nicht noch mehr Einschränkungen", sagt er. Es sei, wie es immer so ist: "Erst wird gesagt, das hat überhaupt keine Auswirkungen. Aber am Ende des Tages kommen dann doch irgendwelche Einschränkungen." Die Stimmung sei "rundweg einfach contra", so Tillmann.

Die CDU an ihrer Seite

Die Holzbranche ist ebenso gegen den Nationalpark, sie fürchten um Arbeitsplätze, wenn es kein Holz mehr aus der Egge gibt. Auch die Jäger lehnen einen Nationalpark ab, in dem Jagd nur noch eingeschränkter möglich wäre. Sie wissen die CDU an ihrer Seite. Gastronomie und Hotelgewerbe dagegen würden einen Nationalpark sehr begrüßen, der mehr Touristen in die Region locken würde.

Auch wenn die Regierungspartei in Düsseldorf im Koalitionsvertrag mit den Grünen im Sommer 2022 einen zweiten Nationalpark vereinbart hatte, zeigt sich vor Ort ein anderes Bild. In den Kreistagen der sechs Regionen, die als Kandidaten gelten, wird die Bewerbung abgelehnt, meist durch eine CDU-dominierte Mehrheit.

Als derzeit einziger aussichtsreicher Kandidat gilt die Egge. Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden der Kreise Paderborn und Höxter derzeit per Briefwahl, ob in ihrer Region einen Nationalpark entstehen soll. Auch hier hatte der Kreistag in Höxter bereits dagegen entschieden, und der Landrat des Kreises Höxter Michael Stickeln, CDU, rät den Bürgern, mit Nein zu stimmen.

Kritik der Umweltverbände

Umweltverbände werfen der CDU eine populistische Anti-Nationalparkkampagne vor, in der mit Ängsten und Falschinformationen operiert werde. Etwa würde behauptet, tausende Arbeitsplätze seien in Gefahr und das Betreten großer Teile der Egge werde verboten.

Hans Jürgen Wessels vom Förderverein Nationalpark Senne-Eggegebirge e.V. vor einem Protest-Plakat | Bildquelle: WDR

Auf einem Plakat heißt es: "Nehmt uns nicht unsere letzten Freiheiten." Hans Jürgen Wessels vom Förderverein Nationalpark Senne-Eggegebirge e.V. sagt, er sei zunächst "fassungslos" gewesen über die Plakataktion.

Jetzt könne er darüber lächeln. "Das ist ganz einfach drüber", meint er. Die Plakataktion werde einen gegenteiligen Effekt auslösen. "Das führt dazu, dass man sagt: Also das geht jetzt gar nicht. Und das mobilisiert, dass man entweder nicht gegen den Nationalpark oder eben Pro Nationalpark abstimmt."

In der CDU-Fraktion des Landtags sieht man keinen Widerspruch zwischen Koalitionsvertrag und dem Agieren der eigenen Leute vor Ort.
Es sei von Anfang an ein Beteiligungsverfahren vereinbart worden, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bianca Winkelmann.

"Wir sitzen hier in Düsseldorf im Landtag nicht und sagen unseren Kommunalen vor Ort, wie sie reagieren und wie sie sich entscheiden sollen. Wenn eine Region entscheidet, dass sie ihre Region nicht für geeignet halten, dann akzeptieren wir das natürlich auch. Das gehört ja zu einem demokratischen Prozess dazu."

Ein Stückweit nicht ehrlich

Vor Ort allerdings verwirrt diese Strategie auch eigene Anhänger. Landwirt Antonius Tillmann findet es "merkwürdig", dass die CDU auf der einen Seite sage, sie wolle den Nationalpark, "obwohl man weiß, im ländlichen Raum wird das abgelehnt. Warum schreiben die denn so was in den Koalitionsvertrag, wenn es vor Ort nicht gewollt ist?

Wahrscheinlich erst einmal, weil sie gedacht haben, es kommt vielleicht sowieso nicht oder gucken wir mal, ob wir es nicht im laufenden Verfahren kaputtmachen können. Auch ein Stück weit ist es nicht ehrlich."

Bis zum 12. Juni läuft der Bürgerentscheid in den Kreisen Höxter und Paderborn noch, am 18.6. sollen die Ergebnisse spätestens vorliegen. Im Kreis Kleve läuft derzeit ein Bürgerbegehren, ob der Kreis den Reichswald als Nationalparkkandidat vorschlagen soll. Das hat er bereits einmal abgelehnt. Ist das Begehren erfolgreich, kann ein Bürgerentscheid wie in den Kreisen Höxter und Paderborn folgen.

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