Razzien gegen Mietwucher: Wohnungen von Arbeitsmigranten kontrolliert

Stand: 26.10.2022, 10:35 Uhr

Die Unterbringung von Arbeitern in der Fleischindustrie steht seit Längerem in der Kritik. Zu Beginn der Woche wurden 42 Wohnungen im Kreis Borken von den Behörden kontrolliert und Mängel festgestellt.

Von Torsten ReschkeTorsten Reschke

Die Bewohner der Herbertstraße in Gronau staunten nicht schlecht, als am frühen Montagabend Dutzende Beamte des Ordnungsamtes und der Polizei unangekündigt vorfuhren. Ihr Ziel: die Wohnungen der überwiegend aus Bulgarien und Rumänien stammenden Leiharbeiter.

"Uns geht es um Informationen. Wir wollen wissen, wie die Menschen hier wohnen und dass die anständig hier wohnen", sagt die für den Kreis Borken zuständige Ordnungsdezernentin Elisabeth Schwenzow über die Aktion, die auch am Dienstag fortgesetzt wurde.

Während Corona völlig überbelegt

Dutzende städtische Mitarbeiter von Bauaufsicht und Ordnungsamt ließen sich Mietverträge zeigen und machten sich ein Bild von der Wohnsituation. Seit Corona sind die Unterkünfte der Leiharbeiter in den Fokus geraten, denn erst damals war öffentlich geworden, dass sie teilweise völlig überbelegt waren. Seitdem habe sich das durch die Kontrollen der Behörden gebessert, berichtet die Ordnungsdezernentin.

350 Euro für ein Bett

Auch niederländische Kontrolleure beteiligten sich an der Aktion. Denn die meisten der in Gronau lebenden Leiharbeiter sind auf Schlachthöfen in Enschede beschäftigt. Da laut niederländischer Gesetzgebung nur ein ganz bestimmter Prozentsatz des Gehalts für die Miete verlangt werden darf, werden viele dieser Arbeiter in Deutschland untergebracht. Hier kostet ein Bett nicht selten 350 Euro im Monat und wird direkt vom Lohn abgezogen. Auch das ist in den Niederlanden nicht erlaubt. Arbeitgeber dürfen dort nicht gleichzeitig als Vermieter auftreten.

Scharrenbach hört keine Klagen

An Biertischen kontrollierten Mitarbeiter der niederländischen Arbeitsschutzbehörden in eilig unter Scheinwerferlicht errichteten Zelten Arbeitsverträge und Lohnabrechnungen. In den Wohnungen selbst begutachtete NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) die Situation. Klagen hörte die Besucherin kaum von den Bewohnern.

Trotzdem wolle sie weiterhin hart gegen Vermieter vorgehen, die Leiharbeiter über die Mieten ausbeuten. Sie sollten "raus aus Nordrhein-Westfalen und am besten raus aus der EU". Mit Hilfe der Bauordnungs- und Wohnungsaufsicht wolle sie den Druck auf skrupellose Geschäftemacher aufrecht erhalten. Sie sei aber auch für schärfere Gesetze zu haben, weil "ich das nicht dulde in Nordrhein-Westfalen".

Ordnungsdezernentin Schwenzow sieht als Hauptproblem, dass die Personalservice-Agenturen die Grenze zu den Niederlanden missbrauchten und die unterschiedliche Gesetzgebung in den Niederlanden und NRW für sich ausnutzten. Es brauche deshalb nicht unbedingt schärfere Gesetze, sondern ein abgestimmtes Vorgehen der deutschen und der niederländischen Behörden. Genau deshalb solle es weiterhin Kontrollaktionen wie am Montag und Dienstag im Münsterland geben.

Abgeschottet und bedroht

In einer ersten Bilanz spricht das NRW-Bauministerium am Mittwoch von 30 festgestellten Brandschutzmängeln. Die Kontrolleure hätten zudem Schimmel und fehlende Stromversorgung entdeckt. Außerdem hätten die Unternehmen von den Bewohnern teils zu hohe Mieten verlangt, sie abgeschottet und bedroht. Die Rede ist von Matratzenmieten zwischen 300 und 400 Euro. Dort wo es einen Anfangsverdacht von Mietwucher und Straftaten gibt sollen Verfahren eingeleitet werden.

Landesweit war das laut Bauministerium die dritte Kontrolle dieser Art. Die festgestellen Mängel seien mittlerweile nicht mehr so eklatant wie zuvor.