Kommentar: Laschets defekter Fettnäpfchen-Detektor

Stand: 19.06.2020, 16:32 Uhr

Armin Laschets missverständliche Äußerungen über Fleischer aus Bulgarien und Rumänien haben sogar international für Irrtationen gesorgt. Was ist los mit dem Ministerpräsidenten, der mal Integrationsminister war? Ein Kommentar.

Von Wolfgang Otto

Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn die Aussagen eines Regierungs-Chefs anschließend von seinen Ministern interpretiert und zurecht gerückt werden müssen. Gesundheitsminister Laumann und Integrationsminister Stamp fühlten sich dazu genötigt.

Laschet habe nur sagen wollen: Die Lockerungen in Deutschland sind nicht Schuld am Ausbruch des Corona-Virus in der Tönnies-Fleischfabrik. Das Problem liege vielmehr bei den speziellen Arbeits- und Wohnverhältnissen der Tönnies-Mitarbeiter. Das hatte Ministerpräsident Armin Laschet so ähnlich auch gesagt.

Ungelenker Halbsatz

Nur leider sagte er noch mehr. Und zwar: Der Corona-Ausbruch in Rheda-Wiedenbrück habe nichts mit Lockerungen zu tun, „weil Rumänen und Bulgaren da eingereist sind und da der Virus herkommt“. Die bulgarische Regierung hat diesen ungelenken Halbsatz so verstanden, wie er verstanden werden musste: Als Schuldzuweisung. Nicht vielen Ministerpräsidenten ist es gelungen, einen diplomatische Eklat zu produzieren. Laschet schon.

Sein verrutschter Satz war inakzeptabel und unbegründet. Unbegründet, weil die Corona-Pandemie in Bulgarien und Rumänien kein größeres Problem ist als in Deutschland. Und inakzeptabel war der Satz, weil er die Schuld für die Virus-Ausbreitung den Infizierten zuweist und nicht den Verhältnissen, unter denen sie hier in Deutschland leben und arbeiten. Das ist noch keine rassistische Äußerung, aber stigmatisierend ist sie allemal.

Dürftige Zustimmungswerte

Dabei hat Laschet das alles so nie gemeint. Das sagt Laschet auch selbst. Und das kann man ihm wirklich glauben. Doch genau das ist das Problem: Laschet sagt in letzter Zeit zu viele missverständliche Sätze, die ihm hinterher leid tun. Mal keilt er bei Anne Will gegen die Kommunen aus, die Schutzausrüstung angeblich nicht richtig verteilen, mal gegen Virologen, die - seiner Ansicht nach - ständig ihre Empfehlungen änderten.

Offenbar haben Laschets Lockerungs-Attacken beim Publikum vor allem eines ausgelöst: Irritation. Seine persönlichen Zustimmungswerte bei der Wählerschaft dümpeln jedenfalls wieder bei 46 Prozent. Zwischenzeitlich lag er mal bei 65 Prozent, aber das war noch in der Zeit als es um das schnelle Runterfahren in der Corona-Krise ging. Da wirkte Laschet noch klar und entschlossen.

Plauder-Pannen

Danach scheint dem Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens der Fettnäpfchen-Detektor kaputt gegangen zu sein. Und das ist für einen Spitzenpolitiker nicht gut – erst recht nicht in diesen unsicheren Corona-Zeiten. Da müssen politische Führer einfach und verständlich reden, statt Plauder-Pannen zu produzieren.

Laschet sollte seine Worte künftig besser wählen, souveräner agieren und weniger hektisch kommunizieren. So wie Merkel. Oder so wie Söder. Sonst wird es nichts mit dem CDU-Parteivorsitz oder gar der Kanzlerschaft. Und nicht mal mehr mit einer erfolgreichen Amtszeit als NRW-Ministerpräsident.

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