Bei einer Demonstration gegen die Corona-Einschränkungen trägt ein Teilnehmer eine Armbinde mit einem gelben Stern, der an einen Judenstern erinnern soll, mit der Aufschrift "Ungeimpft".

Antisemitismusbeauftragte: Keine Entwarnung beim Thema Judenfeindlichkeit

Stand: 12.05.2023, 05:55 Uhr

Antisemitismus bleibt ein Problem und nimmt neue Formen an. Das ist das Ergebnis des Jahresberichts der Antisemitismusbeauftragten des Landes NRW

Von Moritz Börner

331 judenfeindliche Straftaten haben die Behörden im vergangenen Jahr NRW-weit dokumentiert, rund einhundert weniger als im Vorjahr. Das hört sich nach einer guten Entwicklung an, doch für die Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gibt es keinen Grund zur Entwarnung. Im Gegenteil: Antisemitische Einstellungen seien in der Bevölkerung weit verbreitet und würden auch gezielt für Stimmungsmache eingesetzt.

Neue Formen des Antisemitismus

Ein Beispiel dafür sei die Bewegung der Impfgegner, die während der Corona - Pandemie großen Zulauf hatte. "Wir haben Antisemitismus zum Beispiel während Corona in ganz anderer Form erlebt," sagte Leutheusser Schnarrenberger, "wo sich die Impfgegner dann mit einem Judenstern, auf dem ungeimpft stand, geschmückt haben und damit ja auch eine Verharmlosung zum Ausdruck gebracht haben." Vor wenigen Jahren, so die Antisemitismusbeauftragte, sei das undenkbar gewesen. 

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Zu einer großen Verunsicherung in der jüdischen Gemeinde habe außerdem die Diskussion um antisemitische Kunstwerke auf der Kunstausstellung Documenta in Kassel geführt. Aber auch Veranstaltungen wie die Konzerte des ehemaligen Pink Floyd Musikers Roger Waters, der wiederholt antisemitische Klischees verbreitet hat, machen in Deutschland lebenden Juden sorgen, so Leutheusser Schnarrenberger, "die Zivilgesellschaft ist hier gefordert, Haltung zu zeigen.

Die meisten Straftaten werden weiterhin von Rechtsextremisten begangen

Im vergangenen Jahr wurden 21 antisemitische Gewalttaten gezählt, dazu zählen zum Beispiel Schüsse auf die alte Synagoge in Essen oder Angriffe auf jüdische Mitbürger, denen die Kippa vom Kopf gerissen wurde. Der allergrößte Teil der antisemitischen Straftaten wird weiterhin von Rechtsextremisten begangen. 

Antisemitismus auch unter Zuwanderern verbreitet

Daneben wird aber auch eine Zunahme von judenfeindlichen Einstellungen bei Einwanderern aus dem arabischen Raum beobachtet. Da geht es zum Beispiel um Beleidigungen jüdischer Mitbürger, oder jüdischer Schüler an den Schulen. Hier handelt es sich oft um strafrechtlich nicht relevante Äußerungen, sodass nicht genau dokumentiert ist, wie häufig solche Fälle vorkommen. Fest steht aber, dass es besonders häufig dann zu Übergriffen und Beleidigungen gegen Juden kommt, wenn es wie zuletzt in Israel und den palästinensischen Gebieten zu Konfrontationen kommt. 

Antisemitismus - Aufklärung als Unterrichtsinhalt

Die Antisemitismusbeauftragte Leutheusser - Schnarrenberger fordert, Antisemitismus in Zukunft als festen Bestandteil in die Lehrerausbildung für alle Schulformen aufzunehmen. "Dass also jeder Lehrer, jede Lehrerin das Rüstzeug mitbekommt, im konkreten Schulalltag auf Anlässe einzugehen". Das Entstehen von antisemitischen Denkmustern soll also durch entsprechende Unterrichtsinhalte schon im Schulalter vermieden werden.