Die Ampel in Klausur: Was bringt's?

Aktuelle Stunde 29.08.2023 39:37 Min. UT Verfügbar bis 29.08.2025 WDR Von Jan Hofer

Kindergrundsicherung - Kritik am Kompromiss der Ampel

Stand: 29.08.2023, 19:00 Uhr

Einfacher und besser soll die neue Kindergrundsicherung sein, die Bundesregierung spricht sogar von einem "Neustart der Familienförderung" - aber da gehen viele nicht mit. Zu wenig Geld, zu kompliziert und zu teure Verwaltungsstrukturen sind einige der großen Kritikpunkte.

Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 Leistungen bündeln - auch das Kindergeld - und die Beantragung so für die Familien deutlich vereinfachen, so geht das Versprechen der Ampel. "Das klingt vernünftig, nur ist es ja nicht so", sagt Reinhard Sager (CDU), der Präsident des Deutschen Landkreistages, im WDR. Viele Leistungen würden dennoch bei den Landkreisen oder Jobcentern bleiben, wie bspw. Zuschüsse für Nachhilfe oder Klassenausflüge.

500 Millionen nur für die Verwaltung?

Präsident des Deutschen Landkreistages:  Präsident des Deutschen Landkreistages

Reinhard Sager (CDU)

Er kritisert außerdem deutlich die Zuständigkeit bei den Familienkassen für die gebündelten Leistungen. Alleine 500 Millionen Euro werden dafür draufgehen, neue Standorte und Strukturen bei der Familienkasse aufzubauen, so Sager – bei insgesamt 2,4 Milliarden Euro, die für das Projekt vorgesehen sind.

"Die Familienkassen sind dafür überhaupt gar nicht gerüstet, während es die Jobcenter in Deutschland über tausend Mal gibt. Und die Jobcenter auch mit den Familien Kontakt haben, die Familienkassen nicht", so Sager weiter. "Man hätte einfacher das Bürgergeld für die betroffenen Familien anheben können."

Kindergrundsicherung: "Familienkassen nicht gerüstet"

WDR 5 Morgenecho - Interview 29.08.2023 07:36 Min. Verfügbar bis 28.08.2024 WDR 5


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Aussagen "respektlos" gegenüber Familien

Grundsätzliche Kritik kommt auch von denen, die mit Familien und Kindern arbeiten: den Sozialverbänden. "Das ist keine Kindergrundsicherung", sagt beispielsweise die Präsidentin des Kinderschutzbundes Sabine Andresen. Der Diakonie und auch dem Kinderhilfswerk fehlt außerdem die angekündigte Überprüfung des kindlichen Existenzminimums.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte darauf bestanden, dass eine Leistungssteigerung - also mehr Geld - nicht sinnvoll sei. Stattdessen sollen die Eltern in Arbeit gebracht werden. "Das ist einfach respektlos diesen Menschen gegenüber", sagt Heinz Hilgers, ehemaliger SPD-Politiker und Ehrenpräsident des Kinderschutzbundes.

Heinz Hilgers

Heinz Hilgers

Die Mehrheit der Eltern der betroffenen Kinder arbeite, sei aber dennoch auf Leistungen angewiesen, sagte er am Montagabend bei der Sendung "hart aber fair". Die würden aufstehen und arbeiten, obwohl sie wirtschaftlich nichts davon haben, so Hilgers.

"Es braucht mehr Geld. Mit dem Geld was jetzt gezahlt wird, geht's nicht." Heinz Hilgers, Ehemaliger Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes

"Faktischer Wahlbetrug"

Auch aus der Opposition im Bundestag gab es Kritik. "Diese Einigung mag gut sein für die Familienministerin, für Millionen Familien ist sie ein Schlag ins Gesicht", findet Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch - es sei "faktischer Wahlbetrug".

Auch Silvia Breher von der CDU-Fraktion sprach von einer "Mogelpackung". Es bleibe unklar, wie die Lage der Kinder sich tatsächlich verbessern würde.

Unsere Quellen:

  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFPD
  • Interview mit Reinhard Sager im WDR 5-Morgenecho am 29.8.2023
  • "Hart aber fair"-Sendung vom 28.8.2023

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