Zwar bleibt der eigentliche Krankenkassenbeitrag mit 14,6 Prozent des Einkommens unverändert. Dafür soll sich aber der sogenannte Zusatzbeitrag, den alle Kassen nach eigenem Ermessen erheben, zum 1. Januar 2025 deutlich steigern: Um durchschnittlich 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent. Das hat der sogenannte GKV-Schätzerkreis am Mittwoch errechnet.
Der Schätzerkreis besteht aus Experten des Gesundheitsministeriums, des Bundesamts für Soziale Sicherung und des GKV-Spitzenverbands - der zentralen Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Auf Grundlage seiner Prognose legt der Bundesgesundheitsminister bis zum 1. November die durchschnittliche Erhöhung des Zusatzbeitrags fest. Die konkrete Höhe wird dann bis Jahresende von jeder Krankenkasse selbst bestimmt.
Wie hoch ist der Zusatzbeitrag künftig?
Aktuell liegt der Zusatzbeitrag bei rund 1,7 Prozent. Da die einzelnen Krankenkassen die genaue Höhe selber festlegen, liegt die Spanne dabei derzeit zwischen 0,90 und 3,28 Prozent des jeweiligen Bruttolohns. Die niedrigsten Sätze bieten einige Betriebskrankenkassen, den höchsten erhebt die Kaufmännische Krankenkasse KKH. Auch die jetzt geplante Erhöhung werden die Kassen einzeln selber bestimmen. Bis 31. Dezember 2024 müssen Versicherte über die Anpassung informiert sein.
Steigt der Zusatzbeitrag künftig um durchschnittlich 0,8 Prozent, wären das bei einem Bruttogehalt von 3.500 Euro monatlich 28 Euro mehr.
Was können Versicherte dagegen tun?
Gegen die Erhöhung können Versicherte nichts tun. Allerdings besteht bei einer Beitragserhöhung grundsätzlich ein Sonderkündigungsrecht - auch, wenn man noch keine zwölf Monate Mitglied der Krankenkasse ist. Das Sonderkündigungsrecht gilt bis zum Endes des Monats, in dem der Zusatzbeitrag erhöht wird. Wird die Krankenkasse also zum 1. Januar 2025 teurer, können Versicherte bis zum 31. Januar kündigen.
Unabhängig vom Sonderkündigungsrecht können Mitglieder ihre Kasse immer wechseln, sofern sie dort länger als zwölf Monate versichert sind. Zur Auswahl stehen in Deutschland fast 100 gesetzlichen Krankenkassen.
Für einen Wechsel der Krankenkasse muss man sich lediglich bei einer anderen Kasse anmelden. Die übernimmt dann alle Kündigungs- und Wechselmodalitäten.
Ist ein Krankenkassen-Wechsel überhaupt sinnvoll?
Das kommt drauf an. In jedem Fall sollte man einige Aspekte abwägen. Denn nicht jede Kasse, die einen günstigeren Mitgliedsbeitrag bietet, hat auch die selben Leistungen im Angebot wie eine teurere.
95 Prozent der Leistungen sind zwar gesetzlich festgelegt - aber die übrigen fünf Prozent können individuell entscheidend sein: So zahlt eine Kasse zum Beispiel Zuschüsse zur Zahnreinigung oder Reiseimpfungen, eine andere nicht. Die aber übernimmt möglicherweise Zuschüsse bei Osteopathie-Behandlungen. "Warten Sie erstmal, ob und wie Ihre Kasse die Preise erhöht, bevor Sie sich eine andere suchen", rät Wirtschaftsjournalist Hermann-Josef Tenhagen im Gespräch mit dem WDR. Dann lohne es sich, das Angebot der Krankenkassen im Detail zu vergleichen.
Wie kann man die Kosten kontrollieren?
Was viele gar nicht wissen: Um den eigenen Krankenkassenbeitrag ein wenig zu senken, gibt es bei vielen Kassen die Möglichkeit, Leistungen abzuwählen. So können Versicherte der Techniker Krankenkasse beispielsweise bis zu fünf Leistungspakete abwählen - darunter Zahlungen bei Schwangerschaft und künstlicher Befruchtung, häusliche Krankenpflege, Homöopathie oder professionelle Zahnreinigung. Pro abgewählter Leistung zahlt die TK jährlich 18 Euro aus.
Die AOK zahlt Versicherten im Rheinland einen Bonus plus Prämie, wenn diese ein Jahr lang weder ein Medikamentenrezept noch einen stationären Krankenhausaufenthalt verbuchen. Wer es dabei auf drei Jahre bringt, bekommt bis zu 530 Euro ausgezahlt. Über Details informieren die einzelnen Krankenkassen meist unter dem Stichwort "Wahltarif". Die Verbraucherzentrale hat dazu eine ausführliche Info-Broschüre.
Warum kommt die Beitragserhöhung jetzt?
Grund für die beschlossene Erhöhung ist nach Angaben des Schätzerkreises, dass die laufenden Kosten der Krankenkassen von den Einnahmen nicht mehr gedeckt seien: Für das laufende Jahr würden Einnahmen des Gesundheitsfonds von 284,2 Milliarden Euro erwartet. Dem stünden aber Ausgaben der Krankenkassen von 319,7 Milliarden Euro gegenüber. Für das kommende Jahr sei mit Einnahmen in Höhe von 294,7 Milliarden Euro zu rechnen - bei Ausgaben von 341,4 Milliarden Euro.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nannte als Grund am Mittwoch die Inflation und höhere Löhne. Das deutsche Gesundheitswesen sei außerdem "das teuerste in Europa, weil es in vielen Bereichen nicht effizient ist". Besonders die Krankenhäuser verursachten hohen Kosten, das sei "eine wesentliche Ursache für die steigenden Krankenkassenbeiträge".
Die Ausgaben im Gesundheitswesen seien zu hoch, sagte Heinz Rothgang, Professor für Gesundheitsökonomie an der Universität Bremen, dem WDR. Eigentlich müsse jeder Bereich überprüft werden: Arzneimittel, Krankenhausbereich, ärztliche Versorgung, Prävention. "Da sind schon noch Möglichkeiten, um Gesundheitskosten zu verringern", meint Rothgang.
Hinzu kommt, dass die Kosten für die Gesundheitsversorgung immer weiter steigen, denn tendenziell gibt es immer mehr Rentnerinnen und Rentner und weniger Arbeitnehmer, die Beiträge einzahlen. Nach Angaben des GKV-Spitzenverbands stehen den meisten Krankenkassen keine Reserven mehr zur Verfügung, um Beitragssteigerungen im nächsten Jahr zu vermeiden oder abzumildern.
2022 hatte der Bund die Krankenversicherungen mit 28 Milliarden Euro unterstützt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) kürzte den Zuschuss 2023 aber drastisch, um den Bundeshaushalt zu stabilisieren.
Quellen:
- WDR-Interview mit Hermann-Josef Tenhagen
- WDR-Interview mit Heinz Rothgang
- Nachrichtenagentur AFP
- Nachrichtenagentur EPD
- GKV
- Techniker Krankenkasse
- AOK
- Verbraucherzentrale