Was Sie über die Stichwahl am Sonntag wissen müssen

Stand: 27.09.2020, 06:58 Uhr

Die Kommunalwahlen gehen in die Verlängerung: Bei den Stichwahlen am 27. September werden in NRW 128 kommunale Spitzenposten für (Ober-)Bürgermeister und Landrätinnen vergeben.

Am Sonntag wird in Nordrhein-Westfalen noch einmal gewählt. Beim zweiten NRW-Wahlsonntag in diesem Monat entscheiden die Wahlberechtigten, wer in 117 Städten Bürgermeister oder Oberbürgermeisterin sowie in elf Kreisen Landrat wird. In all diesen Kommunen hatte bei den Kommunalwahlen am 13. September kein Bewerber die notwendige 50-Prozent-Marke erreicht.

Wo finden Stichwahlen statt?

In 15 kreisfreien Städten gibt es Zweikämpfe um die Oberbürgermeister-Posten, in elf Kreisen um die Landratsämter. Zudem geht es in 102 kreisangehörigen Städten und Gemeinden um das Amt des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin. Eine Übersicht aller Stichwahl-Städte finden Sie hier.

In allen anderen Kommunen war die Entscheidung bereits am 13. September gefallen, da dort ein Kandidat oder eine Kandidatin die im ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit holte. Bei den Stichwahlen gewinnt, wer von beiden am Ende die meisten Stimmen bekommt.

Wie läuft der Wahlsonntag ab?

Wie üblich öffnen die Wahllokale um 8 Uhr. Bei der Stichwahl stehen auf dem jeweiligen Wahlzettel nur zwei Kandidaten - nämlich die beiden Bewerber aus der ersten Wahlrunde mit den meisten Stimmen. Es gelten wieder die besonderen Corona-Hygieneregeln.

Was ist bei der Briefwahl zu beachten?

Wer bereits am 13. September per Briefwahl bei der Kommunalwahl abgestimmt hat, sollte in den meisten Kommunen für die Stichwahl automatisch die Briefwahlunterlagen zugesandt bekommen. Briefwahlunterlagen konnten bis 18.00 Uhr am Freitag (25. September) vor dem Wahltag und in besonderen Fällen auch noch am Wahltag bei der zuständigen Gemeindebehörde bis 15 Uhr beantragt werden.

Wer auch einen Tag vor der Wahl keine Unterlagen bekommen hat, kann sich erkundigen, ob sein Wahlamt an dem Tag noch besetzt ist. Laut NRW-Innenministerium gibt es in einigen Städten auch am Samstag eine Notbesetzung. Wenn dies nicht der Fall ist, kann man dennoch am Sonntag ganz normal mit seinem Personalausweis im Wahllokal wählen. Wer dort seinen Fall schildert, bekomme auf der Wählerliste einen Sperrvermerk, um eine mögliche Doppelwahl zu verhindern, so eine Ministeriumssprecherin gegenüber dem WDR. Manche Kommunen würden sich auch eine eidesstattliche Erklärung geben lassen.

Was sind die spannendsten Rennen?

Besonders im Fokus stehen die Großstädte in Nordrhein-Westfalen. In Köln tritt Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) gegen SPD-Herausforderer Andreas Kossiski an. In der Landeshauptstadt Düsseldorf kommt es zum Duell zwischen Amtsinhaber Thomas Geisel (SPD) und Gegenkandidat Stephan Keller (CDU).

OB-Duelle: Die Stichwahlen am 27. September

Von Sabine Tenta

In 15 kreisfreien Städten müssen sich diese Kandidat*innen am 27. September einer Stichwahl stellen. Eine Übersicht der umkämpften OB-Sessel im Land.

Zwei Porträtfotos: Stephan Keller (links) und Thomas Geisel (rechts)

Düsseldorf: Spannender als erwartet wird es in der Landeshauptstadt. Amtsinhaber Thomas Geisel (SPD) muss nicht nur in die Stichwahl gegen den Stadtdirektor aus Köln, Stephan Keller. Mit seinen 26,3 Prozent ist Geisel sogar mit deutlichem Abstand auf Platz zwei hinter Keller (34,2 Prozent) gelandet. Nun hofft die CDU auf einen prestigeträchtigen Erfolg in Düsseldorf am 27.09.2020.

Düsseldorf: Spannender als erwartet wird es in der Landeshauptstadt. Amtsinhaber Thomas Geisel (SPD) muss nicht nur in die Stichwahl gegen den Stadtdirektor aus Köln, Stephan Keller. Mit seinen 26,3 Prozent ist Geisel sogar mit deutlichem Abstand auf Platz zwei hinter Keller (34,2 Prozent) gelandet. Nun hofft die CDU auf einen prestigeträchtigen Erfolg in Düsseldorf am 27.09.2020.

Krefeld: Kein Durchmarsch für Amtsinhaber Frank Meyer (SPD). Er muss in die Stichwahl, startet aber mit 43,4 Prozent von einer komfortablen Position gegen die CDU-Kandidatin Kerstin Jensen, die im ersten Wahlgang 27,6 Prozent bekam.

Mönchengladbach: Wenn ein Amtsinhaber nicht wieder antritt, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. So zum Beispiel in Mönchengladbach, wo die SPD Chancen hat, die traditionell schwarz regierte Stadt zurückzuerobern. Zwischen 2004 und 2014 gab es einen SPD-OB, dann einen von der CDU und nun geht die SPD mit Felix Heinrichs (37,5 Prozent) als Erstplatziertem ins Stichwahl-Rennen gegen Frank Boss (CDU, 29,6 Prozent).

Mülheim an der Ruhr: Die Ausgangslage für die Stichwahl ist ein denkbar knappes Kopf-an-Kopf-Rennen. Auf Platz 1 landete mit hauchdünnem Vorsprung der Christdemokrat Marc Buchholz mit 25,4 Prozent der Stimmen. Die SPD-Politikerin Monika Griefahn erzielte 25,3 Prozent. Bei der Stichwahl wird sich zeigen, ob die Mitbegründerin der deutschen Sektion von Greenpeace und ehemalige niedersächsische Umweltministerin das rote Rathaus für die SPD halten kann.

Oberhausen: 2015 eroberte Daniel Schranz für die CDU das rote Oberhausen im ersten Wahlgang, nun muss der Amtsinhaber in die Stichwahl. Sein Vorsprung ist deutlich, er konnte 45,5 Prozent auf sich vereinen, SPD-Herausforderer Thorsten Berg lediglich 29,7 Prozent.

Wuppertal: Zur Euphorie der Grünen nach der ersten Runde der Kommunalwahlen trägt auch das Ergebnis aus Wuppertal bei. Der auch von der CDU unterstützte grüne OB-Kandidat Uwe Schneidewind hat aus dem Stand 40,8 Prozent geholt! Der ehemalige Präsident des renommierten "Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie" geht als Erstplatzierter in die Stichwahl mit dem Amtsinhaber Andreas Mucke (SPD, 37,0 Prozent).

Bonn: Erst bei der letzten Kommunalwahl hatte CDU-Mann Ashok-Alexander Sridharan das rote Bonn geknackt und muss nun um die Wiederwahl fürchten. Denn Katja Dörner von den Grünen zwingt ihn in die Stichwahl. Auch wenn Sridharan mit 34,5 Prozent klar vor Dörner mit 27,6 Prozent der Stimmen liegt, ist das Rennen offen. Wie bei jeder Stichwahl im Land gilt auch hier: Entscheidend ist, wie sich die Wähler*innen entscheiden, die zuvor die anderen Kandidat*innen unterstützten.

Köln: Nach der Vorwahl-Umfrage des WDR, mit der Prognose eines klaren Wahlsiegs von Amtsinhaberin Henriette Reker (parteilos, unterstützt von CDU und Grünen) im ersten Wahlgang, waren sich in Köln die meisten sicher: Das Rennen ist gelaufen. Doch Reker liegt mit 45,1 Prozent deutlich unter der absoluten Mehrheit. Nun hat Andreas Kossiski (SPD) eine zweite Chance. Doch seine 26,8 Prozent aus dem ersten Wahlgang dämpfen eventuelle Hoffnungen auf einen Wechsel im Rathaus.

Leverkusen: 2015 wurde Uwe Richrath (SPD) im ersten Wahlgang zum Oberbürgermeister gewählt, fünf Jahre später muss er in die Stichwahl. Mit 46,1 Prozent der Stimmen landete er aber deutlich vor seinem Herausforderer Frank Schönberger (CDU), der 23,4 Prozent errang.

Gelsenkirchen: Kann SPD-Kandidatin Karin Welge das Erbe ihres überaus beliebten Parteikollegen und langjährigen OB Frank Baranowski antreten? Baranowski hört auf und hinterlässt mit seinem letzten Wahlsieg von 67,4 Prozent große Fußstapfen. Welge holte im ersten Wahlgang 40,4 Prozent. Sie hat damit gute Chancen gegen den CDU-Kandidaten Malte Stuckmann, der auf 25,1 Prozent kam.

Münster: Peter Todeskino bittet immer wieder darum, die zweite Silbe in seinem Namen zu betonen ("To-DES-kino"), sein Name habe nichts mit Kino zu tun, wird der grüne Kandidat nicht müde zu wiederholen. Seinen Namen und seine korrekte Aussprache werden sich nun landesweit mehr Menschen merken, denn Todeskino bescherrt Amtsinhaber Markus Lewe (CDU, 44,6 Prozent) den Gang in die Stichwahl. Todeskino, der mit 28,5 Prozent ins Rennen geht, müsste deutlich mehr neue Wähler*innen hinzugewinnen.

Bielefeld: Amtsinhaber Pit Clausen (SPD) musste bei dieser Kommunalwahl deutlich Federn lassen: 2014 war er noch mit klaren 55,9 Prozent im ersten Wahlgang gewählt worden, nun sind es nur noch 39,6 Prozent. In die Stichwahl geht er gegen CDU-Kandidat Ralf Nettelstroth, der 29,3 Prozent errang.

Dortmund: Das sozialdemokratische Urgestein Herbert Wehner hatte einst die Herzkammer der Sozialdemokratie in Dortmund verortet. Nachdem der langjährige Amtsinhaber Ullrich Sierau (SPD) nicht wieder angetreten ist, beschert die CDU den Genossen ein nervöses Herzflimmern: Thomas Westphal (SPD) geht zwar mit zehn Prozentpunkten Vorsprung in die Stichwahl (35,9 Prozent) gegen Andreas Hollstein (CDU, 25,9 Prozent). Aber wenn Hollstein es schafft, die grünen Wähler*innen zu überzeugen, hat er durchaus Chancen, nach Altena, wo er zuvor Bürgermeister war und Opfer eines Messerattentats wurde, auch die drittgrößte Stadt NRWs zu regieren.

Hamm: Landesweit bekannt wurde Thomas Hungsteger-Petermann (CDU) als Vorsitzender des Städtetages NRW. In seiner Heimatstadt Hamm regiert er seit 1999 und gehört damit zu den dienstältesten Oberbürgermeistern in NRW. 2014 noch mit satten 56, 3 Prozent im ersten Wahlgang bestätigt, muss er nun in die Stichwahl - als Zweitplatzierter (37,4 Prozent). Der Landtagsabgeordnete Marc Herter (SPD) erzielte 40,7 Prozent und könnte für die Sozialdemokraten einen wichtigen Sieg einfahren.

Unter anderem finden auch in Bielefeld, Dortmund, Hamm, Mönchengladbach, Mülheim/Ruhr und Oberhausen Stichwahlen um die Chefsessel in der Rathäusern statt. In Aachen, Bonn, Wuppertal und Münster haben Grünen-Kandidaten Chancen, erstmals für ihre Partei Oberbürgermeister-Posten in NRW zu erringen.

Wann gibt es erste Ergebnisse?

Mit Schließung der Wahllokale um 18 Uhr beginnt in den Kommunen die Auszählung. Erste Zwischenergebnisse und auch die Endresultate dürften im Laufe des Abends deutlich schneller vorliegen als vor zwei Wochen, denn es stehen jeweils nur zwei Personen auf den Stimmzetteln.

Der WDR berichtet ausführlich: Auf der Internetseite wahl.wdr.de fließen die Informationen zusammen. Hier wird unter anderem per Live-Ticker informiert. Über eine Postleitzahlen- und Ortssuche können die regionalen Ergebnisse abgerufen werden. Das WDR Fernsehen wird die Stichwahlen in der Aktuellen Stunde und in zwei Sondersendungen intensiv begleiten. Auch im WDR Hörfunk gibt es alle Infos.

Wieso gibt es Stichwahlen?

Um die kommunale Stichwahl in NRW liefern sich SPD und CDU seit vielen Jahren ein politisches Tauziehen. So wurden die Stichwahlen 1994 von der SPD-Landesregierung eingeführt, damit die direkt gewählten Bürgermeister eine möglichst breite demokratische Legitimation bekommen. 2007 schaffte sie die CDU/FDP-Regierung wieder ab. 2011 führte Rot-Grün die Stichwahlen wieder ein.

Nach dem nächsten Regierungswechsel beschloss die schwarz-gelbe Koalition, die Stichwahlen erneut abzuschaffen. Als Begründung führte die CDU die geringe Wahlbeteiligung bei Stichwahlen an. Doch der Verfassungsgerichtshof in Münster stoppte die Abschaffung Ende 2019.

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