Klimaschutz-Sofortprogramme: Diese Pläne gibt es für Gebäude und Verkehr

Stand: 13.07.2022, 19:27 Uhr

Ihre Pläne für mehr Klimaschutz - die haben am Mittwoch Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vorgestellt. Beschlossen ist noch nichts, innerhalb der Bundesregierung gibt es noch einige Differenzen.

Die Zeit drängt, Deutschland muss mehr in Sachen Klimaschutz tun. Immer noch werden sowohl im Verkehr als auch in Gebäuden viel zu viele schädliche Treibhausgase ausgestoßen. Das will die Ampelregierung in Berlin ändern.

Aber einig ist sich die Bundesregierung bislang nicht. Das geplante große gemeinsame Klimapaket liegt erstmal auf Eis. Zu groß sind die Differenzen zwischen FDP-geführten Ministerien wie dem Verkehrsressort auf der einen und von den Grünen geführten Ministerien wie dem Wirtschaftsressort auf der anderen Seite.

Klimaschutz-Sofortprogramm - was verbirgt sich dahinter?

Das Klimaschutz-Sofortprogramm ist laut Koalitionsvertrag ein Kernvorhaben der Ampelkoalition. Damit sollte Deutschland auf Kurs für das Klimaziel 2030 gebracht werden, das eine Einsparung bei den CO2-Emissionen gegenüber 1990 von 65 Prozent vorsieht. "Wir werden ein Klimaschutzsofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen und Vorhaben bis Ende 2022 auf den Weg bringen und abschließen", heißt es im Koalitionsvertrag. Tatsächlich ist es ein Mammutvorhaben, für das praktisch alle Ministerien zuliefern müssen. "Die Diskussionen dazu im Ressortkreis dauern noch an", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen.

Gebäude und Verkehr - "Klassenziel verfehlt"

Am Mittwoch gab es zwei fast zeitgleiche Termine in Berlin: Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) präsentierte die Pläne für den Gebäudesektor. Unweit davon stellte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sein Programm für den Verkehrssektor vor.

Bei Gebäuden und im Verkehr waren zulässige CO2-Emissionsmengen, die im Klimaschutzgesetz verankert sind, 2021 überschritten worden - "Klassenziel verfehlt", sagte Geywitz. Die zuständigen Ministerien hatten drei Monate Zeit, ihre Nachbesserungen vorzulegen, diese Frist lief am Mittwoch ab. Allein bei den Gebäuden müssen bis 2030 noch 152 Millionen Tonnen CO2 und ähnliche Treibhausgase mehr eingespart werden als bisher. Im Verkehrsbereich geht es laut Wirtschaftsstaatssekretär Graichen sogar um 270 Millionen Tonnen.

Was ist im Gebäude-Bereich geplant?

Im Gebäudebereich soll die Lücke vor allem aufgeholt werden, indem mehr Häuser saniert werden und eine Wärmeversorgung ohne fossile Brennstoffe etabliert wird. Die Herausforderung: die Bürger dabei finanziell nicht zu überlasten. Weitere Maßnahmen:

  • Schon ab 2024 sollen möglichst nur noch Heizungen neu eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien arbeiten. Reine Gasheizungen sind dann nicht mehr erlaubt - ein weiterer Schritt, um die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu reduzieren.
  • Außerdem gelten höhere Effizienzstandards für Neubauten. Staatliche Förderung soll es zwar weiterhin für sehr klimafreundliche Neubauten geben, vor allem aber fürs Sanieren.
  • In großen Städten soll Fernwärme eine klimafreundliche Lösung zum Heizen werden. Bisher werden die Netze noch überwiegend aus fossilen Energien gespeist, das soll sich mit staatlicher Förderung ändern. Standardlösung für Ein- und Zweifamilienhäuser soll die Wärmepumpe werden.
  • Die Einstellungen bestehender Heizungssysteme sollen schnell optimiert werden. Auch "ordnungsrechtliche" Optionen würden erarbeitet, also etwa Vorschriften fürs Heizen.

Wie soll der Verkehr klimafreundlicher werden?

Ein zentraler Aspekt im Sofortprogramm von Wissing ist neben mehr Radwegen ein flächendeckendes Ladenetz für Elektroautos - damit die "Reichweitenangst" wegfällt und mehr Menschen E-Autos kaufen. Zudem will der Minister durch den Ausbau digitaler Arbeitsmethoden mehr Homeoffice ermöglichen, um "Wege zu vermeiden". Im Verkehrsbereich gibt es innerhalb der Bundesregierung noch viel Klärungsbedarf.

  • Millionen von Menschen haben das 9-Euro-Ticket genutzt. Wie es nach dessen Auslaufen Ende August weitergeht mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖNPV), ist umstritten. Vor allem die Grünen plädieren für ein ganzjähriges, günstiges "Klimaticket" im ÖNPV. Wissing will aber erst Reformen. Ein zentraler Punkt für ihn sind einfachere Tarifstrukturen.
  • Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen lehnte Wissing erneut ab.
  • Uneins ist die Regierung auch über den Abbau klimaschädlicher Subventionen oder die Reform der Kfz-Steuer - das wollen die Grünen und viele Umweltverbände, damit Autofahrer mit wenig klimafreundlichen Autos mehr zahlen müssen.

Reaktionen auf Gebäudepläne

Es gibt viel Kritik. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht die Richtung der Pläne durchaus positiv, bemängelt aber den Zeitplan. "Der Einbaustopp für klimaschädliche Gasheizungen ab 2024 kommt zu spät", erklärte BUND-Chef Olaf Bandt.

Kai Bergmann von der Umweltorganisation Germanwatch sagte dagegen dem WDR, die Geywitz-Pläne für den Gebäudesektor gingen "in die richtige Richtung“.

Michael Schick, Präsident des Immobilienverband Deutschland IVD, sagte, in einem "so genannten Sofortprogramm" dürften aber keinesfalls Maßnahmen fehlen, die tatsächlich sofort und schnell umsetzbar sind, wie zum Beispiel die Schaffung eines Rechtsrahmens zur Absenkung der Raumtemperatur. "Die Bundesregierung muss klarstellen, dass eine Unterschreitung einer bestimmten Raumtemperatur bei Tag und in der Nacht sowie eine Unterschreitung der Brauchwassertemperatur nicht zu einer Mietminderung führt."

Umweltverband kritisiert Verkehrs-Programm

Kritik äußerte Kai Bergmann von Germanwatch an dem von Wissing für den Verkehrsbereich vorgestellten Programm. Die FDP sei nicht in der Lage, im Verkehrssektor, dem emissionsintensivsten Sektor, durchgreifende Maßnahmen für mehr Klimaschutz vorzuschlagen. Nötig wäre eine "Umgestaltung des Dienstwagen-Privilegs, ein Bonus-Malus-System für den Neukauf von Pkw und ein Anschluss an das 9-Euro-Ticket". Zudem wäre ein Tempolimit die schnellste und wirksamste Maßnahme, um schnell Öl einzusparen. Viele Länder in Europa hätten ein Tempolimit, nur Deutschland nicht.

Wie geht es jetzt weiter mit den vorgestellten Plänen?

Die Pläne werden nun dem Expertenrat für Klimafragen zur Stellungnahme zugeleitet. Anschließend berät die Bundesregierung über die zu ergreifenden Maßnahmen und beschließt diese. Wann das der Fall sein wird, ist derzeit offen.

Wie muss sich unser Leben ändern, damit Deutschland seine Klimaschutzziele erreicht?

Kai Bergmann von Germanwatch ist überzeugt: "Wir müssen uns individuell anders bewegen, anders ernähren und anders unsere Gebäude heizen." Alle müssten bereit sein, die Veränderungen zu akzeptieren und mitzugestalten. Aber das sei nur möglich, wenn die Politik dafür die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft.