Ein Japankäfer sitzt auf einem Finger

Japan-Käfer: Wie sich NRW auf den Schädling vorbereitet

Stand: 02.08.2024, 16:23 Uhr

In Baden-Württemberg ist er bereits entdeckt worden, in NRW wappnet man sich für seine Ankunft. Freudig empfangen wird der Japan-Käfer eher nicht.

Auf einer Ein-Cent-Münze findet er bequem Platz, in Land- und Forstwirtschaft findet er ein reichhaltiges Nahrungsangebot, das seinen Einzug in Deutschland begünstigen dürfte: der Japan-Käfer. Zum ersten Mal in diesem Jahr sind jetzt lebende Japan-Käfer in Baden-Württemberg entdeckt worden. Zuvor war man bereits durch sein Auftreten in der benachbarten Schweiz alarmiert, weil der etwa einen Zentimeter große Fraßschädling aus Asien die Blätter, Blüten oder Früchte von mehr als 300 Pflanzenarten befällt.

Erste Funde des Japan-Käfers in Baden Württemberg

Die Einzelfunde jetzt in Baden-Württemberg - weiter von der Grenze entfernt - lösten aber keine besonderen Schutzmaßnahmen aus, sagte Frauke Rinke vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) in Karlsruhe. Seit 2021 habe es jedes Jahr einzelne Funde gegeben, die Tiere seien mutmaßlich eingeschleppt worden, etwa über Lastwagen. Davon gehe man auch jetzt erst mal aus. Der Pflanzenschutzdienst habe in den betroffenen Gebieten die Anzahl der aufgehängten Fallen umgehend erhöht, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich nur um Einzelfunde handelt. 

Japan-Käfer - harmloser Einwanderer oder invasive Art?

Es gibt einen Stichtag, der heimische Arten von zugewanderten unterscheidet - das ist das Jahr 1492, in dem Christoph Kolumbus den amerikanischen Kontinent entdeckt hat. Pflanzen und Tiere, die davor schon in Deutschland vorkamen, gelten als heimisch. Jene die später kamen, werden als Neophyten (Pflanzen) beziehungsweise Neozoen (Tiere) bezeichnet. Laut Naturschutzbund (Nabu) NRW gibt es in Deutschland 1.280 fremde Arten, die etabliert sind sowie 1.410, die neu sind, aber nur unbeständig oder lokal vorkommen.

Diese Einteilung sagt noch nichts darüber aus, ob diese Arten auch invasiv, also eine Bedrohung für die heimische Tier- und Pflanzenwelt sind. So werden die "Einwanderer" erst bezeichnet, wenn sie heimische Arten zu verdrängen drohen. Nabu-Sprecherin Birgit Königs erklärt, dass es im Wesentlichen drei Gründe gibt, die eine Einstufung als invasive Art nach sich ziehen: Wenn sie eine Bedrohung in den Bereichen Naturschutz, Wirtschaft und Gesundheit darstellen. Dies gelte etwa für Insekten wie die Tigermücke, die Viren auf Menschen übertragen können.

Die Ausbreitung von Insekten zu verhindern, ist sehr schwierig. Nabu-Sprecherin Birgit Königs

Königs verweist auf die EU-Liste invasiver Arten, auf der insgesamt 88 Tier- und Pflanzenarten gelistet sind, die "Arten oder Ökosysteme beeinträchtigen und daher der biologischen Vielfalt schaden können". In Deutschland kämen mindestens 46 dieser Arten wildlebend vor.

Diese Arten verbreiten sich in NRW

Von Oliver Scheel

Ob Pflanzen oder Tiere - viele neue Arten mögen den Lebensraum NRW. Von einer invasiven Art spricht man nur, wenn die Tiere oder Pflanzen einheimische Arten verdrängen oder in ihrer Existenz bedrohen. Bei manchen dieser Neuankömmlinge ist das noch unklar.

Nutria im Wasser

Nutria: Die Nagetiere wurden rund um das Jahr 1900 wegen ihres Fells eingeführt. Sie schädigen nachhaltig die Ufervegetation und gelten als invasiv, weil sie so für den Verlust von Lebensraum anderer Tiere verantwortlich sind. Mittlerweile werden sie auch bejagt. Dr. Manfred Aletsee vom NABU NRW sagte dem WDR, "sie krempeln ganze Uferbereiche um".

Nutria: Die Nagetiere wurden rund um das Jahr 1900 wegen ihres Fells eingeführt. Sie schädigen nachhaltig die Ufervegetation und gelten als invasiv, weil sie so für den Verlust von Lebensraum anderer Tiere verantwortlich sind. Mittlerweile werden sie auch bejagt. Dr. Manfred Aletsee vom NABU NRW sagte dem WDR, "sie krempeln ganze Uferbereiche um".

Waschbären: Sie sehen putzig aus, haben es aber in sich: Die Waschbären. Auch sie werden massiv bejagt, denn sie sind besonders für Bodenbrüter und Schildkröten eine Gefahr, da sie Eiergelege suchen und diese fressen.

Asiatische Tigermücke: Weil sie das Dengue-Fieber, Gelbfieber und das West-Nil-Fieber übertragen kann, ist sie für Menschen eine sehr gefährliche neue Art. Sie schaffte es wohl über den internationalen Warenaustausch aus Asien nach Europa, wo sie 1979 in Albanien das erste Mal auftauchte. Seitdem verbreitet sie sich nach Norden. 2007 schaffte sie es nach Baden-Württemberg. In NRW ist sie noch nicht heimisch, doch es gibt bereits erste Vorkommen.

Ochsenfrosch: Der Ochsenfrosch wird schon lange als invasive Art geführt. Wegen seiner Größe und Gefräßigkeit stellt er eine Gefahr für viele einheimische Amphibienarten dar. Selbst die Kaulquappen dieser aus Nordamerika stammende Art werden schon 10 bis 15 Zentimeter groß. Sie haben bei uns kaum Feinde, daher sammeln Naturschützer gerne schon die Kaulquappen ein.

Marderhund: Gemeinsam mit Füchsen zählen sie zu den kleinen Vertretern der Hundeartigen in Europa. Ursprünglich kommen sie aus Asien, sie wurden in der Sowjetunion als Pelztiere gezüchtet und breiten sich seither Richtung Westen aus. Es ist nicht klar, ob sie eine Gefahr für die heimische Fauna sind, dem Deutschen Jagdverband aber gelten sie als invasiv, da sie Krankheiten und Parasiten übertragen können.

Halsbandsittich: Sie sind ein echter Hingucker und genießen viele Sympathien: die Sittichkolonien, die es in vielen Städten von NRW wie Bonn, Düsseldorf oder Köln mittlerweile gibt. Es gilt als gesichert, dass sie heimischen Arten die Nistplätze wegnehmen. Deshalb gilt die Papageienart, die auch „Kleiner Alexandersittich“ gennant wird, als potenziell invasiv.

Buchsbaumzünsler: Die Raupe dieses Schmetterlings ist sehr verfressen. Sie verursachen einen Kahlfraß am heimischen Buchsbaum. Erst vor wenigen Jahren kam er nach Europa, 2006 wurden an der Rheinebene in Baden-Württemberg die ersten Exemplare gesichtet. Da sie keine Feinde haben, breiten sich die Tiere aus Ostasien schnell aus.  

Götterbaum: Er ist ein beliebter Parkbaum und ein Gewinner im Klimawandel. Doch der Götterbaum gilt als invasiv, weil er einheimische Arten verdrängt. Der Baum, der ursprünglich aus China und Vietnam kommt, wächst schnell und nimmt damit vielen ursprünglichen Arten den Raum.

Herkulesstaude: Die wohl bekannteste invasive Pflanzenart hierzulande ist die Herkulesstaude. Sie wurde als Gartenzierpflanze eingeführt und verdrängt nicht nur heimische Pflanzen, sondern ist auch für Menschen gefährlich. Der Saft der Pflanze führt in Kombination mit Sonne zu Verätzungen auf der Haut. Das auch Riesenbärenklau genannte Gewächs wächst sehr schnell und die großen Blätter nehmen anderen Pflanzen die Sonne. Die Staude muss mit großem Aufwand gerodet werden.

Beifuß-Ambrosia: Ambrosia heißt Speise der Götter. Doch sie gilt als hochallergene Pflanze, die vor rund 150 Jahren als Vogelfutter und Saatgut aus Nordamerika nach Europa kam. Im Juni wächst diese dem Beifuß oder dem Möhrenkraut ähnliche Pflanze in die Höhe. Ihre Pollen gelten als besonders allergieauslösend. Sie kommt gut mit Trockenheit zurecht und ihre Samen zeichnen sich durch extreme Langlebigkeit aus. Das macht sie zu einem harten Gegner für einheimische Pflanzen.

Lupine: Sie stammt ursprünglich aus Amerika und hat die tolle Eigenschaft, an ihrer Wurzel Luftstickstoff zu binden, der sich im Boden anreichert und damit die Böden fruchtbarer macht. Doch das ist ein Problem für die Pflanzen, die auf Magerböden angewiesen sind wie Arnika, Knabenkraut oder die Trollblume. Außerdem verbreitet sich die Lupine sehr schnell und effektiv. Damit nimmt sie anderen Pflanzen den Raum.

Wie bereitet sich NRW auf den Japan-Käfer vor?

Je kleiner der Einwanderer, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sich eine Ansiedlung verhindern lässt, so die Nabu-Expertin. Es sei zwar schon einmal gelungen eine Ansiedlung des nordamerikanischen Ochsenfrosches zu verhindern, weil man eine Population bei Bonn sehr früh erkannt habe, aber mit Insekten ließe sich das nicht vergleichen: "Wenn sie die wahrnehmen, sind die schon so weit verbreitet, dass sie die nicht mehr loswerden."

Ein Grund zur Panik sei dies noch lange nicht: "Bei so einer neuen Art, die auftaucht, muss man das sehr intensiv beobachten", sagt Königs.

Intensiv beobachtet wird der Japan-Käfer schon lange, versichert Gerhard Renker vom Pflanzenschutzdienst NRW. Schon seit 2019 wird der Käfer per Lockstofffallen-Monitoring gesucht. Gefunden habe man in NRW noch keinen.

Noch ist kein Japan-Käfer in NRW belegt. Das ist das Gute. Gerhard Renker vom Pflanzenschutzdienst in NRW

Urlauber könnten Japan-Käfer nach NRW bringen

Dass der Japan-Käfer aus Asien - auch "Popillia japonica" genannt - in NRW auftauche, sei wahrscheinlich. Eine Einschleppung über Reisende oder Warentransporte hält Renker dabei für die naheliegendste Reiseroute. "Ein begattetes Weibchen kann zum Problem werden, wenn man es nicht frühzeitig entdeckt", so Renker. Daher ist er auch froh, dass sich derzeit viele Bürger und Bürgerinnen an seine Behörde wenden.

Alle Fotos, die unter pflanzengesundheit@lwk.nrw.de eingingen, würden überprüft. Das seien schon viele gewesen, doch bis dato seien ausnahmslos einheimische Käfer abgelichtet worden. Wahlweise kann man einen mutmaßliche Japan-Käfer-Fund auch über die vom Nabu unterstützte App "Naturgucker" prüfen lassen.

Steckbrief: So erkennt man einen Japan-Käfer

Ein präperierter Japan-Käfer auf einer Ein-Cent Münze

Japan-Käfer auf einer Ein-Cent Münze

  • Größe: ca. ein Zentimeter
  • Kopf: metallisch glänzend grün
  • Flügel: braun
  • Besondere Merkmale: fünf weiße Haarbüschel an jeder Hinterleibseite und zwei weiße Haarbüschel am Ende des Hinterleibs

Wie groß ist die Bedrohung durch den Japan-Käfer?

Eine konkrete Bedrohung besteht laut Renker nicht. Würde man in einer der an wichtigen Verkehrsknotenpunkten und Warenumschlagsplätzen aufgestellten Lockfallen 50 Japan-Käfer finden, hätte man ein Problem, doch in den vergangenen fünf Jahren fand man nicht einen einzigen. Ändere sich das, habe der Pflanzenschutzdienst einen Notfallplan in der Schublade, mit dem man die Ausbreitung des Schädlings stoppen könnte. Das sei 2012 beim westlichen Maiswurzelbohrer schon einmal gelungen. "Sowas ist möglich, aber grundsätzlich schwer", so Renker. Daher sei es umso wichtiger, eingewanderte Käfer so früh wie möglich zu finden.

Unsere Quellen:

  • Gespräch mit dem Naturschutzbund NRW
  • Gespräch mit dem Pflanzenschutzdienst NRW
  • Nachrichtenagentur dpa