Islamischer Religionsunterricht in Gelsenkirchen

Vorfälle an Schulen: Islam-Unterricht gegen Islamismus

Stand: 02.03.2024, 06:00 Uhr

Islamistische Vorfälle - gibt es immer wieder an Schulen in NRW. Zuletzt in Neuss, wo Schüler offenbar Regeln der Scharia einführen wollten. Wie kann man solche Vorfälle verhindern? Ein Schulbesuch in Gelsenkirchen.

Von Olaf Biernat

Mit "Salam Aleikum" begrüßt Lehrerin Serife Cengiz die Sechstklässler der Gesamtschule Berger Feld. Im islamischen Religionsunterricht sitzen 15 Kinder, einige Mädchen tragen Kopftücher. An diesem Tag geht es um das Thema Islam und Rassismus.

Texte nicht nur auswendig lernen - sondern verstehen

Im Unterricht lernen die Kinder Inhalte des Korans kennen; viele haben aus dem Elternhaus und dem Besuch in der Moschee schon Vorwissen. Lehrerin Cengiz sieht darin aber ein Problem, denn in den Koranschulen müssten sie nur Texte auswendig lernen: "Unser Ziel ist es, dass sie auch verstehen, was sie sagen. Das gelingt allein schon durch die Übersetzung ins Deutsche."

Viele Fragen zu Videos und Botschaften

Die unterschiedliche Auslegung der Texte aus dem Koran ist ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts, sagt auch Lehrer Ertugrul Camli. Auf diese Weise lernten Kinder, die Botschaften zu hinterfragen. Ohnehin kämen jeden Tag Kinder mit zahlreichen Fragen zu ihm, sagt der 28-Jährige: "Zum Beispiel fragen sie, muss ich fasten oder beten. Ganz viele Fragen kommen zu Videos, die die Kinder auf Tik Tok gesehen haben".

Immer wieder gibt es Vorfälle

Für Botschaften in sozialen Medien seien Kinder besonders anfällig. Und der islamische Religionsunterricht scheint den Kindern Orientierung zu geben, dass sie nicht alles glauben, was sie in Videos sehen - sagt Lehrer Camli. Trotzdem kommt es auch an der Gelsenkirchener Schule ab und an zu Vorfällen.

An der Gesamtschule Berger Feld: Islamischer Religionsunterricht

Muslimische Kinder lernen Islamische Religion

So hat ein Schüler vor wenigen Wochen seine Klassenlehrerin beleidigt und beschimpft. Die islamische Religionslehrerin Serife Cengiz sprach mit dem Jungen und brachte ein Zitat aus dem Koran an: "Ich habe ihm gesagt, das Paradies liegt zu Füßen der Mutter, und Deine Klassenlehrerin ist auch eine Mutter, also musst Du respektvoll mit ihr umgehen". Das habe den Jungen zum Nachdenken gebracht, so dass er sich bei der Lehrerin entschuldigte.

Nicht alle Fälle werden den Behörden gemeldet

Dieser Fall ist den Behörden nicht gemeldet worden, weil er als niederschwellig eingestuft wurde und nicht zwingend gemeldet werden muss. Nur bei radikalisierten und extremistischen Fällen und daraus resultierenden Gefahren werden sie gemeldet und von der Polizei geprüft. In NRW immerhin 31 Mal in den vergangenen zwei Jahren.

Weniger schwerwiegende Fälle landen häufig beim Präventionsprojekt "Wegweiser" des NRW-Innenministeriums. Über die Schule kommen Schüler dann in Kontakt mit Beratern. Und die haben festgestellt, dass Jugendliche heute viel weniger reale Kontakte haben als noch vor zehn Jahren. Das führt dazu, dass Jugendliche sich einsam fühlen und viel Zeit in sozialen Medien verbringen. Und dort kommen sie mit fragwürdigen Botschaften in Kontakt.

Zu wenige Lehrer für islamische Religion

Auch die Lehrer der Gesamtschule Berger Feld beobachten kritisch, ob sich ein Schüler radikalisiert. Gleich vier Lehrerinnen und Lehrer für islamischen Religionsunterricht sind an der Schule im Einsatz - eine Luxus-Situation. Denn landesweit haben nur etwa sechs Prozent aller muslimischen Schüler die Möglichkeit, an dem Fach teilzunehmen. Es fehlen Lehrkräfte.

Die Gesamtschule Berger Feld will sogar versuchen, den islamischen Religionsunterricht auszubauen. Derzeit wird er in den Klassen 5 bis 10 angeboten. Ziel ist es, ihn zum Abiturfach zu machen.

Quellen:

  • NRW-Innenministerium
  • NRW-Schulministerium
  • Reporter vor Ort
  • Schüler, Eltern und Lehrer der Gesamtschule Berger Feld

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