Holocaust-Gedenktag: Wie erklärt man Kindern das Grauen?

Stand: 27.01.2025, 09:22 Uhr

Heute jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 80. Mal. Viele Überlebende kämpfen gegen das Vergessen und berichten nachfolgenden Generationen vom Grauen. Wie man mit Kindern über den Holocaust reden kann.

80 Jahre ist es heute her, dass die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz befreit hat. In den Jahren zuvor hatten die deutschen Nationalsozialisten alleine in diesem Lager etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet. Heute, am internationalen Holocaust-Gedenktag, wird an die Opfer erinnert.

Kinder und Jugendliche: Wenig Wissen über NS-Zeit

Für viele Kinder und Jugendliche ist das Grauen der Nazizeit weit weg und kaum noch greifbar. Eine internationale Umfrage unter Menschen zwischen 18 und 25 hat gezeigt, dass etwa 40 Prozent von ihnen nicht wissen, dass sechs Millionen Jüdinnen und Juden getötet wurden. Jeder fünfte junge Mensch kennt der Umfrage zufolge kein einziges Konzentrationslager mit Namen.

In Nordrhein-Westfalen ist der Holocaust erst frühestens in der neunten Klasse als Lernstoff vorgesehen. Über Social Media bekommen Kinder und Jugendliche aber schon viel früher Informationen über den Nationalsozialismus und den Holocaust - die sie dann aber nicht einordnen und bewerten können. Außerdem fänden sie online auch Fake News und sogar Leugnungen des Holocaust, sagt die Bildungsforscherin Nina Kolleg.

Oberflächlicher Unterricht und kein Bezug zur Gegenwart

Für sie ist es nicht verwunderlich, dass eine ganze Generation heranwächst, die wenig über den Holocaust weiß.

"In den Schulen spielt der Holocaust und die NS-Zeit kaum noch eine Rolle oder werden ganz oberflächlich behandelt. Es fehlt an Zeit und Tiefe und vor allem fehlt es daran, einen Bezug zur Gegenwart herzustellen."

Die Lehrergewerkschaft GEW NRW sagt, dass der Holocaust ab der vierten Klasse behandelt werden kann, obwohl der Lehrplan das nicht vorsieht. Sinnvoll sei zum Beispiel der Aufbau eines Wortschatzes zu dem Thema. Alle Fragen der Kinder sollten beantwortet und Emotionen zugelassen werden, ohne dass sie eingefordert werden. Ohne eine Auseinandersetzung mit der Thematik bestehe die Gefahr, dass Kinder Ängste aufbauen oder dass Vorurteile entstehen.

So mit Kindern über den Holocaust sprechen

Wenn Eltern mit ihren Kindern über den Nationalsozialismus sprechen möchten, gibt es einige Tipps von Experten, was sie beachten sollten: Die Taten sollten nicht im Detail geschildert werden. Es reiche zu sagen, dass in den KZ's Menschen getötet wurden. Außerdem könnten Geschichten von Opfern helfen, die auch noch Kinder waren, weil so die Identifikation leichter falle. Die Geschichte von Anne Frank beispielsweise mache den Nationalsozialismus für Kinder greifbarer. Das sagt auch Anna Schlieck von der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf:

"Man sollte mit Geschichten von Kindern beginnen, die überlebt haben, diesen Prozess des Ausgegrenzt-Seins und Ausgrenzens versuchen, mit ihnen nachzuvollziehen. Mit diesen großen Themen, wie zum Beispiel Deportation, Konzentrationslager, aber eben auch die Shoa, würde ich nicht beginnen. Und ich würde sie nicht ansprechen, wenn sie nicht selbst zur Sprache kommen. Ich würde sie auch nicht in ihrer absoluten Breite auffächern."

Emotionen zulassen

Erwachsene sollten gegenüber Kindern Gefühle zeigen, zum Beispiel Angst oder Trauer. So steht es in einer Broschüre vom "Junges Museum Frankfurt".

„Unverarbeitete Informationen können zu Ängsten und Vorurteilen führen. Kinder brauchen beim Verstehen von Zusammenhängen die Unterstützung von Erwachsenen, die mit ihnen Vermutungen und Missverständnisse diskutieren. Die gemeinsame Suche und Erörterung ist wichtiger als das tatsächliche Faktenwissen.“

Quellen:

  • Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft NRW
  • 15 Minuten. Der tagesschau-Podcast am Morgen
  • WDR 5
  • Junges Museum Frankfurt