Feuerwehr, THW und DLRG sichern am 23.12.2023 den Ruhrdeich in Oberhausen

Deiche in NRW: So funktioniert der Hochwasserschutz an Weser, Rhein und Ruhr

Stand: 04.01.2024, 14:37 Uhr

Viele Flüsse in NRW stehen unter Beobachtung. Die Sorge vor Löchern, Unterspülungen und Deichbrüchen ist noch groß. Wie genau funktioniert ein Deich?

Rund 550 Kilometer Deiche gibt es an den Flüssen in NRW, unter anderem am Rhein, an der Emscher, der Weser und der Ruhr. Der Aufbau der Deiche ist dabei jeweils den örtlichen Gegebenheiten und Besonderheiten angepasst, im Grunde kommt dabei aber dasselbe Prinzip zum Einsatz:

Drei-Zonen-Deich

Ein Deich besteht aus verschiedenen Materialien, die mehr oder weniger wasserdurchlässig sind. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich dabei der Drei-Zonen-Deich als Standard durchgesetzt. An der Wasserseite wird eine gering durchlässige Dichtungsschicht aufgetragen (meist aus Lehm), während der Kern des Deichs (auch Stützkörper genannt) aus durchlässigerem Material wie Sand oder Kies besteht. An der Landseite gibt es schließlich einen Filter und Absatz aus stark durchlässigem Material.

Hochwasser in NRW – Die Deiche machen Sorgen

WDR 5 Neugier genügt - Freifläche 03.01.2024 13:08 Min. Verfügbar bis 02.01.2025 WDR 5


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So wird das Wasser im Deich abgeleitet

Wichtig zu wissen: Ein Deich dient nicht dazu, das Flusswasser komplett abzuhalten. Es geht vielmehr darum, dass es gebremst wird und langsam und kontrolliert über die Sickerlinie geleitet wird und im Entwässerungsgraben (Deichseitengraben) abläuft.

Problematisch am jetzigen Hochwasser ist die lange Dauer von über zwei Wochen. Durch den höheren Flusswasserspiegel steigt auch die Sickerlinie, zudem ist der Deich im Inneren aufgeweicht. Das Wasser droht nicht mehr am Deichfuß auf der Landseite auszutreten, sondern unkontrolliert weiter oben im Bereich der Böschung. An solchen Stellen können Löcher und im schlimmsten Fall Deichbrüche entstehen.

Wieso können Mäuse, Maulwürfe oder Bäume Deiche schädigen?

Löcher und Gänge, die von Mäusen, Maulwürfen und anderen Tieren gegraben werden, können den Deich schädigen und im Falle von Hochwasser zu Problemen wie etwa Erosionen im Inneren des Deichs führen. Auch die Bepflanzung der Deiche mit Bäumen mag zwar schön aussehen, brigt aber die Gefahr, dass sich entlang der Wurzeln Sickerkanäle ins Deichinnere bilden.

Dazu kommt, dass viele Deiche in NRW marode sind und an vielen Stellen erhöht, verbreitert und stabiler gemacht werden müssten. Laut NRW-Umweltministerium herrscht an mindestens der Hälfte der Deiche im Land Handlungsbedarf.

Warum stehen Schafe auf Deichen?

Schwarzes Lamm auf einem Deich

Schafe sorgen für stabilere Deiche

Oft sieht man auf Deichen Schafherden, die dort grasen. Das ist kein Zufall, sondern kann tatsächlich Hochwasserschäden vorbeugen. Denn die Schafe sorgen für eine zusätzliche Stabilität der Deiche. Sie fressen das Gras sehr kurz, was dazu führt, dass meist dickere Halme nachwachsen und sich das Gras besser ausbreitet, die Grasnarbe wird fester. Auch durch das Gewicht und die "Trippelschritte" der Tiere wird die Erde stabilisiert und gefestigt. Wühlmäuse und Maulwürfe haben es so schwerer, Löcher zu graben.

Politiker besuchen Flutgebiete - ein Rückblick

Gummistiefelmomente in der Politik

Bundeskanzler Olaf Scholz ist ins Hochwassergebiet nach Sachsen-Anhalt gereist, um Helfern zu danken, Präsenz zu zeigen und Hilfe anzubieten. Ein wichtiges Signal, das aber auch schnell zum Politikum werden kann, wie eine kleine Rückschau zeigt.

Bundeskanzler Olaf Scholz ist ins Hochwassergebiet nach Niedersachsen gereist, um Helfern zu danken

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Donnerstag dem Hochwassergebiet im Süden Sachsen-Anhalts einen Besuch abgestattet. Gemeinsam mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) machte sich der Kanzler in Oberröblingen ein Bild von der Lage - natürlich in Gummistiefeln.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Donnerstag dem Hochwassergebiet im Süden Sachsen-Anhalts einen Besuch abgestattet. Gemeinsam mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) machte sich der Kanzler in Oberröblingen ein Bild von der Lage - natürlich in Gummistiefeln.

Es ist der zweite Vor-Ort-Besuch von Scholz in der aktuellen Hochwasserlage. An Silvester hatte er sich bereits im niedersächsischen Verden an der Weser über die dortige Situation informiert. Es gab Regierungschefs, denen halfen solche Auftritte in Krisenzeiten, andere ernteten eher Kritik. Ein Rückblick.

Rückblick auf Februar 1962: Eine riesige Sturmflut trifft auf die norddeutsche Küste. Entschlossen reagiert der damalige Polizeisenator Helmut Schmidt auf die Sturmflut in und um Hamburg. Er ruft das Militär und die Nato zu Hilfe - eigentlich verfassungswidrig. Ein Einsatz, der dem späteren Bundeskanzler viel Respekt und Anerkennung bringt.

400 Soldaten verleiht Helmut Schmidt im Dezember 1962 Medaillen zum Dank für deren Einsatz während der Flutkatastrophe.

August 2002: Hochwasserkatastrophe in Sachsen, die Pegelstände an der Elbe sind stellenweise so hoch wie nie. Kanzler Gerhard Schröder watet in Gummistiefeln durch das Wasser und verspricht unbürokratische Hilfe. Seine Popularitätswerte vor der Wahl lässt das deutlich steigen.

August 2005: Hurrikan Katrina fegt über die Golfküste der USA und hinterlässt ein Katastrophengebiet mit mehr als 1.200 Toten. Sehr spät entschließt sich der damalige US-Präsident George W. Bush seinen Urlaub zu unterbrechen und in die Region zu reisen. Die Verwüstung schaut er sich zunächst mit Distanz aus der Luft an.

Die späte Reaktion wird für Bush zum Desaster, sein Besuch löst Bitterkeit statt Beifall aus. Am Ende muss er schwere Versäumnisse der Regierung einräumen.

Juli 2021: Flutkatastrophe in NRW - Wassermassen verwüsten innerhalb von zwei Tagen ganze Dörfer in einem Landstrich von NRW bis Rheinland-Pfalz. NRW-Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Armin Laschet ist auch vor Ort. Das Foto vom lachenden Laschet im Katastrophengebiet macht die Runde.

Die politische Aufklärung hat damals viele Schwachpunkte im Katastrophenschutz offengelegt. Warnungen wurden nicht weitergegeben, die Bevölkerung traft das Hochwasser unvorbereitet. Die CDU verliert schließlich die Bundestagswahl und Laschet wird nicht Kanzler.