Nicht ohne mein Handy: Das ist eine Devise, die für viele von uns gilt. Nahezu immer und überall ist das Smartphone dabei - und wird intensiv genutzt. Auch am Esstisch in Gemeinschaft mit anderen. Das empfinden nicht nur viele Gesprächspartner als unhöflich.
"Ein respektvoller Umgang miteinander setzt voraus, dass wir uns dem realen Gegenüber zuwenden und uns nicht von virtuellen Dritten ablenken lassen", sagt Linda Kaiser von der Deutsche-Knigge-Gesellschaft dem WDR. Wenn sich die Gelegenheit bietet, kann so mit allen Sinnen kommuniziert werden.
Handy am Esstisch ausschalten und miteinander reden
Das gilt für den Esstisch daheim, und erst recht für den Tisch in Restaurants, Bistros oder Cafés. Schon vor Jahren motivierten manche Lokale in Großbritannien und den Vereinigten Staaten ihre Gäste dazu, die Handys auszuschalten - und wieder miteinander zu reden.
Eine besondere Aktion hat sich jetzt ein Wirt im norditalienischen Verona einfallen lassen: Wer sein Handy vor dem Essen in ein Schließfach packt, bekommt eine Flasche Wein geschenkt. Wirt Angelo Lella sagt: "Es gibt keinen Grund, alle fünf Sekunden auf sein Handy zu gucken. Auf diese Weise haben Sie die Gelegenheit, es beiseite zu legen und einen guten Wein zu trinken."
Gutscheine für freiwilligen Handy-Verzicht
Nach Auskunft des Wirts machen 90 Prozent der Gäste von dem Angebot Gebrauch. Andere Restaurants in Italien verteilen bereits seit einiger Zeit Gutscheine an Gäste, die freiwillig aufs Handy verzichten. Ähnliche Aktionen seien auch in Lokalen in Nordrhein-Westfalen vorstellbar - und es gebe sie auch schon, sagt Thorsten Hellwig vom Hotel- und Gaststättenverband NRW (Dehoga NRW) dem WDR.
Konkrete Zahlen, wie viele Lokale mit solchen Angeboten ihre Gäste zur Handy-Pause animieren wollen, lägen Dehoga aber nicht vor. Auch gebe es keine Erfahrungswerte, ob Gäste mehr oder weniger essen und trinken, wenn sie in einem Lokal mit einem Handy am Tisch sitzen.
Kölner Bistro-Chef: Gäste nicht erziehen
Ein Lokal, in dem Handys nicht erwünscht sind, ist das Bistro Le Moissonnier in Köln. Der Chef des Lokals, Vincent Moissonnier, möchte keinen Handykonsum im Lokal - und macht dies auch gegenüber Gästen deutlich. Aber: Von der Idee des Wirts in Verona, Gästen eine Flasche Wein zu schenken, wenn sie auf ihr Handy verzichten, hält er nichts, wie er dem WDR sagt. "Es erinnert mich stark an die Grundschule", so Moissonnier. Wer eine gute Antwort gibt, bekommt einen Stempel. Bei zehn Stempeln gibt es ein Bonbon.
Gastronomen seien nicht dazu da, "um Gäste zu erziehen, sondern wir müssen einfach dahin kommen, dass der Gast es von sich aus merkt, dass es sie oder mich einfach stört, wenn ein Telefon klingt und irgendjemand sagt: Hast du nicht vergessen, den Hund auszuführen?" so Moissonnier.
Knigge-Expertin: Kein Gesprächspartner
Aus Sicht von Knigge-Expertin Kaiser taugt das Handy für den Alltag allein - ist aber kein Gesprächspartner.
Auch Fotos oder Informationen könnten zu einem späteren Zeitpunkt ausgetauscht werden. "Es muss nicht immer alles unmittelbar erledigt werden, nur weil man es kann."
Beim Warten auf ein wichtiges Telefonat: Handy lautlos stellen
Und wenn man sich zu Tisch begibt und ein wichtiges Telefonat erwartet? Dann darf das Telefon griffbereit, aber nicht prominent auf dem Tisch platziert sein. "Schlechter Stil ist es, das Gerät nicht lautlos zu stellen und auf den Tisch zu legen“, so die Knigge-Expertin. Zum Telefonieren solle man dann auch die Tischgemeinschaft verlassen - und sich nach der Rückkehr wieder ausschließlich den Gesprächspartnern am Tisch widmen.
Unsere Quellen:
- Linda Kaiser von der Deutschen Knigge-Gesellschaft gegenüber dem WDR
- Thorsten Hellwig vom Hotel- und Gaststättenverband NRW (Dehoga NRW) gegenüber dem WDR
- Angelo Lella laut der Nachrichtenagentur dpa gegenüber dem Sender Radio Number One
- Vincent Moissonnier in einem Beitrag der Aktuellen Stunde