Gasverbrauch drosseln: Notfallplan der EU ist in Kraft getreten

Stand: 09.08.2022, 12:35 Uhr

Der Gas-Notfallplan der EU ist in Kraft getreten. Durch ihn soll der Gaskonsum gesenkt werden. Der Notfallplan auf EU-Ebene gibt den Rahmen vor für den auf Bundesebene.

Gas sparen, wo es nur geht, und die Speicher für die kalte Jahreszeit füllen - das ist derzeit die Devise. Denn möglicherweise kommt es aufgrund der EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs zu weiteren Unterbrechungen der Gaslieferungen. Oder Kreml-Chef Wladimir Putin dreht gar komplett den Gashahn zu. Um für solche möglichen Szenarien gewappnet zu sein, ziehen die EU-Staaten an einem Strang.

Der Gas-Notfallplan der EU

Deshalb ist am Dienstag der Gas-Notfallplan der EU in Kraft getreten. Im Einzelnen ist vorgesehen:

  • In den EU-Mitgliedsländer soll der Gasverbrauch bis zum 31. März 2023 um je 15 Prozent sinken. Um dieses Ziel zu erreichen, sind im Gas-Notfallplan verschiedene Maßnahmen aufgelistet, mit denen die Mitgliedstaaten den öffentlichen Sektor und Unternehmen, aber auch Privathaushalte dazu anhalten können, den Gasverbrauch zu minimieren. Bis Ende September stehen die Mitgliedsstaaten in der Pflicht, ihre bestehenden nationalen Notfallpläne zu aktualisieren und aufzulisten, wie sie das Einspar-Ziel erreichen wollen.

  • Reicht dieses Gassparen auf freiwilliger Basis nicht aus, soll ein "Unions-Alarm" dies erzwingen können. Die EU-Länder können einen solchen Alarm auf Antrag von fünf Mitgliedsstaaten ausrufen - und nicht wie zunächst vorgeschlagen die Union selbst. Die Kommission müsste nach einem solchen Aufruf Notstandsmaßnahmen in die Wege leiten, die die EU-Staaten dann mit qualifizierter Mehrheit beschließen müssten.


  • Die Verordnung sieht zahlreiche Sonderregeln vor. In Deutschland sind Bereiche wie die Lebens- oder Düngemittelindustrie von dem Sparziel ausgenommen. Zudem nimmt der aktuelle Kompromiss Länder, die weitgehend unabhängig vom russischen Gas sind, von den obligatorischen Sparvorgaben aus. Dazu zählen etwa Spanien und Portugal.

Wie die Kommission die Solidarität unter den Ländern sicherstellen will

Die EU-Mitgliedsstaaten sollen im Falle von verpflichtenden Kürzungen zusammenarbeiten und gemeinsam Priorisierungskriterien erarbeiten. Die Koordinierungsgruppe "Erdgas", die Hochrangige Gruppe "Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum" des Rates und das Industrieforum der EU könnten alle als Forum für Konsultationen und Abstimmung dienen, schreibt die EU-Kommission.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zeigte sich mit Blick auf die russischen Gaslieferungen überzeugt: "Europa lässt sich nicht spalten."

Wie sich die Notfallpläne auf EU- und auf Bundesebene unterscheiden

Bereits seit Juni gilt in Deutschland die Alarmstufe des nationalen Notfallplans Gas. Das ist die zweite von drei Stufen - danach gibt es noch die Notfallstufe. Konkret bedeutet die Alarmstufe: Es liegt eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Gas-Nachfrage vor. Diese kann zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgung im Land führen. Diese Stufe wird ausgerufen, wenn man der Ansicht ist, dass der Markt aber noch in der Lage ist, die Nachfrage zu bewältigen.

Der EU-Notfallplan gilt als Rahmen für die nationalen Notfallpläne für Gas. Angesichts der Ausnahmen - etwa auch für die Lebensmittelindustrie - muss Deutschland in diesem Winter voraussichtlich deutlich mehr Gas sparen als andere Länder, um bei einem möglichen russischen Gaslieferstopp massive Probleme für die Industrie oder sogar eine Rezession zu verhindern. Das deutsche Einsparziel lautet 20 Prozent, derzeit betragen die Einsparungen hierzulande rund 14 Prozent.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, räumte im ZDF ein, dass dabei "dieser sehr, sehr warme Sommer uns geholfen hat". Bei den 14 Prozent handele es sich um "Temperatur-unbereinigte Einsparungen", Deutschland müsse sich also noch deutlich mehr anstrengen.

Was die Notfallpläne für Privathaushalte bedeuten

Privathaushalte wären die letzten, die von Engpässen betroffen wären. Allerdings spielen die Haushalte gerade in den kommenden Monaten eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, unnötigen Verbrauch zu reduzieren und Energieverschwendung zu vermeiden. Daher der Appell an Privathaushalte Energie zu sparen - das könnte man beispielsweise so:

  • Heizungen oder Klimaanlagen drosseln
  • Wäsche an der Luft trocknen lassen
  • Nicht benötigtes Licht ausschalten
  • Gebäudedämmung, wenn möglich, verbessern

"Viele kleine Beiträge führen zusammengenommen zu erheblichen Einsparungen", so die EU-Kommission.