Galeria-Kaufhof-Pleite: Was passiert in unseren Innenstädten?

Aktuelle Stunde 09.01.2024 02:30 Min. UT Verfügbar bis 09.01.2026 WDR Von Martina Koch

Galeria Karstadt Kaufhof hat Insolvenz beantragt

Stand: 09.01.2024, 15:32 Uhr

Die Krise bei der Kaufhauskette Galeria geht weiter. Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hat beim Amtsgericht Essen einen Insolvenzantrag gestellt.

Schon seit Jahren hat der Konzern große wirtschaftliche Probleme. Jetzt hat der Warenhauskonzern Galeria den dritten Insolvenzantrag binnen drei Jahren gestellt. Das teilte das Unternehmen am Dienstag in Essen mit. Galeria sucht nach eigenen Angaben einen neuen Eigentümer. Gespräche mit potenziellen Investoren seien bereits angelaufen, Ziel sei die Fortführung von Galeria.

Galeria-Chef Olivier van den Bossche sagte: "Wir sehen in dem heutigen Tag ausdrücklich einen Befreiungsschlag." Weiter heißt es in der Mitteilung: "Die Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigen Galeria massiv, behindern das laufende Geschäft und schränken durch hohe Mieten und teure Dienstleistungen die künftige Entwicklungsmöglichkeit stark ein."

Ungewissheit über Millionen-Zahlungen von Signa

René Benko

René Benko

Vorausgegangen war die Schieflage des Mutterkonzerns - die Signa Immobilien-Holding des österreichischen Eigentümers Rene Benko ist seit November insolvent. Eigentlich sollten die Warenhäuser noch 200 Millionen Euro von dort bekommen - das Geld fehlt aber nun. Und auch die Warenhäuser sind in den Pleitestrudel geraten.

Die dritte Insolvenz seit 2020. Für die Mitarbeiter sei das eine Zumutung, sagt der Dortmunder Betriebsrat, Thomas Bader. Er spricht von einem "Déjà-vu". Man habe gehofft, dass es endlich bergauf gehe, "Jetzt wieder, das ist für die Mitarbeiter hart." Es gebe viele Fragen, aber keine Antworten.

Seit November ist allerdings klar, dass Signa die Galeria Warenhäuser verkaufen will. Parallel zur Insolvenz soll also auch die Suche nach einem Investor und Nachfolger für Rene Benko laufen. Einzelhandelsexperten wie Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein, sehen allerdings kaum Chancen auf einen guten Ausgang für die Beschäftigten bei Galeria Karstadt Kaufhof. Er sagt: "Ich bezweifle sehr, dass es ernsthafte Interessenten gibt. Der Knochen ist nicht nur abgelutscht, er ist auch ausgesaugt und dreimal ausgekocht. Also ich glaube, dass das Unternehmen nicht mehr zukunftsfähig ist." Es gibt aber auch andere Stimmen.

Insolvenzexperte: "Galeria kann richtig geführt erfolgreich sein"

Der Insolvenzexperte Manfred Hunkemöller hält es für möglich, dass der schwer angeschlagene Warenhauskonzern erneut gerettet werden kann. "Ich bin sicher, dass Galeria, richtig geführt, wieder erfolgreich sein kann. Dann hat das Format Kaufhaus eine Chance", sagte Hunkemöller der Deutschen Presse-Agentur. "Die neue Geschäftsführung hat zuletzt viel richtig gemacht, das Unternehmen zu sanieren. Sie hat das Pech, dass der Gesellschafter seinen Verpflichtungen nicht nachkommt."

So sieht es auch die Gewerkschaft Verdi und kündigte an, "mit den Beschäftigten für ihre Zukunft kämpfen" zu wollen. "Vom neuen Insolvenzverwalter fordern wir, alles daranzusetzen, dass die gute wirtschaftliche Entwicklung, die das Unternehmen in den letzten Monaten genommen hat, fortgesetzt werden kann und die verbliebenen Arbeitsplätze erhalten bleiben." Schließlich seien die Warenhäuser "das Herz vieler Innenstädte", so Verdi.

Investor gesucht - Ziel nicht die Zerschlagung

Gespräche mit potenziellen Investoren sind laut Galeria bereits angelaufen. Das Ziel sei ausdrücklich nicht die Zerschlagung des Unternehmens, sagte der Insolvenzverwalter in einer ersten Stellungnahme. Er weiß, dass die neue Insolvenz ein "schwerer Schlag für die Belegschaft, Lieferanten, Dienstleister und auch für den Steuerzahler" ist, der "viel investiert" habe. Dennoch sei dieser Schritt nötig gewesen, um sich aus der "Umklammerung" des bisherigen Eigentümers zu befreien.

Bangen um mehr als 15.000 Jobs - Insolvenzgeld für Beschäftigte

Galeria betreibt aktuell 92 Warenhäuser. Betriebsräte halten die meisten Standorte für rentabel und sehen eine Chance ohne Signa und den Eigentümer Rene Benko. Er soll über hohe Mieten für einige Standorte selbst Geld aus den Warenhäusern gezogen haben. Sparen möchte man außerdem bei teuren Dienstleistern, in der Logistik und auch am Servicecenter in Essen. Dennoch lässt sich noch nicht sagen, was die neue Insolvenzanmeldung für die nach eigenen Angaben mehr als 15.000 Beschäftigten bedeutet.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) schrieb derweil in einer Mitteilung, dass sie Beschäftigten Insolvenzgeld zahle, wenn das am Dienstag beantragte Insolvenzverfahren eröffnet wird. "Die BA hat nach intensiven Beratungen mit dem Unternehmen und einer detaillierten Prüfung der Voraussetzungen festgestellt, dass bei einer erneuten Insolvenzeröffnung die Beschäftigten Insolvenzgeld erhalten können."

Unsere Quellen:

  • eigene Recherchen
  • dpa
  • Reuters
  • Wirtschaftswoche