FDP will Gesetz zum Heizungsaustausch verhindern
Stand: 23.04.2023, 18:14 Uhr
Die FDP will sich gegen die Pläne der Bundesregierung einsetzen, die den Einbau von Gas- und Ölheizungen ab 2024 verbieten. Auf ihrem Bundesparteitag stimmten die Mitglieder für einen Gegenantrag aus Ostwestfalen.
Von Nina Magoley
Höchst zufrieden blickt die FDP auf ihren Bundesparteitag zurück, der am Sonntag in Berlin zu Ende ging. "Drei Tage voll lebendiger Debatten und offenem Austausch", schwärmte der frisch wiedergewählte Bundesvorsitzende Christian Lindner auf Twitter. Als "Fortschrittslokomotive" bezeichnete die ehemalige Vizevorsitzende Nicola Beer ihre Partei sogar in ihrer Rede.
Unterdessen wurde nochmal deutlich, wieviel weiteren Zündstoff die FDP als Teil der Ampelkoalition in die Bundesregierung tragen will. Provokantes Highlight: Ein fast einstimmig beschlossener Antrag, der das geplante Gesetz zum Heizungsaustausch ins Wanken bringen soll. Und die Dissonanzen mit den Grünen wohl verschärfen wird.
Für die FDP Ostwestfalen im Bundestag: Frank Schäffler
Eingebracht hatte den "Dringlichkeitsantrag" der im ostwestfälischen Bünde beheimatete Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler. Sein knapp zwei Seiten langer Text richtet sich immer wieder explizit gegen die Politik der Grünen, namentlich gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Dessen Gesetz stehe "exemplarisch für die falsche Klima- und Energiepolitik der Grünen", heißt es in dem Antrag. Dem Koalitionspartner wirft die FDP "dogmatische Vorfestlegungen auf einzelne Technologien, planwirtschaftliche Regelungswut bis ins Detail und ignorante Überforderung der Betroffenen" vor.
Im Antrag fordert die FDP diese Änderungen:
- Klimaschutzziele im Gebäudesektor sollten "primär" über den Emissionshandel mit einem Pro-Kopf-Klimageld erreicht werden "und nicht über detaillierte, sich auf einzelne Technologien beziehende ordnungsrechtliche Eingriffe".
- Innovative Gebäudetechnik soll durch finanzielle Anreize gefördert werden, statt "auf kurze Frist Millionen von Eigentümerinnen und Eigentümern zu enormen Ausgaben zu zwingen".
- "Eigentum respektieren": Bevor einzelne Eigentümer zum Umbau im Heizungskeller gezwungen werden, sollten in Städten und Gemeinden "klimafreundliche technische Infrastrukturen" geschaffen werden. Von einer "kommunalen Wärmeplanung" ist die Rede und einem "Gesamtplan für das breitfächige Hochfahren der Wasserstoffwirtschaft"
Kein Wort allerdings dazu, dass das Gebäudeenergiegesetz im Bundeskabinett am vergangenen Mittwoch auch mit den Stimmen der FDP beschlossen worden war. Auch, wenn die Liberalen kurz darauf eine "Protokollnotiz" formulierten, in der sie darauf bestanden, dass das Gesetz noch geändert werden müsse.
Der bisherige Gesetzentwurf sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Damit dürfen - von Ausnahmen und Übergangsfristen abgesehen - keine reinen Gas- oder Ölheizungen mehr neu installiert werden.
Nur eine kritische Stimme auf dem Parteitag
Nur ein einziges FDP-Mitglied, Henner Schmidt aus Berlin, sprach sich gegen den Dringlichkeitsantrag aus. Schmidt warnte vor einer weiteren Verunsicherung der Bürger. Statt dessen solle die FDP doch dazu beitragen, den Gesetzentwurf "Schritt für Schritt" zu korrigieren.
Der Parteitag stimmte dem Antrag am Samstag dann mit großer Mehrheit zu. Der alte und neue Parteichef Christian Lindner sagte im ARD-Fernsehen am Sonntagmittag, er fühle sich "bestärkt": Der Gesetzentwurf könne "nicht so vom Bundestag beschlossen werden, wie er jetzt als Beratungsgrundlage vorgelegt wird."
Kubicki: "Keine Mehrheit ohne die FDP"
Der wiedergewählte Parteivize Wolfgang Kubicki kündigte im Phoenix-Interview an, dass die FDP Anhörungen plane, Verbände und Betroffene hören und daraus ihre Schlüsse ziehen wolle. Für ihn sei klar: "Auf Private abzuladen, was der Staat nicht leisten kann, halte ich für unzulässig."
Kubicki ist offenbar optimistisch, dass der Protest seiner Partei Wirkung haben wird: "Das Gesetz von Robert Habeck wird das Parlament nicht so verlassen, wie es ins Parlament gekommen ist", sagte er. Im deutschen Bundestag gebe es "keine Mehrheit ohne die FDP".
Grüne: Deutschland hinkt international hinterher
Für die Grünen im Bundestag: Kassem Taher Saleh
Der Grüne Bundestagsabgeordnete Kassem Taher Saleh nennt die Aktion der FDP dem WDR gegenüber eine "Kindergartenschlacht", die auch damit zusammenhänge, dass die FDP in diesem Jahr zum Beispiel in Hessen und Bayern Wahlen zu bestehen habe. Ein Parteitag diene nunmal dazu, "Mitglieder bei Laune zu halten, Narrative zu setzen".
Er zeigte sich zuversichtlich, dass das Gesetz wie geplant auch umgesetzt würde. Deutschland hänge im EU-Vergleich ohnehin hinterher: In Dänemark sind Öl- und Gasheizungen schon seit 2013 verboten, in den Niederlanden dürfen seit 2018 in Neubauten keine Gasheizungen mehr eingebaut werden, in Norwegen seit 2020. "Wir müssen jetzt liefern, das Gesetz ist ein Baustein dazu."
Über dieses Thema berichtet das WDR Fernsehen in der Aktuellen Stunde am 23.04.2023 ab 18.45 Uhr.