Andrea Nahles (l), SPD Vorsitzende, und Lars Klingbeil, SPD Generalsekretär, zu Beginn der Sitzung der Parteivorstandes im Willy- Brandt-Haus. Die SPD erreichte bei der Landtagswahl in Bayern ein Ergebnis von 9,7 Prozent.

Druck aus NRW-SPD: Nahles stellt sich Votum der Fraktion

Stand: 27.05.2019, 21:48 Uhr

  • Neue SPD-Krisendebatte nach Debakel bei Europawahl
  • Parteichefin Nahles zieht Wahl zum Fraktionsvorsitz vor
  • Bundestagsabgeordneter aus NRW fordert Sondersitzung

Von Martin Teigeler

Nach dem erneuten SPD-Wahldebakel wird Bundesparteichefin Andrea Nahles von NRW-Sozialdemokraten angezählt. Michael Groß, Sprecher der SPD-Bundestagsabgeordneten aus dem Ruhrgebiet, forderte am Montag (27.05.2019) in einem Brief, der dem WDR vorliegt, eine Sonderfraktionssitzung in Berlin. Es müsse geklärt werden, ob die SPD noch hinter Nahles stehe. Ein "Weiter so" sei keine Option.

Am Montagabend gab Nahles bekannt, sich schon in der kommenden Woche einer vorzeitigen Neuwahl als Fraktionschefin zu stellen. Im ZDF sagte sie, sie halte personelle Debatten eigentlich nicht für sinnvoll. Da nun aber diese Aufforderung aus dem Ruhrgebiet an sie ergangen sei, "würde ich sagen, schaffen wir Klarheit".

Die SPD war bei der Europawahl bundesweit auf 15,8 Prozent (in NRW 19,2 Prozent) abgesackt. Der SPD-Landesvorsitzende Sebastian Hartmann forderte am Wahlabend einen "Schulterschluss des Spitzenpersonals der Partei" - was auf Facebook viele kritische Kommentare von SPD-Anhängern auslöste.

Generalsekretärin: "Schockstarre"

Für den mitgliederstärksten Landesverband der Sozialdemokraten stehen 2020 Kommunalwahlen an. Nach dem Wahlsonntag befindet sich die SPD "in Schockstarre", so NRW-Generalsekretärin Nadja Lüders im WDR-Interview.

Die Partei müsse jetzt weiterdenken, was das Ergebnis der Europawahl für die Bundes-, Landes- und Kommunalebene bedeute.

Bochumer SPD-Chef: Alles auf den Prüfstand

Der Bochumer SPD-Chef und Landtagsabgeordnete Karsten Rudolph sagte dem WDR: "Alles gehört jetzt auf den Prüfstand. Union und SPD müssen schnell klären, ob und wie die GroKo weiterarbeiten kann."

Dazu gehöre die Frage, ob Kanzlerin Angela Merkel ihr Amt an CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer abgeben will. "Ich habe den Eindruck, dass die ungeklärte Personalfrage in der CDU die SPD mit runterzieht", sagte Rudolph.

Kritik an Wahlkampf - und Nahles

"In der SPD müssen wir klären, wer für diese Wahlkampagne verantwortlich ist und ob die SPD noch Organisation kann", sagte der Landtagsabgeordnete Rudolph. "Die Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles muss erklären, warum sie persönlich so schlechte Umfragewerte hat – obwohl SPD-Inhalte ja durchaus populär sind."

Spannungen in NRW

NRW-SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty ist einer der schärfsten Kritiker der Großen Koalition. Zu Personaldiskussionen hatte er sich nicht geäußert.

Die Dauerkrise der SPD sorgt nicht gerade für gutes Klima: Mehrere Zeitungen berichteten darüber, dass der NRW-Abgeordnete Achim Post bei einem Aufstand gegen Nahles neuer Fraktionschef werden könnte. Dagegen positionierte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer aus Bochum: "Achim Post wird auch in NRW keine Mehrheit bekommen - weder bei einem Putsch noch bei einer regulären Wahl."