Der am Donnerstag verkündete Kompromiss zur Gebäude-Effizienzrichtlinie muss noch vom Europaparlament und den EU-Mitgliedsstaaten offiziell bestätigt werden. Aber da die Einigung von ihren Vertretern stammt, gilt das als Formsache.
Nachdem ursprünglich von der EU ein sehr konkreter "Sanierungszwang" für besonders klimaschädliche Gebäude vorgesehen war, fällt der erzielte Kompromiss deutlich vager aus. Nun soll beispielsweise der Energieverbrauch von Wohngebäuden im Schnitt bis 2030 um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent sinken. Ab 2030 sollen alle neuen Gebäude klimaneutral sein. Der gesamte Gebäudebestand solle außerdem bis 2050 klimaneutral sein.
Holger Beckmann, WDR-Korrespondent in Brüssel, sieht in diesem Ergebnis einen "groben europäischen Rahmen, der sehr unverbindlich ist". Der "europäische Green Deal" werde "häppchenweise zerpflückt und auseinandergenommen".
Was bedeutet der Kompromiss für Hausbesitzer?
Erstmal bedeutet die Entscheidung für Hausbesitzer gar nichts, weil sie den EU-Mitgliedsstaaten sehr viel Freiheit einräumt. Die Einsparschritte sind prozentual terminiert - wie sie erreicht werden, entscheidet jedes EU-Mitglied selbst. "Von einem Zwang, der von Brüssel ausgeht, kann jetzt keine Rede mehr sein", so Beckmann.
Vieles hänge von der konkreten Umsetzung der Richtlinie ab. Trotzdem sei bereits einiges absehbar, sagt Beckmann: "Man kann sich darauf einstellen, dass bei Häusern, die energetisch nicht gut sind, eventuell Fenster ausgewechselt oder Dächer besser abgedichtet werden müssen." Es gehe nicht um die große Komplettsanierung, sondern erstmal darum, "überhaupt etwas zu tun", um die Effizienzklasse seines Hauses zu verbessern.
Immoscout-Geschäftsführerin Gesa Crockford weist im Gespräch mit dem WDR darauf hin, dass eine schlechte Energiebilanz schon jetzt den Wert einer Immobilie drücken könne: "Tatsächlich ist es so, dass sanierungsbedürftige Immobilien einen größeren Preisabschlag haben." Abseits der positiven Wirkung fürs Klima, könne es also auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll sein, in die Energieeffizienz zu investieren. Neben Wertsteigerung oder Werterhalt ließen sich auch "laufende Kosten senken".
Warum sind effizientere Gebäude wichtig?
Die Gebäudesanierung soll genau wie das "Heizungsgesetz" dabei helfen, die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens einzuhalten. Demnach soll der weltweite Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad Celsius, auf jeden Fall aber auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter beschränkt werden.
Da Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich seien, hat die EU-Kommission, das Vorhaben zur Verbesserung der Energieeffizienz vor rund zwei Jahren auf den Weg gebracht.
Welche Reaktionen gibt es auf den Kompromiss?
Umweltverbände wie BUND und Nabu hätten sich strengere Vorgaben für ineffiziente Gebäude gewünscht, während etwa der Verband Haus & Grund, der die Interessen von Haus- und Wohnungseigentümern vertritt, es begrüßt, dass Eigentümern "konkrete Sanierungspflichten" erspart bleiben.
Stefan Thomas, Leiter der Abteilung Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik beim Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, geht der Kompromiss nicht weit genug: "Wenn es konkret wird, erweist sich die EU manchmal als Schnecke." Thomas sieht "durchaus Fortschritte" in der Richtlinie, ist aber der Meinung, sie hätten "größer sein sollen". Positiv bewertet er, dass der Gebäudebestand bis 2050 das Niveau von Nullemissions-Gebäuden erreichen solle. Das heiße, "sie dürfen wenig Heiz- und Kühlenergie verbrauchen, die zudem am Standort durch erneuerbare Energien oder durch Fernwärme beziehungsweise Fernkälte bereitgestellt wird".
Nikolas Müller, Leiter des Real Estate Management Institutes der EBS Universität in Wiesbaden, sieht finanziell große Herausforderungen auf die Politik zukommen. Es sei zu bezweifeln, ob im Bundeshaushalt genügend Mittel vorhanden seien, um etwa sozial unverträgliche Sanierungen aufzufangen.