EU-Gipfel: Was bedeuten die Ergebnisse für Gaskunden?

Stand: 21.10.2022, 19:50 Uhr

Lange wurde verhandelt beim EU-Gipfel, doch die Ergebnisse blieben vage. Mit welchen Erleichterungen dürfen Gaskunden künftig rechnen - und mit welchen eher nicht?

Von Nina Magoley

Bis in den frühen Freitagmorgen hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Chefs der 26 anderen EU-Staaten am ersten Tag des EU-Gipfels diskutiert und verhandelt. Doch was nach zehn Stunden Verhandlungsmarathon herauskam, blieb mehr oder weniger nebulös. "Trotz allem" gebe es große Einigkeit zwischen den europäischen Staaten, verkündete etwa der französische Präsident Emanuel Macron. Man sei dem Ziel der "Reduktion der Gaspreise" jetzt "erheblich näher".

"Wir haben uns zusammengerauft in Europa", stellte Bundeskanzler Scholz bei der anschließenden Pressekonferenz fest. Man habe sich auf gemeinsame Gaseinkäufe verständigt, mit einem Gaspreisdeckel sei es aber "noch schwierig".

Aber auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von "erheblichen Fortschritten", die man während der Verhandlungen gemacht habe: Europa bleibe in dieser Krise zusammen.

Was bedeutet das alles?

Ist das der typische Brüssel-Jargon, wenn in Wirklichkeit nichts klar ist? Wie wahrscheinlich ist es, dass sich eine Lösung ergibt, die uns Gaskunden noch in diesem Winter helfen wird?

Gering, sagt Holger Beckmann, ARD-Hörfunkkorrespondent in Brüssel. Er nennt die zwei wichtigsten Botschaften, die bei der Pressekonferenz herauszuhören waren: Zum einen die beruhigende Tatsache, dass es "nicht zum Eklat" zwischen den EU-Staaten gekommen ist. Bei so viel Meinungsverschiedenheit zu einer gemeinsamen Linie hätte das durchaus passieren - und weitreichende Folgen haben können. Offenbar habe man sich aber "stark am Riemen gerissen" - das zeigten Sätze wie der von Ursula von der Leyen. "Zumindest gab es offenbar den Willen, nicht alles hinzuschmeißen", so Beckmann.

Einigung auf gemeinsamen Gaseinkauf

Einigen konnten sich die EU-Länder immerhin darauf, dass man ab kommendem Jahr 15 Prozent des Gasbedarfs gemeinsam kaufen will - um bei den Anbietern eine bessere Verhandlungsposition zu haben. Und: Nächste Woche Dienstag wollen sich die EU-Energieminister in Luxemburg treffen, um ein System zu entwickeln, wie diese Gaseinkäufe dann gerecht auf die Länder verteilt werden könnten. Ähnlich, wie es mit den Corona-Impfstoffen funktioniert hat.

Dafür sei aber bislang nur ein Tag angesetzt - zu wenig, um konkrete Ergebnisse zu schaffen, sagt Holger Beckmann. Aber wenigstens gebe es hier politische Einigkeit. Bis Ende des Jahres wollen sich die Länder für die Umsetzung dieses Projekts Zeit geben. Ob sich bis dahin für Endverbraucher irgendetwas auf der Gasrechnung ändern könnte - Beckmann bezweifelt das. Zudem sei eine Menge von nur 15 Prozent des Länder-Gasverbrauchs möglicherweise zu "mickrig", um damit auf dem Gasmarkt tatsächlich eine machtvolle Verhandlungsposition zu bekommen.

Auch WDR-Wirtschaftsexperte Uli Ueckerseifer hat Zweifel daran, dass die EU mit ihrem 15 Prozent-Einkauf auf dem Gasmarkt wirklich Eindruck machen kann. Wenn das gesamte Gas für die EU gemeinsam eingekauft würde, sei das eher vorstellbar, meint Ueckerseifer. Doch das entspricht nicht der Einigung der EU-Länder.

Effekt wahrscheinlich geringer als erhofft

Hinzu komme: Es sei eine Vielzahl von Faktoren, die den ohnehin immer stark schwankenden Gaspreis auf dem Weltmarkt beeinflussten, sagt Ueckerseifer. Wenn beispielsweise China weniger Flüssiggas kaufen sollte, weil mehr Kohle verbrannt würde, könne das einen größeren Effekt haben, als wenn die EU-Länder 15 Prozent gemeinsam kaufen. Der Effekt könnte also möglicherweise nicht so groß sein, wie erwartet.

Bundeskanzler Scholz und die Bundesregierung hätten bei diesem Gipfel "keine gute Figur gemacht", urteilt Brüssel-Korrespondent Beckmann, das Treffen hätte seiner Einschätzung nach ebensogut platzen können. "Dann wäre offenkundig gewesen, dass Deutschland und Frankreich gerade ein erhebliches Problem miteinander haben", sagt er. Scholz habe Einigungsbemühen mit "nationalen Eitelkeiten" konterkariert - "eigentlich viel zu gefährlich" für die derzeitige Lage.