Kirchensteuer

Kirchensteuer: Drei Viertel der Menschen finden die Abgabe nicht zeitgemäß

Stand: 16.07.2023, 14:42 Uhr

Kirchensteuer zahlen? Viele finden das aus der Zeit gefallen. Das jedenfalls zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitut YouGov.

Das Thema Kirchensteuer sorgt für Diskussionen. Rund drei Viertel der Menschen in Deutschland finden die Abgabe nicht mehr zeitgemäß. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.

74 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass sie das Einziehen der Kirchensteuer nicht mehr für zeitgemäß halten. Nur 13 Prozent befanden dies für zeitgemäß. Weitere 13 Prozent machten keine Angaben oder hatten keine Meinung dazu.

Klingbeutel mit Geld

Von den Menschen, die sich in der YouGov-Umfrage als Christen bezeichneten, gaben 43 Prozent an, das Zahlen der Kirchensteuer könne auch sie zum Austritt bewegen. Der Sprecher der katholischen Reformbewegung "Wir sind Kirche", Christian Weisner, nennt das "höchst alarmierend". "Die Selbstverständlichkeit, einer der beiden großen Kirchen anzugehören, ist schon lange vorbei. Warum soll ich, so fragen sich viele, ein Leben lang für eine Institution zahlen, wenn ich deren Leistungen und Einrichtungen ohnehin nicht in Anspruch nehme, höchstens noch kirchlich beerdigt werden möchte?"

Gespaltene Stimmung in den sozialen Medien

In den sozialen Medien ist die Stimmung gespalten. Ein WDR-User bei Facebook meint: "Kirchensteuer kassieren und sich on Top noch vom Staat das eigene Personal bezahlen lassen und manches andere. Soweit muss man es erstmal bringen. Besser organisiert als jede Mafia ..." Gänzlich anders sieht es ein anderer WDR-User bei Facebook: "Vielleicht auch mal überlegen, was von der Kirchensteuer alles finanziert wird." Damit spielte er beispielsweise auf Personalkosten in kirchlichen Einrichtungen an, etwa für Erzieherinnen und Erzieher, Sozialpädagogen, für Mitarbeiter in der Erwachsenenbildung sowie der Eine-Welt-Arbeit.

"Karitative Leistungen wichtig"

In der YouGov-Umfrage bezeichneten immerhin 61 Prozent aller Befragten die karitativen Aufgaben der Kirche in Kindergärten, Krankenhäusern und der Altenpflege als wichtig oder sogar sehr wichtig. "Die Kirchensteuer bleibt wichtig, damit all das, was die Kirche tut, auch in den sozialen Bereichen, weiterhin finanziert werden kann", betont auch ein EKD-Sprecher. Und auch der Religionspädagoge Ulrich Riegel sieht ohne die Kirchensteuer große Einschnitte: "Sicher ist, dass beide Kirchen vieles an Angeboten ohne die Kirchensteuer nicht mehr aufrecht erhalten könnten. Darunter finden sich auch viele Angebote, die im Sinn der Wohlfahrt sind und von den Menschen akzeptiert werden."

Immer mehr treten aus der Kirche aus

Zu schaffen macht beiden großen Kirchen in dem Zusammenhang der massenhafte Verlust von Mitgliedern. Allein 2022 traten mehr als eine halbe Million Menschen aus der katholischen und rund 380.000 aus der evangelischen Kirche aus. Inzwischen ist die Mehrheit der Deutschen nicht mehr Mitglied in einer der großen christlichen Kirchen.

Kirchensteuer in Milliardenhöhe

Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) hat die katholische Kirche im vergangenen Jahr - trotz schwindender Mitgliederzahl - mehr als 6,8 Milliarden Euro Kirchensteuern eingenommen. Bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) waren es im selben Jahr mehr als 6,2 Milliarden.

Laut einer 2019 veröffentlichten Prognose der beiden großen Kirchen könnten die Kirchensteuereinnahmen wegen steigender Löhne der Steuerzahler auch bis ins Jahr 2060 noch in etwa auf dem Niveau von 13 Milliarden Euro bleiben - allerdings bei deutlich steigenden Ausgaben, die in rund 40 Jahren bei knapp 25 Milliarden liegen könnten. Die Kaufkraft wird der Voraussage zufolge dann rund 50 Prozent unter der von 2017 liegen. Die Kirchen haben sich darum schon seit einiger Zeit einen Sparkurs verordnet.

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