Merkel, was sonst?
CDU-Wahlkampfendspurt in Düsseldorf
Stand: 08.09.2013, 17:30 Uhr
Noch 14 Tage bis zur Bundestagswahl und die CDU lässt es mal so richtig krachen. In einer Düsseldorfer Eventhalle feiern 7.000 Anhänger eine große Party. Im Zentrum steht aber wie immer nur eine: Angela Merkel.
Von Christian Wolf
Zwei halbnackte Männer werfen eine aufreizend gekleidete Tänzerin durch die Luft. Unter ohrenbetäubendem Lärm zieht eine Trommlergruppe durch die Halle. Und eine aufwändige Lichtshow aus Lasern und Feuerbällen fesselt die Zuschauer. Es sind Szenen wie bei einem Rockkonzert, die sich an diesem Sonntag (08.09.2013) in der Düsseldorfer Eventhalle ISS Dome abspielen. Eingeladen haben aber weder das neueste Sternchen am Pophimmel noch die Rock'n'Roller aus den 70ern. Es ist die CDU, die ihre Anhänger genau zwei Wochen vor der Bundestagswahl zu diesem riesigen Spektakel in die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt geladen hat.
Was wurde den Christdemokraten in den vergangenen Wochen nicht alles vorgeworfen: Sie würden die gesamte Republik mit ihrem einschläfernden Anti-Wahlkampf einlullen und betrieben die perfide Strategie der asymmetrischen Demobilisierung. Im Zentrum die präsidentiell auftretende Bundeskanzlerin Angela Merkel, die das Schiff sicher durch alle Untiefen manövriert. Nichts davon ist heute zu spüren. Die CDU legt all ihre Zurückhaltung ab und will es wenigstens einmal so richtig krachen lassen.
Warten auf die Kanzlerin
Rund 7.000 CDU-Anhänger sind laut Parteiangaben zur Auftaktveranstaltung der heißen Wahlkampfphase nach Düsseldorf gekommen. Ihnen wird über fünf Stunden ein buntes Programm geboten - mit Musik, Tanz, Brezeln, Bier und zwischendurch auch Politik. Obwohl die gesamte CDU-Führungsriege von Generalsekretär Hermann Gröhe über Parteivize Julia Klöckner bis zu Finanzminister Wolfgang Schäuble in lockeren Talkrunden über die Erfolge und Ziele der Union sprechen, warten doch eigentlich alle nur auf eine: die Kanzlerin.
In Liedern wie "Simply The Best", "Nur noch kurz die Welt retten" oder "She loves you" ist die Kanzlerin ständig präsent. Dann wird das Licht noch einmal heruntergedimmt. Wie beim Einmarsch eines Boxers bilden die Parteianhänger ein Spalier und empfangen mit hunderten "Angie"-Plakaten und tobendem Applaus ihren Star. Merkel hat CSU-Chef Horst Seehofer und Hessens Ministerpräsidenten Volker Bouffier im Schlepptau - in beiden Bundesländern wird dieser Tage ebenfalls gewählt. Die zahlreich ausgestreckten Hände zum Abklatschen gelten aber vorrangig der Kanzlerin.
Nur wenige Sekunden steht Merkel auf der großen Bühne und genießt den Jubel. "Wie machen Sie das eigentlich, dass Sie immer so frisch aussehen", fragt eine Moderatorin. Merkel nimmt den Ball auf und pariert: "Die Kosmetikindustrie in Deutschland ist einigermaßen in Ordnung." Großes Lachen rauscht durch die Halle. Im achten Jahr ihrer Kanzlerschaft versteht Merkel das Geschäft.
Seehofers Charmeoffensive
Mit Spannung erwartet wird das Aufeinandertreffen mit Seehofer. In der zurückliegenden Woche gab es mal wieder Spannungen zwischen CDU und CSU. Während Merkel einer Pkw-Maut im TV-Duell eine klare Absage erteilt hatte, hält Seehofer an seiner Forderungen nach einer Gebühr für ausländische Pkw fest. Von Zwist kann heute jedoch keine Rede sein. Seehofer hat sein krawalliges Ich in Bayern gelassen und bläst zur Charmeoffensive. Er dankt der Kanzlerin für die "ungewöhnlich gute, freundliche, kollegiale Zusammenarbeit" in den vergangenen Jahren. Aus dem Publikum kommen einige Lacher. Und Seehofer legt nach: "Angela Merkel ist ein Glücksfall für Deutschland." Eine Woche vor der Bayern-Wahl und zwei Wochen vor der Bundestagswahl soll der Eindruck entstehen, als passe kein Blatt zwischen die beiden.
Was folgt, ist in diesen Wahlkampftagen Routine. Merkel spricht rund 45 Minuten und klappert in ihrer Rede alle wichtigen Themen ab: die EU-Krise, den Syrien-Konflikt, den Veggie-Day, die Mütterrente und vor allem die gute Lage Deutschlands. Dem Publikum gefällt es. Es spendet der Kanzlerin an allen möglichen Stellen tobenden Applaus.
Warnung vor Rot-Rot-Grün
Eine Botschaft haben fast alle Redner an das versammelte Parteivolk: Bloß nicht müde werden und trotz der guten Umfragewerte weiterkämpfen. Zu groß ist noch die Erinnerung an die Niedersachsen-Wahl im Winter, als der CDU nur ein paar Hundert Stimmen zum Weiterregieren fehlten und viele CDU-Anhänger der FDP ihre Stimme liehen. Deshalb heißt es jetzt: "Alle Stimmen für die Union" (Bouffier) oder "Zweitstimme ist Merkel-Stimme" (Gröhe). Und auch die Kanzlerin mahnt das Parteivolk: "Das kann ein böses Erwachen geben am Montag nach der Wahl." Am Ende bekomme die Republik noch ein rot-rot-grünes Bündnis. Es scheint, als sei allein diese Mobilisierung der eigenen Klientel der Grund für die riesige CDU-Sause.