Reul und Merz stehen sich gegenüber

Merz plant Einreiseverbot: Reul für Lösungen, die auch mal nicht gehen

Stand: 24.01.2025, 12:32 Uhr

Für den Fall, dass Friedrich Merz zum Bundeskanzler gewählt wird, will der CDU-Chef ein sofortiges Einreiseverbot umsetzen. Sein Parteikollege und NRW-Innenminister Herbert Reul zweifelt jedoch an der Machbarkeit dieser Pläne.

Von Jörn KießlerJörn Kießler

Nach dem Messerangriff in Aschaffenburg, bei dem am Mittwoch ein zweijähriger Junge und ein 41 Jahre alter Mann getötet sowie drei weitere Menschen schwer verletzt wurden, diskutiert die Politik, wie solche Taten in Zukunft verhindert werden können. Als Tatverdächtigen nahm die bayerische Polizei einen Afghanen fest. Der 28-Jährige war laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ausreisepflichtig.

CDU-Chef und Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, kündigte daraufhin an, er werde - sofern er zum Bundeskanzler gewählt wird -, "am ersten Tag meiner Amtszeit das Bundesinnenministerium im Wege der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen". Er werde ein "faktisches Einreiseverbot" für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumente geben, so Merz. Diese gelte auch "ausdrücklich für Menschen mit Schutzanspruch".

NRW-Innenminister Reul: Fast nichts klappt hundertprozentig

Für diesen Vorschlag bekam Merz vor allem von der AfD Zustimmung. Partei-Chefin Alice Weidel schrieb Merz einen offenen Brief, den sie auf dem Kurznachrichtendienst X veröffentlichte. Darin begrüßte sie, dass Merz sich die "Lösungsvorschläge" der AfD "zu eigen gemacht" habe und bot ihm an, diese Pläne mit den Stimmen der AfD bereits in der kommenden Woche im Bundestag umzusetzen.

Interview mit NRW-Innenminister Reul

WDR Studios NRW 24.01.2025 08:20 Min. Verfügbar bis 24.01.2027 WDR Online


Der NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat zwar für Merz' Vorstoß Verständnis, hält die Pläne jedoch nicht für so einfach umsetzbar. "Manchmal muss man Lösungen anbieten, auch wenn man weiß: hundertprozentig geht's nicht", sagte Reul im Gespräch mit dem WDR. "Es gibt übrigens fast nichts, was hundertprozentig klappt." Auch bei den bundesweiten Grenzkontrollen in den vergangenen Monaten sei es nicht möglich gewesen, alles lückenlos zu kontrollieren.

Gewerkschaft der Polizei: Merz' Pläne "nicht umsetzbar"

Ein Portraitfoto von Andreas Roßkopf, Gewerkschaft der Polizei, Abteilung Bundespolizei

Andreas Roßkopf von der Gewerkschaft der Polizei

Das bestätigt auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Wir haben eine Länge von 3800 Kilometern Binnengrenzen. Wir sind mit der Art und Weise der Grenzkontrollen, die wir jetzt schon betreiben, am Rande des Machbaren", sagte der GdP-Vorsitzende für den Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf, am Freitag dem MDR. Für die Pläne von Merz seien "nicht nur hunderte, sondern tausende Kollegen mehr" nötig.

Ganz abgesehen davon seien die angekündigten Maßnahmen des CDU-Chefs "weder zielführend noch rechtlich umsetzbar", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz. Die Forderungen der Union seien nicht neu, daher sei die CDU schon früher vielfach hingewiesen worden, dass sie "weder verfassungs- noch europarechtskonform" seien, so der Innenexperte der Grünen.

Reul: Wer Abschiebungen will, muss Voraussetzungen dafür schaffen

Das ist offenbar auch NRW-Innenminister Herbert Reul bewusst. Im Gespräch mit dem WDR betonte er, dass in der Vergangenheit viel zu oft darüber geredet wurde, was alles nicht geht. "Wir müssen aber darüber reden, was geht und wie weit wir gehen können", so Reul.

Man komme um das Thema nicht mehr drumherum: "Da muss die Politik und am Ende die Gesellschaft mal entscheiden, wie weit wir gehen dürfen", forderte der Innenminister. Wenn man mehr Abschiebungen wolle, müsse man auch die Voraussetzungen dafür schaffen.

Unsere Quellen:

  • Interview mit NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im WDR2 Morgenmagazin am 24.01.2025
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP