Birkenstock geht an die Börse
Aktuelle Stunde. 11.10.2023. 30:00 Min.. UT. Verfügbar bis 11.10.2025. WDR. Von Dorothea Schluttig, Anastasia Rothenberg.
Birkenstock goes Börse: Wie ein Ökoschlappen zum Lifestyle-Produkt wurde
Stand: 12.10.2023, 08:26 Uhr
Das deutsche Traditionsunternehmen Birkenstock wird jetzt an der New Yorker Börse gehandelt. Die uncoolen Zeiten sind längst Geschichte. Mittlerweile ist die einstige Öko-Sandale zum Mode-Accessoire aufgestiegen.
Birkenstocks - waren das nicht mal diese bequemen Sandalen mit einem Schuss Hippie-Charme? Oder doch eher Gesundheitsschuhe für Medizin-Personal? Oder getragen mit weißen Socken eher der Inbegriff von Spießigkeit? Eines steht fest, ein angestaubtes Image hat der Schuh längst nicht mehr - im Gegenteil. Die Ökolatschen von einst haben es schon auf die Laufstege der Welt geschafft.
Aktie startet schwächer als erwartet
Kultsandale von Birkenstock
Der deutsche Schuhhersteller Birkenstock ist jetzt an die Börse an der New Yorker Wall Street. Seit 2021 gehört das Unternehmen mehrheitlich der US-französischen Beteiligungsgesellschaft L Catterton und der privaten Investmentgesellschaft der französischen Milliardärsfamilie Arnault. Das Traditionsunternehmen mit Sitz in Linz am Rhein erhoffte sich, die Aktien dort zu einem höheren Preis loszuwerden als an der Frankfurter Börse. Im laufenden Geschäftsjahr konnte der Umsatz bereits stark gesteigert werden. Und da die Treter in den USA eine Kultmarke geworden sind, mache es auch Sinn, dort an die Börse zu gehen, sagen Experten.
Birkenstock hatte für seinen Börsengang Medienberichten zufolge den Preis pro Aktie bei 46 Dollar angesetzt. Der Schlusskurs wurde dann allerdings mit 40,20 Dollar angezeigt, 12,6 Prozent unter dem Ausgabepreis.
"Erfinder des Fußbetts"
Die Ursprünge von Birkenstock reichen nach Unternehmensangaben bis ins Jahr 1774 zurück. Vor fast 250 Jahren habe der Schuhmacher Johannes Birkenstock das Fundament gelegt. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als "Erfinder des Fußbetts". Im Jahr 1963 begann er mit der Herstellung von Sandalen, die zunächst hauptsächlich im Gesundheitssektor getragen wurden. Später entdeckte die Hippie-Bewegung Birkenstocks für sich, bevor sie schließlich zum Lifestyle-Produkt avancierten. Doch wie schafften es die Birkenstocks eigentlich ins Rampenlicht?
Markenstrategie funktioniert
Auch in den 70er-Jahren seien die Birkenstocks schon hervorragendes Schuhwerk gewesen, so Johannes Dorn vom Rheingold Institut im Gespräch mit dem WDR. "Das zentrale Versprechen war: Wir bringen dich gut durch den Tag", erklärt der Psychologe. Dieses Versprechen sei bis heute dasselbe geblieben, aber dann habe man das Umfeld mit Glamour aufgeladen. Tatsächlich wurde die Sandale durch Kooperationen mit Edel-Marken wie Dior und Manolo Blahnik immer mehr zum Mode-Accessoire.
"Sie haben sich Werbepartner gesucht, die extrem für Fashion stehen. Und wenn sich auch Dior mit so einem Massenschuh auseinandersetzt oder Heidi Klum die Schuhe trägt, dann kann es ja nicht unmöglich sein, dass ich die draußen auf der Straße oder im Büro anziehe", erklärt Dorn den Aufstieg zum hippen Image.
Selbst auf der Kinoleinwand hatte ein Paar Birkenstocks unlängst einen viel beachteten Auftritt. Dann nämlich, als Barbie im gleichnamigen Film in die reale Welt eintauchte und die Stöckelschuhe gegen die bequeme Sandale tauschte.
"Birkenstock ist nicht plötzlich durchgestartet", sagt auch Kerstin Weng, Chefredakteurin der Vogue in Deutschland gegenüber dem WDR. Das sei durch viel Marketing, PR-Maßnahmen und auch durch die Zusammenarbeit mit Models entstanden. "So hat sich das Image des Birkenstockschuhs innerhalb der Fashion-Bubble auf jeden Fall verändert."
Kerstin Weng: Chefredakteurin bei der Vogue Deutschland
Der wohl teuerste Birkenstock war übrigens eine ausgelatschte Schlappe von Steve Jobs aus den 70ern. Das Paar wurde letztes Jahr versteigert - für 210.000 Euro.
Wie funktioniert die Mode-Aktie?
Birkenstocks: Sandalen als Geldanlage
Doch auch viel Hype, Mode-Ikonen oder Filmauftritte bedeuten für die langfristige Geldanlage erst einmal gar nichts. Ob sich die Aktie auszahlt, ist schwer vorherzusagen, meint auch WDR-Wirtschaftsexperte Ulrich Ueckerseifer. Er hat mal geschaut, wie es mit anderen hippen Schuhherstellern gelaufen ist. Sein Fazit: Die Erfahrungen sind völlig unterschiedlich. "Ein Positivbeispiel sind die Crocs. Da haben die Aktien gut gewonnen in den vergangenen Jahren. Zwar unter großen Schwankungen, aber im Trend ging es kräftig nach oben. Ein Negativbeispiel sind die Doc Martens. Die sind vor zwei Jahren an die Börse gekommen und haben seitdem zwei Drittel an Wert verloren."
Unsere Quellen:
- Morgenecho Interview mit Johannes Dorn vom Rheingold
- 0630 Podcast, Interview mit WDR-Wirtschaftsexperte Ulrich Ueckerseifer
- WDR2 Interview mit Kerstin Weng, Chefredakteurin der Vogue
- Mit Material der Agentur dpa