Bei dieser Meldung werden Erinnerungen an das "Wattenscheider Loch" (im Bild) oder das "Siegener Loch" wach: In Essen mussten von Freitag auf Samstag zwei Wohnhäuser evakuiert werden, weil sie auf einem instabilen Schacht stehen.
Bei Untersuchungen von Tagesöffnungen (in der Bergmannssprache sind das die Zugänge eines Bergwerks vom Tage ins Grubengebäude) war herausgekommen, dass der Bereich der Öffnung nicht ausreichend verfüllt ist. Daher sei die Standsicherheit der Gebäude nicht mehr zu hundert Prozent gewährleistet, so ein Polizeisprecher.
Wie verbreitet ist die Gefahr?
Solche Vorfälle lassen sich leider nicht vermeiden, sagt Christian Melchers. Er ist Vizepräsident für das Forschungszentrum Nachbergbau in Bochum.
Im besten Fall muss es gar nicht erst zu einer Evakuierung kommen, weil die Stollen und Gänge früh genug untersucht, saniert und neu befüllt werden. Allerdings werde es auch in Zukunft vermutlich zu solchen Situationen kommen, so Melchers. Immerhin durchziehen mehrere tausend Kilometer Schächte und Stollen die Erde im Ruhrgebiet.
Welche anderen Fälle hat es in NRW gegeben?
Am 2. Januar 2000 tat sich in Bochum im Stadtteil Wattenscheid-Höntrup mitten in einem Wohngebiet ein Krater auf. Elf hohe Tannen, mehrere Garagen und Autos werden von dem Loch verschluckt. Experten sprechen noch heute von einer der größten Tagesbrüche in der Geschichte des Ruhrgebiets. Glücklicherweise wurde niemand verletzt.
Vier Jahre später gab es einen weiteren großen Vorfall, das sogenannte "Siegener Loch".
Das Eckstück eines Hauses und zwei Fahrräder stürzten damals in einen Tagesbruch. Einige Dutzend Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden.
Wie werden die Tagesöffnungen kontrolliert?
Durch Satelliten werden die 60.000 Tagesöffnungen in NRW kontrolliert. Alleine im Ruhrrevier gibt es 14.000 dieser Öffnungen. Besonders im südlichen Revier gibt es viele dieser Tagesöffnungen, weil dort besonders viel oberflächennaher Bergbau betrieben wurde.
Die Satelliten gehören zum europäischen Erdbeobachtungsprogramm Kopernikus. Alle sechs Tage fliegt ein Satellit über das Ruhrrevier und die Bilder werden im Anschluss ausgewertet.
Welche Spätfolgen gibt es neben möglichen Tagesbrüchen?
Für die Zeit des Kohleabbaus mussten die Schächte dauerhaft ausgepumpt werden, damit die Kumpel ordentlich arbeiten konnten. Allerdings geht das Pumpen auch nach Ende des Steinkohlebergbaus weiter, damit die Schächte nicht voll mit Grubenwasser laufen. Tausende Pumpen sorgen dafür, dass nicht alles überflutet und das Ruhrgebiet zur Seenplatte wird. Außerdem könnte das salzige Grubenwasser das Grundwasser verunreinigen. In diesem Zusammenhang ist auch häufig von "Ewigkeitskosten" die Rede, weil voraussichtlich dauerhaft gepumpt werden muss. Die Kosten trägt die Betreibergesellschaft RAG.
Dazu kommt, dass es Abfälle in den Bergwerken gibt, sowohl Kraftwerksabfälle, als auch Rückstände aus der Stahl- und Zementproduktion, aus der Hausmüll- und Klärschlammverbrennung und Altsande aus dem Gießereibetrieb. Umweltverbände warnen schon seit Jahren vor diesen Rückständen.
Wer kommt finanziell für die Spätfolgen auf?
Nach den gesetzlichen Regeln leistet das Bergbauunternehmen bei einem Bergschaden vollen Schadenersatz, beispielsweise die Betreibergesellschaften RAG oder RWE. Allerdings ist es häufig sehr aufwändig festzustellen, wie groß der Schaden ist und es muss konkret nachgewiesen werden, dass es sich um Bergbauschäden handelt.
Werden sich die Unternehmen und die Geschädigten nicht einig, kann eine Schlichtungsstelle hinzu gezogen werden. Diese wurden extra vom Wirtschaftsministerium eingerichtet. Die Kosten für das Schlichtungsverfahren werden vom Bergbauunternehmen getragen, egal, zu welchem Ergebnis das Verfahren kommt.
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