Nach mehr als 380 Spielen: Béla Réthy kommentiert sein letztes Fußballspiel

Stand: 14.12.2022, 19:15 Uhr

Mehr als 380 Fußballspiele hat Béla Réthy live kommentiert. Mit dem WM-Halbfinale am Mittwoch hört der ZDF-Reporter auf. Selbst Nationalspieler sind mit seiner Stimme aufgewachsen.

Das WM-Halbfinale Marokko gegen Frankreich war ein Besonderes für Kommentator Béla Réthy. Denn es ist nicht nur der 66. Geburtstag, sondern auch der letzte Einsatz für das Reporter-Urgestein vom ZDF. Nach dem Spiel wartet der wohlverdiente Ruhestand für Réthy.

Seit über 30 Jahren kommentiert der Sportreporter aus den Fußballstadien der Welt. Mit unverkennbarer Stimme und immer mit eigenem Kopf. Réthy kommt auf über 380 Live-Übertragungen. Kaum ein Fußballfan in Deutschland kennt ihn nicht.

EM-Sieg und Finalniederlage

Seit 1986 ist Réthy als Reporter bei allen bedeutenden Fußballturnieren dabei. Das größte Spiel war für ihn sein erstes Finale, als das deutsche Team 1996 den EM-Titel in England gewann. "Das war ein dramatisches Spiel mit dem ersten Golden Goal, für mich ein Meilenstein", sagt der Reporter. Auch das erste WM-Finale sechs Jahre später mit dem brasilianischen Sieg gegen Deutschland war eine ganz besondere Übertragung für den in Wien geborenen Sohn ungarischer Eltern: "Ich bin ja in Brasilien aufgewachsen."

Polarisierender Kommentator

Fußballkommentator Bela Rethy | Bildquelle: dpa / Markus Ulmer

Sein Stil kommt dabei nicht bei jedem an. Er polarisiert. Hat treue Anhänger und erbitterte Gegner. Aber: Stören tut ihn das nicht. Im Gegenteil. "Ich finde, dass es zu unserer Dienstleistung auch dazu gehört, beleidigt zu werden. Man muss vor dem Fernseher sitzen und pöbeln und sagen 'Was für ein Vollidiot, was redet das für ein Quatsch!' Das gehört zum Gesamterlebnis", sagt er selbst.

Welche Bedeutung Réthy selbst für Fußballer hat, zeigt eine Anekdote von einem Länderspiel. Der Kommentator sprang kurzfristig ein und interviewte Leon Goretzka. Der Nationalspieler reagierte irritiert auf die erste Frage des Journalisten und sagte: "Sorry, noch mal bitte. Ich war ehrlich gesagt abgelenkt von Ihrer Stimme, weil ich die von den Länderspielen als kleiner Junge kenne."

Eine besondere Leistung war es, als Réthys sonore Stimme nicht zu hören war. Bei der EM im Vorjahr schwieg er minutenlang, während der Däne Christian Eriksen auf dem Platz um sein Leben kämpfte. "Das war für mich emotional die härteste Übertragung." Nach der Unterbrechung des Spiels musste die Reporter-Legende wieder hinter das Mikrofon. "Auf solche Situationen kann man sich nicht vorbereiten."

Wehmut und Freude

Nach seinem letzten Einsatz in Katar will er eine ganz neue Freiheit nutzen. Réthy  will "raus aus der Tretmühle", wie er es nennt. Er "will die Terminlosigkeit genießen". Der ZDF-Mann sagt: "Wehmut und Freude über die neue Freiheit schließen sich für mich nicht aus." Vermissen werde er "die Turniere vor Ort mit den Kolleginnen und Kollegen, das gemeinsame Reisen, Arbeiten, Lachen". Aber: "Verfügbare Zeit ist der wahre Luxus."