Bahn startet Baumarathon zw. Emmerich und Oberhausen
Aktuelle Stunde . 01.11.2024. 14:07 Min.. Verfügbar bis 01.11.2026. WDR. Von Ann-Kathrin Stracke.
80 Wochen gesperrt: Mega-Bahnbaustelle am Niederrhein gestartet
Stand: 01.11.2024, 06:05 Uhr
Seit Freitag (01.11.2024) steht eine Langzeitbahnbaustelle am Niederrhein an. 80 Wochen lang wird die Strecke von Oberhausen über Emmerich bis in die Niederlande gar nicht oder nur eingeschränkt befahrbar sein.
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Zu den Kommentaren [24]Dass Baustellen den Bahnverkehr behindern, ist für Pendler und Reisende inzwischen fast Alltag. Was am Niederrhein ansteht, bezeichnet die Bahn als ein "noch nicht dagewesenes Bauvolumen". Ganze 80 Wochen lang wird die Strecke von Oberhausen im Ruhrgebiet über Emmerich bis in die Niederlande gar nicht oder nur eingeschränkt befahrbar sein. Die Langzeitbaustelle betrifft ab Freitag Pendler, Fernverkehr und die Industrie entlang der wichtigen Güterstrecke.
- Weshalb wird die Strecke so aufwendig ausgebaut?
- Wie ist der Stand des Ausbaus auf deutscher Seite?
- Weshalb dauern die Arbeiten so lang?
- Was bedeuten die Bauarbeiten für die Region?
- Auf welche Einschränkungen genau müssen sich Bahnreisende einstellen?
- Gibt es für betroffene Bahnreisende Ausweichmöglichkeiten?
- Wie sind die Reaktionen im Netz?
- Welche Folgen hat die Sperrung für die Wirtschaft?
Weshalb wird die Strecke so aufwendig ausgebaut?
Die rund 73 Kilometer lange Strecke am Niederrhein ist ein Teilstück des europäischen Güterverkehrkorridors vom Nordseehafen Rotterdam bis nach Genua am Mittelmeer. In den 1990er Jahren beschlossen die beteiligten Länder Deutschland, Niederlande, Schweiz und Italien, die Strecke auszubauen und zu modernisieren - und so wichtige Wirtschaftsstandorte über die Schiene an die großen Seehäfen anzuschließen.
Die bislang nur zweigleisige Strecke mit zum Teil veralteter Technik hat jedoch ihre Leistungsgrenze längst erreicht. Die Niederlande haben ihren Abschnitt bereits 2007 fertiggestellt: Die 160 Kilometer lange Betuwe-Linie von Rotterdam zur deutschen Grenze gilt als eine der modernsten Güterverkehrsstrecken der Welt.
Wie ist der Stand des Ausbaus auf deutscher Seite?
In Deutschland hängt der Ausbau im Vergleich zu den Nachbarländern massiv hinterher. Geplant ist, auf der Strecke durchgängig ein drittes Gleis zu bauen. Allein am Niederrhein sollen 47 Brücken erneuert werden. 38 neue Brücken sollen Bahnübergänge mit Schranken ersetzen. Außerdem wird die Technik auf den neuesten Stand gebracht und der Lärmschutz für die Anwohner verbessert.
Den ersten Spatenstich gab es schon im Januar 2017 - doch bis zuletzt fehlten immer noch einige Genehmigungen. Auch wenn 2026 der 80-wöchige Baumarathon abgeschlossen ist, werden die Arbeiten an der Strecke noch über viele Jahre weitergehen.
Weshalb dauern die Arbeiten so lang?
Eine besondere Herausforderung für Ingenieure und Bauarbeiter ist laut Deutscher Bahn die Überquerung des Wesel-Datteln-Kanals. Die bestehende Brücke soll nicht nur breiter, sondern auch 1,5 Meter höher werden, damit die immer größeren Schiffe auf der Bundeswasserstraße darunter durchpassen.
Weil schwere Güterzüge nicht mit starken Steigungen klarkommen, müssen die Gleise auf insgesamt drei Kilometern Länge zwischen Voerde und Wesel auf das neue Höhenniveau angepasst werden. Dafür müssen auch andere Brücken, Oberleitungen und der Bahnhof Voerde-Friedrichsfeld angehoben werden.
Was bedeuten die Bauarbeiten für die Region?
"Die Auswirkungen auf die Wirtschaft sowie auf tausende Pendlerinnen und Pendler in unserer Region werden massiv sein", sagt der Weseler Landrat Ingo Brohl (CDU). Jahrelang sei zu wenig in die Bahninfrastruktur investiert worden. "Jetzt sehen wir die Folgen dieser Versäumnisse." Die Bahn müsse sicherstellen, dass die Ersatzbusse während der Bauarbeiten verlässlich fahren, forderte er.
Auf welche Einschränkungen genau müssen sich Bahnreisende einstellen?
Seit vier Jahren gibt es immer wieder Streckensperrungen, teilweise mehrere Wochen lang. Doch die nun anstehende 80-wöchige Bauphase ist nochmal etwas völlig anderes. Etwa zwei Drittel der Zeit soll die Strecke immerhin eingleisig befahrbar sein, was aber trotzdem zu Einschränkungen führt.
In der übrigen Zeit wird der Abschnitt voll gesperrt - das erste Mal ab dem 1. November für gut drei Wochen.
Gibt es für betroffene Bahnreisende Ausweichmöglichkeiten?
Während der Vollsperrungen müssen Pendler im Nahverkehr auf den Linien RE5, RE8, RE13, RE19, RE44, RE49 auf Ersatzbusse umsteigen. Fernzüge zwischen Köln und den Niederlanden werden umgeleitet und brauchen dadurch länger.
Wie sind die Reaktionen im Netz?
Zum Teil sarkastisch. "Ich tippe auf ein Fertig in 25 Jahren", meint ein User. Ein anderer postet: "Doch wohl eher 800 statt 80 Wochen." Andere reagieren zynisch bis regelrecht genervt. So schreibt einer: "Und warum dauert das so lange? Achja ist ja die Deutsche Bahn die arbeiten nur 2 Stunden pro Tag!!!!" Und auch in Sachen Schienenersatzverkehr sind im Netz negative Äußerungen zu finden. Die Busse führen zu selten und oft kämen zudem "richtige Schrottbusse" zum Einsatz, schreibt einer.
Welche Folgen hat die Sperrung für die Wirtschaft?
Gerade für das produzierende Gewerbe und die Chemieindustrie am Niederrhein sind die häufigen langen Sperrungen ein Problem. Man könne nicht alle Waren auf Lastwagen umladen, sagt Matthias Simons, Leiter Verkehr und Logistik bei der Industrie- und Handelskammer Duisburg. "Das ist für die Unternehmen mit großen Herausforderungen verbunden." Langfristig sei eine leistungsstarke Schienenanbindung aber ein klarer Pluspunkt für die Wirtschaft der Region.
Quelle:
- Nachrichtenagentur dpa
Welche Erfahrungen habt ihr schon mit der Deutschen Bahn und dem Schienenersatzverkehr gemacht?
24 Kommentare
Kommentar 24: Michael schreibt am 03.11.2024, 05:34 Uhr :
Denke nicht, dass es damit getan ist die Verantwortung einfach an eine Fraktion abzuwälzen wie es hier in einem Kommentar getan wurde. Vermutlich setzt sich die Wahrheit aus mehreren Teilen zusammen. Zum einen war die Privatisierung der Bahn und die Gier der Anteilseigner nach Dividenden sowie der Hunger von Managern nach immensen Gehältern nicht förderlich. Dieses Geld fehlt einfach seit 30 Jahren für Investitionen. Zum anderen ist die Gesamtheit der politischen Landschaft verantwortlich dafür, dass Entscheidungen sinnvoll und zum Wohle des Volkes aber auch der Umwelt getroffen werden. Hier gilt es, vernünftige Kompromisse zu finden die man oftmals leider vergeblich sucht.
Kommentar 23: NoMe schreibt am 02.11.2024, 17:41 Uhr :
Na, hoffentlich wird jetzt jeder erkennen. Nicht Mehdorn. sondern Schröder und vor allem Merkel haben uns die Misere eingebrockt. Und all die anderen Politikbosses. Schließlich tat Mehdorn das, was er machen sollte. Sonst wäre er nicht erst über eine Daten-Affäre gestolpert. Laut Umfragen könnte die Union bei der nächsten Bundestagswahl bis um die 10% dazu gewinnen. Also: Wer Schwarz-Rot wählt. Macht das eigene Klagen über diese gigantische Bauvorhaben schon ziemlich zu Heuchelei.
Kommentar 22: M.K schreibt am 02.11.2024, 11:57 Uhr :
Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er gegen unsere Netiquette verstößt. (die Redaktion)
Kommentar 21: DL schreibt am 02.11.2024, 02:10 Uhr :
Ja, die Deutschen!!! Bei allem stehen die sich selbst im Wege! Das kann ja nichts werden!
Kommentar 20: Anni.h schreibt am 01.11.2024, 21:51 Uhr :
Das Abkommen wurde vor 30 Jahren zwischen NL&D geschlossen, in den NL wurde direkt umgesetzt sodass hier schon die ersten Instanhalungen vorgenommen werden. Tja Deutschland halt, Schneckentempo in der Umsetzung.
Antwort von M. , geschrieben am 02.11.2024, 21:24 Uhr :
Und auch 30 Jahren war der Verkehrinister aus der CDU. Leider hat sich unter der SPD-Ära in den 00er Jahren auch nichts Entscheidendes bewegt. Erst mit der jetzigen Regierung hat man den Eindruck, dass etwas passiert und solche Bauvorhaben beschleunigt werden. Da sich aber die letzten 30 Jahre niemand für die DB interessiert hat - außer mit der Frage, wie man aus einem gemeinwohlorientierten Unternehmen eine gewinnorientierte Kapitalgesellschaft machen kann - darf man sich nicht wundern, dass so viel liegen geblieben ist. Der Sanierungsmaßnahmen ist riesig und die Nachfrage nach Bahnfahrten auch. Diesen Knoten gilt es zügig zu lösen. Und das passiert jetzt. Ich fänd es aber furchtbar, wenn wir mit der nächsten Regierung wieder in das Schneckentempo und die alte Schnarchigkeit zurück fallen. Das kann sich der nächste Verkehrsminister nicht mehr leisten.
Kommentar 19: M. schreibt am 01.11.2024, 16:56 Uhr :
Es sind ja jetzt Zahlen auf dem Tisch, um viel Prozent der Zugverkehr bzw. die Fahrgastzahlen bis 2040 steigen werden. Parallel sinkt der Autoverkehr. Ich wünsche mir, dass die Politik jetzt darauf ausgerichtet Prioritäten setzt. Das heißt, entsprechend viel Geld in die DB gepumpt wird, damit die Strecken ausgebaut und geplante Reaktivierungen zeitnah umgesetzt werden. Diese Sperrung jetzt ist leider notwendig. Hier holt die Politik gerade nach, was die letzten 17 Jahre (unter der CSU/CDU - nur damit das nicht vergessen wird) versäumt wurde. Ich finde gut, dass jetzt was passiert. Es braucht noch mehr davon. Wenn jetzt noch die Genehmigungsverfahren verschlankt werden könnten, wäre das sicher auch von Vorteil. PS: Danke übrigens für die Einführung des Deutschlandtickets. Ein echter Gewinn für alle. Dass das die letzten 20 Jahre nicht schon gemacht wurde, ist mir heute auch ein Rätsel. Also hier merkt man, dass was passiert. Bitte weiter so.
Kommentar 18: WDR schreibt am 01.11.2024, 12:49 Uhr :
Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er gegen unsere Netiquette verstößt. (die Redaktion)
Kommentar 17: Hg schreibt am 01.11.2024, 10:57 Uhr :
Weil hier die Genehmigungen ewig dauern,sind sie dann erteilt,gibt's plötzlich wieder neue Vorschriften.Dann sind die Genehmigungen wieder fürdie Katz. Ausserdem kann hier jeder gegen das klagen,was ihm nicht passt. Und dann rumheulen,weil die Kosten nicht eingehalten werden. Auch der Klagende zahlt die höheren Kosten mit,nur das wird gerne vergessen.
Kommentar 16: Michael schreibt am 01.11.2024, 10:55 Uhr :
Voraussichtlich wird man bei Fertigstellung (17 Jahre nach(!) NL feststellen, dass man zum Bau die Planungsunterlsgen von vor etwa 40 Jahren verwendet hat und dann feststellen dass man eine Trasse gebaut hat, die den Anforderungen der 1990er Jahre möglicherweise gerecht würde, aber (Überraschung) jetzt wieder 35 Jahre hinterher hinkt. Ich bin gespannt 🤩
Kommentar 15: Klaus van Wahnen schreibt am 01.11.2024, 09:33 Uhr :
Endlich geht es in Riesenschritten mit den Ausbau der Bahnstrecke Emmerich-Oberhausen voran. Ich freue mich auf die Zeit in der Alles fertig ist.
Kommentar 14: Bernd Wiebus schreibt am 01.11.2024, 09:23 Uhr :
A) Jetzt rächt sich die Stilllegung der Strecken am linken Niederrhein. Eine Zugverbindung über Kevelar und Kleve bzw. Xanten und Kleve in die Niederlande ist nicht mehr möglich. Die Eisenbahnbrücke bei Wesel wurde ja schon nach dem II Weltkrieg nicht mehr aufgebaut. Ok, die Kapazitäten der Strecken hätten das auch nur teilweise ersetzten können. B) Und wieder mal ein Sieg der Autolobby. Das Bahnfahren, auch für Güterverkehr so unattraktiv wie möglich machen und Pflöcke einschlagen, dass das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Siehe die Aufregung über Bahngrundstücke an anderer Stelle. Das das ein Problem für Pendler wird, ist eine Sache, aber grundsätzlich sollte Pendeln in diesem Ausmaß eine Ausnahme sein. Wir müssen nicht nur den Verkehr energieärmer machen, wir müssen den Verkehr weitestgehend überhaupt vermeiden.