In Abu Dhabi war es gerade Montag, 3.33 Uhr (in Deutschland 1.33 Uhr), als dort der Regierungsflieger mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) abhob. Der Flieger wurde dort für den Weiterflug nach Australien vollgetankt.
Doch schon drei Minuten nach dem Start bemerkte der Flugkapitän einen Defekt beim Einfahren der Klappen. Die Folge: Zwei Stunden lang kreiste der A340 mit Baerbock an Bord über den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Meer und ließ rund 80 Tonnen Kerosin ab, um dann in Abu Dhabi wieder sicher landen zu können.
Am Dienstag um 1.00 Uhr Ortszeit startete die Regierungsmaschine erneut. Schon wieder trat der technische Defekt an den Landeklappen auf. Und schon wieder musste die Regierungsmaschine tonnenweise Kerosin ablassen, um erneut in Abu Dhabi landen zu können. Wie häufig kommt es zu solchen Treibstoff-Schnellablässen? Und wie schädlich ist das?
Warum lassen Flugzeuge am Himmel Kerosin ab?
Dass Flugzeuge in der Luft Kerosin ablassen, komme nur in Dringlichkeits- oder Notsituationen vor, informiert das Luftfahrt-Bundesamt. Solche Dringlichkeits- oder Notsituationen können medizinische Notfälle oder technische Störungen sein. Um bei der Landung "eine Gefährdung auszuschließen", darf nur eine bestimmte Menge an Treibstoff an Bord sein. Daher kommt es in solchen Fällen - in der Regel nur bei Langstreckenflügen - zum Treibstoff-Schnellablass, auf Englisch Fuel Dumping.
Wie häufig lassen Flugzeuge in der Luft Kerosin ab - und wie viel?
Das Luftfahrt-Bundesamt erfasst jeden Treibstoff-Schnellablass eines deutschen Fliegers bzw. einer deutschen Airline und veröffentlicht die Fälle auf seiner Website. 2022 gab es 32 Fälle, davon vier über Nordrhein-Westfalen. Die abgelassenen Mengen - nicht jedes Mal sind sie bekannt - schwankten dabei zwischen 0,5 und 89 Tonnen. Beim Flieger mit Baerbock waren es am Montag 80 Tonnen, also vergleichsweise viel. Auch am Dienstag musste tonnenweise Kerosin abgelassen werden.
Zwar gibt es hierzulande laut Deutschem Zentrum für Luft- und Raumfahrt besonders viele deutsche Maschinen - vor allem von Lufthansa und Eurowings. Es gibt aber auch zahlreiche ausländische Flieger bzw. Fluggesellschaften. Und diese müssen dem Luftfahrt-Bundesamt keine Kerosin-Ablässe melden. Die Daten beinhalten also wahrscheinlich nicht alle Fälle.
Was passiert mit dem Kerosin beim Ablassen in der Luft?
"Bei einem Treibstoff-Schnellablass wird das Kerosin in einer Flughöhe von mindestens 1.800 Metern in feine Tröpfchen zerstäubt, so dass ein Großteil des Kerosins noch in der Luft verdunstet", informiert das Umweltbundesamt. Die wissenschaftliche Behörde berät Politiker und arbeitet an Gesetzesvorschlägen mit. Laut Luftfahrt-Bundesamt erfolgt dies "in der Regel" jedoch in größeren Höhen zwischen vier und acht Kilometern.
Wie stark belastet abgelassenes Kerosin Mensch, Umwelt und Klima?
Das Umweltbundesamt hat die Folgen der Kerosin-Ablässe in einer Studie untersuchen lassen. Dazu wurden anhand von Modellen mögliche Beeinträchtigungen auf die Luftqualität, den Boden, das Grundwasser und die menschliche Gesundheit betrachtet. Wichtigstes Ergebnis:
Trotzdem fordert die Behörde, die Betriebsanweisung der Deutschen Flugsicherung wie folgt zu ändern, "um die maximale Konzentration der Kerosinbestandteile, die den Boden erreichen können, weiter zu reduzieren":
- Die Gebiete der Kerosin-Ablässe sollten möglichst wechseln.
- Die Mindesthöhe für Kerosin-Ablässe sollte von rund 1.800 Meter auf rund 3.000 Metern erhöht werden.
Wie schädlich ein Treibstoff-Schnellablass für die Umwelt ist, hängt also nicht nur davon ab, wie viel Kerosin abgelassen wird, sondern auch, wo und in welcher Höhe.
Zur Treibhausgas-Konzentration und damit zum Klimawandel leisteten Kerosin-Schnellablässe jedenfalls keinen relevanten Beitrag, sagt Lorenz Beckhardt von der WDR-Wissenschaftsredaktion Quarks. Gleichwohl entsteht auch infolge des Ablasses klimaschädliches CO2. Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft verbleibt der "feine Nebel", der durch das abgelassene Kerosin entsteht, "in der Atmosphäre, bis er durch die Strahlungsenergie der Sonne in Wasser und Kohlendioxid umgewandelt wird".
Mit Material der Agentur dpa.
Über dieses Thema berichtete am 14.08.2023 auch die "Aktuelle Stunde" im WDR Fernsehen.