Vier Wanderer mit Rucksäcken auf einer Bergwiese

Nationalpark Gran Paradiso, Hotel Bellevue in Cogne, Green Vallée d’Aoste, Schloss Savoyen, Gressoneytal, Walser Museum, Titsch-Dialekt

Stand: 03.04.2022, 20:15 Uhr

Die Wasserfälle von Lillaz liegen im Cogne-Tal. Das führt mitten in den Naturpark Gran Paradiso hinein. Benannt nach dem höchsten Berg der Gebirgskette wurde er 1922 als erster Nationalpark in Italien eingerichtet. Er erstreckt sich über eine Fläche von 70.318 Hektar und grenzt im Westen auf einer Länge von etwa 14 Kilometern an den französischen Nationalpark Vanoise.

Steinböcke im Nationalpark Gran Paradiso

Die Wanderwege von heute gehen auf Pfade zurück, die König Viktor Emanuel II. im 19. Jahrhundert für den Materialtransport seiner Jagdgesellschaften anlegen ließ. Und weil in dieser Gegend nur der König Steinböcke jagen durfte, haben hier viele Tiere überlebt, während sie in anderen Gebirgsgegenden ausgerottet wurden. Im Frühjahr bis Ende Mai kommen die Steinböcke und Gemsen bis weit hinunter ins Tal "Valnontey". Man kann sich dann den Tieren bis auf 30 Meter nähern. Im Parc Animalier in Villes-Dessous sieht man sie das ganze Jahr über – und im Frühjahr und Sommer auch Murmeltiere.
Der Klettergarten Lillaz, nah der gleichnamigen Ortschaft, bietet einen guten Blick auf die Wasserfälle, Berge und Gletscher der Umgebung. Die rund 60 Meter hohe Wand von Lillaz ist schon seit Jahren die Trainingswand für die Bergführer von Cogne. Freizeitkletterer sollten technische Erfahrung mitbringen und sich von einem Bergführer begleiten lassen.

Hotel Bellevue in Cogne

Cogne im gleichnamigen Tal ist ein kleines Dorf in den Bergen und liegt auf 1.500 Metern. Das Dorf wirkt unberührt und idyllisch, weil großflächiges Bauen 1926 auf dieser Hochebene verboten wurde. Ein Jahr früher wurde das Hotel Bellevue gebaut, das wie alle Hotels in Cogne von Familien aus dem Dorf geführt wird. Serviert werden regionale Gerichte und Fische, zum Beispiel auf einem Bett von Gemüsepüree umrahmt von essbaren Blüten. Und eine Seupetta di Cogne, ein Reisgericht mit Brot und Fontina-Käse, gewürzt mit Thymian und Sternanis. Das Hotel Bellevue hat viele Einrichtungsgegenstände aus der eigenen fast 100-jährigen Geschichte bewahrt und aus früheren Jahrhunderten gesammelt. Eine Besonderheit ist die mit Antiquitäten ausgestattete Panoramasuite: Die "Open-Air-Badewanne" lässt sich nach draußen fahren und bietet einen freien Blick auf das Gran Paradiso Panorama.

Laura Roullet

In der 4. Generation führt Laura Roullet das Hotel Bellevue in Cogne, das im Laufe der Zeit zu einem kleinen Museum wurde, in dem auch die traditionelle Klöppelspitze ausgestellt ist.

Projekt "Green Vallée D’Aoste – Grünes Aostatal"

Ebenfalls bei Cogne befindet sich das Eco-Hotel "Notre Maison". Es gehört zu einer Initiative im Aostatal, die sich "Green Vallée D’Aoste" (Grünes Aostatal) nennt und das nachhaltige Reisen fördert. 16 Hotels im Aostatal haben sich zusammengeschlossen. Sie erzeugen ihre Energie aus nachwachsenden Rohstoffen, vermeiden Plastikmüll und zeigen ihren Gästen auf den angebotenen Exkursionen Beispiele von nachhaltiger Landwirtschaft, Wasserkraftwerke oder Almen, auf denen Ziegen- oder Kuhkäse produziert wird. Sie sind den Gästen behilflich, bei der Anreise Züge zu benutzen und direkt am Bahnhof in Turin ein E-Auto für einen angemessene Leihgebühr zu übernehmen.

Schloss Savoyen

Schloss Savoyen sieht aus wie eine mittelalterliche Burg, wurde aber von der italienischen Königin Margarethe um 1900 als Sommerresidenz erbaut. Die mittelalterlich historische Architektur war in der Zeit der Spätromantik groß in Mode. Es war die Epoche, in der auch Schloss Neuschwanstein in Bayern erbaut wurde. Königin Margarethe wählte den Standort im Gresonneytal – zunächst gegen den Willen ihres Mannes Umberto I., der das fertige Schloss nicht mehr sehen konnte. Der italienische König kam im Jahr 1900 bei einem Attentat ums Leben.

Margarethe hatte schon vorher Urlaub in diesem Tal gemacht. Die Villa, die sie da bewohnte, gehörte einem Baron Beck-Peccoz, der später auch ihr Liebhaber wurde. Dann war er wohl zu Gast in ihrem Schloss. Das baute sie wegen des grandiosen Blicks auf das Monte Rosa Gebirge. Sie hat ihre Sommerresidenz genutzt, um von dort Ausflüge auf den Gletscher im Lyskamm zu machen. Bei allem historischen Prunk hat die Königin sehr moderne Bequemlichkeiten in ihr Schloss installieren lassen. Überall sind Leitungen für Licht, Klingelzug und Telefon verlegt. Und um das alles zu betreiben, beherbergt das Schloss ein eigenes Kraftwerk zur Stromerzeugung. Die Küche befand sich wegen ihrer lästigen Gerüche in einem Außengebäude. Weil das Essen beim Transport von draußen nicht kalt werden sollte, war die Küche durch einen Tunnel mit dem Schloss verbunden. Das Essen glitt auf Schienen in geschlossenen Trolleys die 30 Meter bis zum Hauptgebäude und wurde dort mit einem Aufzug direkt in den Speisesaal gefahren.

Schloss Savoyen im Gressoneytal

Schloss Savoyen im Gressoneytal ließ sich die italienische Königin Margarethe um 1900 zu ihrem Vergnügen erbauen.

Im Gressoneytal spricht man "Titsch"

Das Gressoneytal ist etwas weniger touristisch erschlossen und dadurch an vielen Stellen noch sehr ursprünglich. Hier hat sich ein weiterer Dialekt erhalten, das Gressoney-Titsch. Das ist ein hochalemannischer Dialekt aus dem Wallis, den das Volk der Walser in das Tal mitgebracht hat, als es sich Ende des 13. Jahrhunderts hier ansiedelte. Früher war für jeden im Gressoneytal Titsch die Muttersprache. Italienisch wurde erst später gelernt. Heute ist es allerdings umgekehrt. In einem Kindergarten im Gressoneytal haben heute nur noch wenige Kinder eine aktive Kompetenz des Titsch-Dialektes, einige andere eine passive Kompetenz, die Mehrheit ist aber italienischsprachig.

Walser Museum in Gressoney-La-Trinité

In dem kleinen Ort Gressoney-La-Trinité blickt man auf die Schweizer Berge. Von dort kamen im Mittelalter Menschen aus der Volksgruppe der Walser. In einem kleinen, aber feinem Museum kann man sich vom Leben damals ein Bild machen. Die Futterkrippe der Tiere befand sich – wie damals üblich – in der Wohnstube, die durch die Tiere erwärmt wurde. Clever entwickelte die Bevölkerung ihr Leben in der hohen Bergregion. Man dankte es ihnen damals mit der Befreiung aus der Leibeigenschaft. Die "freien Walser" wurden sie deshalb auch genannt. So konnten sie Krämer und Kaufleute werden. Ab dem 16. Jahrhundert machten sie sich mit ihren Waren auf den Weg in die Schweiz und nach Süddeutschland. Oft waren es Stoffe und Kleider, die, in der Winterzeit gewebt und gefertigt, im Frühjahr ausgeliefert wurden.

Blick in einen historisch ausgestatteten Ausstellungsraum

In kleinen Museum kann man sich vom Leben der Walser ein Bild machen.

Lesetipps für die Region Aostatal

Johannes Führer
Aostatal. Die schönsten Tal- und Höhenwanderungen. 50 Touren mit GPS-Tracks
Bergverlag Rother, 7. akt. Aufl. 2023
ISBN 978-3763340330
Preis: 16,90 Euro

Kompass Wanderkarte 86 Parco Nazionale Gran Paradiso, Valle d'Aosta, Valle dell'Orco. 1:50000
Kompass-Karten, 2. akt. Aufl. 2023
ISBN 978-3991217480
Preis: 12,95 Euro

Sabine Becht, Sven Talaron
Piemont mit Ausflügen ins Aostatal
Michael Müller, 6. Aufl. 2022
ISBN 978-3956549816
Preis: 21,90 Euro