Peter Rüchel

WDR-Geschichte(n) 13.10.2018 59:29 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR Von Klaus Michael Heinz

Pionier und Visionär

Wir trauern um Rockpalast-Mitbegründer Peter Rüchel

Es gibt jene Momente, die einem die Sprache verschlagen. Man ist unfähig zu handeln und muss es doch tun. Einen solchen Moment der Ohnmacht erlebten wir heute, als uns die traurige Nachricht erreichte, dass Peter Rüchel, der am 9. März 1937 in Berlin geboren wurde, verstorben ist.

Wir trauern um den Mann, der mit dem Rockpalast eine Marke geschaffen hat, die bis heute weltweites Ansehen genießt. Seit 2003 führen wir fort, was 1975 mit den ersten Konzert-Aufzeichnungen aus dem WDR Studio-L seine Anfänge nahm. Richtig los ging es 1977 mit der 1. Rocknacht in der Grugahalle, Essen. Schnell kam die Loreley als Open Air Ort hinzu. Die Bands der Stunde hießen Rory Gallagher, Mother‘s Finest,  Mitch Ryder,  Patty Smith, The Police, ZZ TOP, The Who, U2 oder Red Hot Chili Peppers. Die Liste ließe sich ohne Mühe  fortsetzen.

Das Rockpalast-Team und einen großen Teil aller Rockpalast-Fans eint, dass wir heute einen Helden unserer Jugend verloren haben. Peter Rüchel war ein Pionier der Fernsehwelt, ein brillanter Denker und aufrechter Mann, der zutiefst vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk überzeugt war - ein markantes Gesicht des WDR und nicht zuletzt ein Mensch, der auch im hohen Alter Rockmusik liebte.

Wir werden Dich vermissen, Peter!

Peter Rüchel

Produktionen und Begegnungen

Peter Rüchel

Peter Rüchel, WDR-Büro 1974

Peter Rüchel, WDR-Büro 1974

Rory Gallagher, Alan Bangs und Peter Rüchel, Grugahalle Essen 1977

Peter Rüchel und Rory Gallagher, After-Show-Party in einem Wiesbadener Hotel 1978

Donal Gallagher, Rory Gallagher, Peter Rüchel und Dan Young (Phonogram), Wiesbaden 1978

Peter Rüchel mit Pete Townshend, Grugahalle Essen 1981

Peter Rüchel, Loreley

Jan-Holger Schmidt, Marion Holbeck, Ernst Ludwig Hartz und Peter Rüchel bei der Pressekonferenz zum Bizarre Festival 1998

Christian Wagner und Peter Rüchel, Bizarre Festival 2001

Peter Neufeld und Peter Rüchel, Bizarre Festival 2001

Peter Rüchel

Peter Rüchel

Aufnahmeleiterin Karin Redecker mit Peter Rüchel

Peter Rüchel, Backstage

Peter Rüchel, Backstage

Produktionsleiter Volker Diekmann mit Peter Rüchel

Alan Bangs, Barbara Lücke, Thorsten Sellheim, Guido Weiss und Peter Rüchel

Peter Rüchel und Wolfgang Niedecken präsentieren T-Shirt mit Bundesligaspieler und späteren Trainer Ewald Lienen

Manfred Mann mit Peter Rüchel, Live Music Hall Köln 2000

Tim Sinzenich, Thomas Bachmann und Peter Rüchel, Live Music Hall Köln 2000

Peter Rüchel mit A, Live Music Hall Köln 2000

Peter Rüchel mit Spock's Beard, Live Music Hall Köln 2000

Peter Rüchel, Christmas Special 2000

Peter Rüchel beim Internet-Chat, Rock am Ring 2003

Peter Rüchel

Wolfgang Niedecken und Peter Rüchel

Peter Rüchel und Friedrich Reusch 2004 bei der Übergabe der Rory Gallagher Gold-DVD

Peter Rüchel, Underground Köln 2017

Peter Rüchel beim Interview-Termin, Underground Köln 2017

Peter Sommer und Peter Rüchel, Underground Köln 2017

Albrecht Metzger und Alan Bangs mit Peter Rüchel bei der Filmpremiere "I Lost My Mind in Essen", Museum Ludwig Köln 2017

Peter Rüchel, Loreley

Peter Sommer, Rockpalast Redakteur seit 2003

Peter Sommer erinnert sich
(Rockpalast Redakteur seit 2003)

"Obwohl Peter Rüchel eher klassisch geprägt war, hat er mit dem Rockpalast ab Mitte der 70er Jahre das Leben einer ganzen Generation von Rockfans beeinflusst. Auch mich. Denn ich war einer von denen, die anlässlich der Rockpalast-Nächte, die europaweit ausgestrahlt wurden, Partys veranstaltete. Im Mittelpunkt der Fernseher und die Stereoanlage, die den Radioton übertrug. Rockmusik live im Fernsehen und zeitgleich im Radio, das war 1977 tatsächlich neu. Mit Erklingen der Eurovisionsmelodie und Albrecht Metzgers „German Television proudly presents…“ waren wir eins mit allen Rockfans in Europa. Ein überwältigendes Gefühl.

Peter Rüchel lernte ich Anfang der 90er Jahre kennen. Der Rockpalast war 1986 mangels Erfolg eingestellt worden und machte Winterschlaf. Das Übergangsformat hieß Rocklife. Ich war Jungregisseur und wollte als Rockfan natürlich gerne für Peter arbeiten. Trotz einiger guter Gespräche wurde daraus jedoch nichts. Der Job war an Christian Wagner vergeben, mit dem Peter den Rockpalast aufgebaut hatte. So beobachtete ich das Programm aus der Ferne, sah wie 1995 der Rockpalast zurückkehrte, das Bizarre Festival und Rock am Ring und damit auch vollkommen neue Musikrichtungen und Bands zum Programm hinzu kamen: Metallica, Rammstein, Foo Fighters, Radiohead, Limp Bizkit u.v.m.

Neu war auch, dass diese Konzerte ab Anfang der 2000er Jahre live gestreamt wurden. Zudem gab es Chats mit den auftretenden Musikern auf rockpalast.de. Homepages waren in jener Zeit noch nicht State Of The Art. Peter Rüchel hatte aber dafür gesorgt, dass der Rockpalast schon sehr früh über eine eigene verfügte.

Trotz seines außerordentlichen Engagements für den Rockpalast wurden die Sendeplätze immer kürzer. Von den ehemals langen Rock-Nächten blieben am Ende nur noch 60minütige Sendungen übrig, um die sich Peter zuletzt als Pensionär kümmerte.

In dieser Zeit wurde ich gebeten, die Nachfolge von Peter Rüchel anzutreten. Ich erinnere noch heute, wie schwer sich Peter im April 2003 mit der Übergabe tat. Sich von heute auf morgen gänzlich von dem Programm zu trennen, das er aus der Taufe gehoben und über Jahrzehnte betreut hatte, war nicht leicht.

Bis zu seinem Tode ist er der Marke Rockpalast treu geblieben, hat DVD Veröffentlichungen betreut, Bücher veröffentlicht und im Rahmen von Lesungen vorgestellt.

Im Verlauf der Feierlichkeiten zum 40sten Jubiläum der ersten Rocknacht haben wir uns häufig getroffen, z.B. für gemeinsame Presse-Interviews oder Interviews, die ich für unsere Onlinereportage mit ihm machte. Während dieser intensiven Gespräche haben wir uns auch unseres gegenseitigen Respekts versichert. Darüber bin ich sehr froh."

Peter Sommer (links) und Peter Rüchel

Peter Sommer und Peter Rüchel

Kathrin Wendt, Rockpalast Redaktionsassistenz seit 2004

Kathrin Wendt erinnert sich
(Rockpalast Redaktionsassistentin seit 2004)

"Ich wurde nicht mit Rockpalast Partys vor dem Fernseher groß und habe keine Livekonzerte aus dem Radio aufgenommen - dafür bin ich zu jung. Meine Beziehung zum Rockpalast ist geprägt von meiner Mutter, die jedes Rockpalast-Konzert auf Kassetten aufgezeichnet und gesichert hat.

Für sie ist Peter Rüchel bis heute eine Instanz und ich erinnere gerne, wie sie vor Ehrfurcht erstarrte und mit den Knien schlackerte, als ich ihr 2004 meinen neuen Kollegen Peter Rüchel vorstellte. Ich selbst traf ihn aber schon bevor ich für den Rockpalast arbeiten durfte. Im Rahmen einer Rockpalast-Wunschnacht wurde mein Linkin Park Wunsch-Song gespielt, und ich stieß als Studiogast zur Sendung dazu. Ich war so nervös, dass ich in meinem 30sekündigen Gespräch mit Peter Rüchel nur Quatsch erzählte.

Die Übertragungen von Bizarre Festivals und Oster-Rocknächten erlebte ich als logische Fortsetzung der ursprünglichen Rocknächte, die mir nur aus Erzählungen bekannt waren. Dass ich jemals für dieses Programm arbeiten würde, ging über meine Vorstellungskraft hinaus.

Kurz nach meinem beruflichen Einstieg habe ich Peter Rüchel einen Artikel über die Band Coheed & Cambria geschickt. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt weder mich noch die Band kannte, hörte er sich meine Musikempfehlung an. Er mochte meine Lieblingsband und besuchte später sogar eines ihrer Konzerte. Ich fühlte mich so gebauchpinselt... Dieser Austausch sollte den Beginn unserer Freundschaft darstellen.

Ich erlebte Peter Rüchel als einen großartigen Geschichten-Erzähler und bin ihm dankbar dafür, dass er seine wertvollen Rockpalast Erinnerungen mit mir teilte."

Wolfgang Schmitz (WDR Hörfunkdirektor 2007 - 2014)

Wolfgang Schmitz während einer Probe der WDR-Jugendsendung "Klatschmohn" Anfang der 1970er Jahre

Wolfgang Schmitz, WDR Hörfunkdirektor 2007 - 2014

Wolfgang Schmitz erinnert sich
(WDR Hörfunkdirektor 2007 bis 2014)

Na klar, er war Mister Rockpalast – so werden sich die meisten auch nach Jahren an ihn erinnern. Aber Peter Rüchel hatte auch ein Leben, bevor er sich der Musik verschrieben hatte. Als engagierter Journalist im Jugendfernsehen. Dort lernten wir uns kennen, damals, als beim ZDF das Magazin „direkt“ entstand und immer wieder Vorgesetzte und Gremien auf den Plan rief. „Direkt“ war der Versuch einiger junger Redakteure auf dem Vergnügungsdampfer ZDF, die Impulse der 68er aufzugreifen. Eine Sendung, bei der Redakteure und wir freien Reporter nur Geburtshelfer waren für Filmbeiträge, die nach Ideen und den Vorstellungen von Jugendlichen entstanden. So kamen deren Probleme zu guter Sendezeit und in aller, manchmal radikalen, Klarheit auf den Fernseh-Tisch: Schule, Lehrlingsausbildung, der Kampf um ein selbstverwaltetes Jugendzentrum.

Das sorgte für Ärger. Peter hielt den nicht nur aus, er hielt uns Machern den Rücken frei und ermutigte uns, zu sagen und zu zeigen, was Sache war. Und nach innen und in die Öffentlichkeit argumentierte er klar, mit großer Intelligenz und mit schlauem Witz für sein, für unser „direkt“.

Ich habe damals von Peter Rüchel viel gelernt. Über Journalismus mit Engagement, aber ohne Einäugigkkeit, über ein Berufsleben ohne Angst vor Vorgesetzten und den Gremien. Auch, dass man gelegentlich Zumutungen einfach weglachen kann. Jedenfalls, so lange man für sein Tun gute Argumente hatte. Und darum war Peter nie verlegen.

Zu meiner großen Freude ging unsere gemeinsame Berufs-Geschichte auch weiter, als er beim WDR Hans Gerd Wiegand als Leiter des Jugendprogramms beerbte. Wir entwickelten neue Ideen, unter anderem „Klatschmohn – die Sendung mit dem Zelt“, eine öffentliche Veranstaltungsreihe, in der sich Jugendliche direkt mit den politisch Verantwortlichen über Themen ihres Alltags austauschen konnten: Für bessere Lebensbedingungen in einem Problem-Stadtteil wie Köln-Vingst, über ein dringend gewünschtes Jugendzentrum in Herford oder den Jugendstrafvollzug in Vechta. Da war übrigens Udo Lindenberg als musikalischer Gast mit am Start. Denn schon lange vor dem Rockpalast hatte Peter Rüchel ein leidenschaftliches Verhältnis zur Rockmusik. Und schon damals, erinnere ich mich, war Bruce Springsteen einer seiner Helden.

Kurz und klein: Es war eine schöne Zeit, ich bin Peter Rüchel für Vieles dankbar und werde ihn mit Respekt und Zuneigung als Freund und Förderer in bester Erinnerung behalten.

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