Sie war ein Segen, denn sie lieferte Trink- und Brauchwasser sowie Strom für die Ruhrindustrie und sicherte damit Einkommen und Überleben. Sie war eine tödliche Bedrohung, denn in einer einzigen Nacht nahm sie mehr als 1500 Menschen das Leben.
Die Möhnetalsperre heute: ein beliebtes Ausflugsziel - mit Geheimnissen.
Sie ist ein imposantes Baudenkmal, ein beliebtes Ausflugsziel und ein Naturparadies. Doch wer die elegant geschwungene, 650 Meter lange Bruchsteinmauer sieht, ahnt nicht, welch geschichtsträchtiger Ort sie ist – die Möhnetalsperre.
Gebaut wurde sie, um die Wasserversorgung des Ruhrgebietes zu sichern. Die industrielle Revolution hatte Tausende von Arbeitern ins Ruhrtal gebracht. Die Industrie – insbesondere die Stahlproduktion – verbrauchte gigantische Mengen von Wasser. Wasser, das dann als Trinkwasser fehlte.
Die größte Baustelle ihrer Zeit
Teilnehmer des Einweihungsfests der Möhnetalsperre im Jahr 1913 auf der Staumauer.
Es kam zum regelrechten Kampf um das Wasser: Industrie und Kommunen gruben sich das Wasser gegenseitig ab - katastrophale Zustände. Der Ruhrtalsperrenverband – der damalige Ruhrverband – sann auf Abhilfe und beschloss, die erste eigene Talsperre zu bauen. Im August 1909 begannen die Arbeiten. Es sollte die größte Baustelle ihrer Zeit werden.
Tausende von Arbeitern wurden benötigt, italienische Fachkräfte angeworben, 270.000 Kubikmeter Fels für die Staumauer herangeschafft. Nach vier Jahren Bauzeit war sie fertig und wurde schnell zum beliebten Ausflugsziel.
Eine todbringende Flutwelle
Doch in einer einzigen Vollmondnacht brach die Katastrophe über die Bewohner des Möhnetals herein. Am 17. Mai 1943, kurz nach Mitternacht, donnerten fünf britische Bomber im Tiefflug über den Möhnesee. Bis dahin galt "die Möhne" als unangreifbar. Die Flugzeuge klinkten je eine Rollbombe aus – ein Sprengkörper, den der britische Militäringenieur Barnes Wallis eigens entwickelt hatte, um die Sperrnetze vor der Staumauer zu überwinden.
Die zerstörte Möhnetalsperre nach dem Luftangriff durch fünf britische Bomber 1943.
"Der Krieg fand bis zu jener Nacht woanders statt", sagt der heute 80-jährige Hubert Köhler, dessen Vater im Elektrizitätswerk unterhalb der Mauer arbeitete. Die fünfte und letzte Rollbombe brachte die gewaltige Mauer zum Bersten. Das aufgestaute Wasser stürzte als meterhohe Flutwelle todbringend ins Tal, hinterließ eine Spur gewaltiger Zerstörung, die bis nach Duisburg reichte. Über 1500 Menschen starben, ganze Straßenzüge, Brücken und Dorfteile wurden weggeschwemmt.
Zeitzeugen erzählen zum ersten Mal ihre Geschichte
Die Zeitzeugin Hanna Kampschulte erinnert sich an die Nacht der Zerstörung.
Jene Nacht brannte sich in das kollektive Bewusstsein der Bevölkerung des Möhnetals ein. Von Hanna Kampschultes Haus blieb kein Stein auf dem anderen. Sie wurde kilometerweit talabwärts geschwemmt und überlebte - als Einzige ihrer Familie. 70 Jahre lang hat sie über die schlimmste Nacht ihres Lebens geschwiegen, aber nun will sie den nachfolgenden Generationen davon erzählen.
Der Film ist den Geheimnissen der Möhnetalsperre auf der Spur und erzählt ein faszinierendes Stück deutscher – und britischer – Geschichte.
Ein Film von Luzia Schmid
Buch: Rüdiger Heimlich
Redaktion: Thomas Kamp und Gudrun Wolter