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Docupy: Lösungsansatz - Die Werbekampagne für die Reichensteuer

WDR 07.05.2018 00:51 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR

Lösungsansatz: Werbekampagne für Reichensteuer

Stand: 04.05.2018, 16:17 Uhr

“Hört auf, die Superreichen zu verhätscheln!”
Soziologin Brooke Harrington schlägt vor, dass Superreiche Werbung für die Reichensteuer machen.

Mit dem Wunsch, stärker besteuert zu werden, sorgte der amerikanische Multimilliardär und Investor Warren Buffett 2011 weltweit für Schlagzeilen. In einer Kolumne der New York Times schrieb er: "Meine Freunde und ich sind lange genug von einem Milliardär-freundlichen Kongress verhätschelt worden." Auf diese Weise bekam der damalige US-amerikanische Präsident Obama während einer schwelenden Haushaltskrise für seine Forderung nach einer Reichensteuer unerwartet Unterstützung. Buffets Position: Die Superreichen würden im Gegensatz zur Mittelschicht von etlichen Steuererleichterungen profitieren. So habe er im Jahr zuvor sieben Millionen Euro Steuern gezahlt. „Das hört sich nach viel Geld an“ schrieb Buffet, „aber es entspricht lediglich 17,4 Prozent meines versteuerbaren Einkommens – und das ist sogar ein geringerer Prozentsatz als ihn jeder andere der 20 Mitarbeiter in unserem Büro zahlte."

Sein Aufruf hielt Warren Buffett allerdings nicht davon ab, in den darauffolgenden Jahren bei seinen Geschäften von Steuersparmodellen Gebrauch zu machen und zu profitieren.

Auch in anderen Ländern wie Frankreich oder Italien wurde 2011 eine Reichensteuer von Reichen diskutiert, von der Weltfinanzkrise und der nachfolgenden Rezession befeuert. In Frankreich unterschrieb die reichste Französin Liliane Bettencourt gemeinsam mit 16 anderen Unternehmern einen Aufruf zu einer „solidarischen Anstrengung“ beitragen zu wollen.

Die “Reichensteuer” in Deutschland

In Deutschland wird die Erhöhung der Einkommenssteuer im Jahr 2007 als „Reichensteuer“ bezeichnet. Die damalige Große Koalition unter Angela Merkel verständigte sich darauf den Spitzensteuersatz für höhere Einkommen an zu heben. Wer als Lediger mehr als etwa 260 000 € zu versteuerndes Einkommen im Jahr hat, oder bei gemeinsamer Veranlagung mehr als rund 520 000 €, für den beträgt der Spitzensteuersatz 45 %.

Kritiker dieser Steuer bemängeln, dass sie eher einen symbolischen Charakter habe und zu wenig einbringe. Der Soziologe Jens Beckert, Direktor am Kölner Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung führt aus: „Es wäre voreilig zu sagen: Davon ist kein Beitrag zu erwarten.“ Allerdings würden die “Reichensteuer” zu wenig einbringen, um die kleinen und mittleren Einkommen wirklich zu entlasten. Zudem ist es so, dass die Steuer bei den superreichen Deutschen meist nicht greift. „Superreiche haben heute effektiv oft eine geringere Steuerlast als die gehobene Mittelschicht,“ erklärt Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). “Sie haben oft Firmenanteile oder Gewinne die Unternehmensgewinne sind. Wenn sie sich daraus eine Ausschüttung als quasi Einkommen auszahlen, zahlen sie darauf Abgeltungssteuer, das sind in Deutschland 25 Prozent.”

Die Vermögenssteuer in Deutschland

Zusammen mit anderen Vermögenden schrieb der Hamburger Reeder Peter Krämer 2005 einen Brief an die Bundesregierung. Die Forderung: Eine Erhöhung der Vermögens- und Erbschaftssteuern. Es sei ein „Skandal“, so schrieben sie, dass Deutschland im Internationalen Vergleich eine der niedrigsten „Besteuerungen der Vermögensbestände“ habe. OECD Studien untermauern das. „Bei Gewinn- und Vermögenseinkommen von Privathaushalten ist Deutschland eher ein Niedrigsteuerland“ bestätigt auch Stefan Bach, Steuerexperte beim DIW. Eine Vermögenssteuer wird in Deutschland seit dem Jahr 1997 nicht mehr erhoben. Der Grund: Die bis dato geltende Vermögenssteuer wurde vom Bundesverfassungsgericht kassiert, weil Immobilienvermögen gegenüber anderen Vermögen besser gestellt waren und die Steuer in ihrer damaligen Form nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar war. Seitdem wird eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer immer wieder vor allem von der SPD, den Grünen und der Linkspartei diskutiert und gefordert. Stefan Bach vom DIW bezweifelt allerdings, dass die Vermögenssteuer in Deutschland funktionieren kann. Sie sei politisch und ideologisch verbraucht, Reiche würden sich bei Wiedereinführung international nach einem günstigeren Standort umsehen. Was könnte man also tun, um die Ungleichheit in Deutschland durch Steuern zu verringern? Eine weitere Reform der Erbschaftssteuer wäre eine Möglichkeit, sagt Bach. Aber: „Viel geht wahrscheinlich nicht, im internationalen Steuerwettbewerb, um Unternehmenssteuern und Abgabenlast. Die Mittelschicht wird wohl weiterhin eine hohe Abgabenlast tragen“.