Drei Jahre auf der Walz

Stand: 19.04.2016, 16:49 Uhr

Nach ihrer Ausbildung als Kirchenmalerin zog es Theresa Amrehn hinaus in die weite Welt. Sie ging für mehr als drei Jahre auf die Walz. Bei uns erzählt sie von schönen Erlebnissen, harten Zeiten und ihren Erwartungen an die Reise – und wie alles dann doch ganz anders kam.

Ihre Reise führte Theresa Amrehn quer durch Deutschland, nach Österreich, in die Schweiz, nach England und Spanien (Fuerteventura). Ein maßgeblicher Grund für ihren Entschluss war die Enge in ihrem dörflichen Heimatort in der Nähe von Würzburg. Sie wollte den festen Strukturen dort entkommen. Über eine junge Frau, die einen typischen Männerberuf erlernte, rümpften die Nachbarn schon die Nase.

Quartier für eine Nacht

Theresa schraubte ihre Erwartungen an die Wanderschaft stark herunter: Sie machte sich darauf gefasst, häufig abgewiesen zu werden, oft draußen schlafen zu müssen und Hunger zu haben. Und dann kam alles ganz anders: Theresa Amrehn empfand ihre Walz als sehr belebend und abwechslungsreich. Sie begegnete vielen netten, offenen Menschen, die sie zum Essen einluden und ihr ein Quartier für die Nacht anboten. Natürlich hatte auch sie ihre trüben Tage ohne Arbeit. Doch mit Hilfe der anderen Walz-Gesellen kam die Zuversicht schnell wieder zurück.
Auch nach ihrer Rückkehr hat es sie nicht lange in ihrer fränkischen Heimat ausgehalten. Es verschlug sie nach Bonn – der Liebe wegen.

Was bedeutet „auf die Walz gehen“?


Einige junge Handwerker folgen auch heute noch einer Uralt-Tradition und gehen auf die Walz. Zu erkennen sind sie an ihrer traditionellen Kluft: Schlaghose, Weste, Jackett, dazu Hut und Wanderstock. Drei Jahre und einen Tag lang dürfen sie sich dann ihrer Heimat nicht mehr nähern. Bus und Bahn sind verpönt, für Schlafen oder Reisen dürfen sie kein Geld ausgeben und tippeln deshalb meist zu Fuß oder per Anhalter. Sie arbeiten in fremden Betrieben und lernen, wie dort gearbeitet wird. Die Ausbildung erfolgt also unterwegs bei verschiedenen Lehrmeistern.

Ihr Lohn: Kost und Logis. Die Gesellen bleiben nie lange an einem Ort.

Ihr Motto: „Wenn der Postbote dich mit Namen grüßt und der Nachbarshund nicht mehr bellt, ist es Zeit weiterzuziehen.“